13.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 71 / Zusatzpunkt 14

Alexander NeuDIE LINKE - USA und INF-Vertrag

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Sehr geehrter Herr Präsident! Schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen kurz vor der einseitigen Aufkündigung des INF-Vertrages seitens der Vereinigten Staaten. Der INF-Vertrag umfasst die vollständige Abrüstung und das Verbot nuklear bestückbarer ballistischer Raketen und Marschflugkörper mittlerer Reichweite. Diese einseitige Aufkündigung durch die USA reiht sich ein in eine Reihe weiterer einseitiger Vertragskündigungen der letzten anderthalb Jahrzehnte: des ABM-Vertrages im Jahre 2002, kürzlich des Iran-Nukleardeals, kürzlich des Pariser Klimaabkommens und die Verweigerung der Ratifikation des AKSE-Vertrages seitens der NATO-Staaten.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir beobachten eine zunehmende bedrohliche Entrechtlichung der internationalen Politik, und nun soll es auch noch dem INF-Vertrag an den Kragen gehen.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Da gibt es ja wohl Gründe für!)

Die USA und Russland werfen sich gegenseitig einen Vertragsbruch vor. Angeblich lägen den Amerikanern wieder Beweise vor, und die europäischen NATO-Mitgliedstaaten inklusive der Bundesregierung verfügen selbst über keine eigenen Erkenntnisse, unterstützen aber ganz kenntnisfrei die US-Version der Geschichte und stigmatisieren ebenso kenntnisfrei die russische Version. Das ist das Ergebnis des NATO-Außenministertreffens vor wenigen Wochen. Ich finde das Verhalten der Europäer und auch der Bundesregierung angesichts der gemachten Erfahrungen mit den Erkenntnissen US-amerikanischer Nachrichtendienste – Beispiel: Irak 2003 – sehr befremdlich.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Peter Beyer [CDU/CSU]: Frenetischer Applaus!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir MdBs können nicht über gesicherte Erkenntnisse verfügen, auch die USA nicht. Wir können es deshalb nicht, weil Ferndiagnosen wie Satellitenaufklärung einfach nicht ausreichend sind. Was wir brauchen, sind Vor-Ort-Inspektionen. Nur die können Leistungsparameter und Leistungsfähigkeiten bei Raketen, Marschflugkörpern und Startersystemen überhaupt klären.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Die Russen hatte lange genug Zeit, für Transparenz zu sorgen! Aber das haben sie nicht gemacht!)

Aber genau das findet nicht statt. Es entsteht der Eindruck, dass beide Seiten, weder die USA noch die Russische Föderation, kein Interesse daran haben, den INF-Vertrag fortzusetzen. Sie, beide Seiten, kämpfen vielmehr um die Propagandahoheit in Bezug darauf, wer vor der Weltöffentlichkeit als Vertragsbrecher dastehen könnte.

Warum eine Wiederbelebung des INF-Vertrages und des INF-Verifikationsregimes nicht möglich sein soll, erschließt sich mir nicht. Der Vertrag kann und muss reaktiviert werden, und er muss den aktuellen Herausforderungen angepasst werden – nämlich Verifikation bei vermuteten Vertragsverletzungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich glaube, die Europäer müssten ein Interesse daran haben, in diesem Konflikt eine Vermittlerrolle zu spielen.

(Ulrich Lechte [FDP]: Vermitteln: Da haben Sie recht!)

Umso erschreckender finde ich, dass die europäischen NATO-Staaten wieder mal blindlings den Amerikanern folgen. Damit haben sich die Europäer, insbesondere auch die Bundesregierung, als neutrale Vermittler in diesem Konflikt erneut ins Abseits geschossen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Nibelungentreue gegenüber den USA und auch Trump wird sich rächen, nämlich dann, wenn die USA die Aufstellung nuklearer Mittelstreckenträgersysteme in Europa und in Deutschland fordern werden. Wer A sagt, wird irgendwann genötigt, auch B sagen zu müssen.

Die Bundesregierung wird von uns aufgefordert, unmissverständlich klarzumachen, dass auf deutschem Staatsgebiet nie wieder Mittelstreckenraketen oder Marsch­flugkörper stationiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind uns sicher, dass die Menschen in diesem Land eine Stationierung auch nicht akzeptieren werden.

Die Linke wird sich sämtlichen Protesten, die sich gegen eine Stationierung aussprechen, vorbehaltlos anschließen und dabei an vorderster Front mitwirken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Neu. – Als Nächster spricht zu uns der Kollege Armin-Paulus Hampel, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Oh nein!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7307753
Wahlperiode 19
Sitzung 71
Tagesordnungspunkt USA und INF-Vertrag
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