14.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 72 / Zusatzpunkt 15

Marcus WeinbergCDU/CSU - KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen hier eine der wichtigsten Debatten für uns und, ich glaube, auch das ganze Land in der Familienpolitik mit der Fragestellung: Wie können wir etwas für die Familien, für die Kinder tun, wie können wir uns darum bemühen, dass die Kinder von Nadine Schön nach dem Frühstück jetzt eine gute Betreuung haben?

Ich muss ehrlich sagen: Ich bin entsetzt und angewidert, dass Sie immer wieder mit Ihren Wortmeldungen diese gute Debatte unterbrechen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das geht komplett am Ziel vorbei, und das ärgert mich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir reden hier sehr intensiv und sehr strittig darüber, was wir tun können. Da gibt es verschiedene Ansätze und verschiedene Konzepte. Wir als Union werden heute dem Gesetz zustimmen. Wir – und Sie – wissen, dass wir uns das nicht leicht gemacht haben, weil wir bei diesem Thema lange diskutieren und weil wir abwägen müssen: Was wäre die Konsequenz, wenn wir nicht zustimmten, und wo können wir unsere Erwartungshaltung auch tatsächlich mit den Erwartungshaltungen in der Koalition und auch mit den Erwartungshaltungen der Länder in Übereinstimmung bringen?

Warum stimmen wir heute zu?

Erstens: weil wir es mit dem Gesetz schaffen, dass wir in weiten Teilen Qualitätsverbesserungen im ganzen Land hinbekommen.

Zweitens: weil Geringverdiener – Frau Baerbock, die haben Sie vorhin angesprochen – von den Beiträgen entlastet werden.

(Grigorios Aggelidis [FDP]: Lächerlich! Ein Hohn!)

In dem Fall haben Sie nicht die Wahrheit gesagt. Geringverdiener – das heißt, diejenigen, die Transferleistungen bekommen, wie zum Beispiel den Kinderzuschlag – werden komplett entlastet. Das ist auch gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Drittens: weil die Familien, die Kinder, die Erzieherinnen und Erzieher und die Kommunen auf dieses Gesetz warten.

Auch wenn wir mit Blick auf das Anforderungsprofil eines Kitagesetzes hier und da eine andere Herangehensweise haben, ist es wichtig, dass wir – und das ist der nächste Punkt – als Koalition auch im Konsens das zusammenbringen, was zusammengehört. Wir müssen nicht nur einen Konsens suchen, wir müssen auch irgendwann einen Konsens finden, und das hat im Ergebnis dazu geführt, dass wir zustimmen.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Jawohl! Guter Mann!)

Jetzt will ich noch einmal etwas Ordnung in die Diskussion bringen. Ich sehe den Kollegen Weiler aus Thüringen. Er hat ja vorhin eine Zwischenfrage gestellt. Da muss ich Ihnen sagen, lieber Herr Müller: Wie ist denn die Situation in Thüringen? Ich lese Ihnen einmal vor aus den letzten Studien, wie sich die Qualität in Thüringen verändert hat: Im Jahre 2012 gab es in Thüringen einen Betreuungsschlüssel von 11,4. Jetzt, 2017, liegt er bei 11,6. Er ist also schlechter geworden. Schlechter ist auch der Betreuungsschlüssel im Krippenbereich geworden: 2012 lag er bei 5,3, jetzt bei 5,4. Ihre Aussage, es sei in Thüringen besser geworden, stimmt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Aber das letzte Kitajahr ist in Thüringen seit dem 1. Januar 2018 beitragsfrei, und es gibt Pläne in Thüringen, ab dem 1. Januar 2020 ein weiteres Kitajahr von Gebühren zu befreien. Ich habe etwas dagegen, wenn Sie hier das eine predigen, zu Hause, im eigenen Land, aber etwas anderes machen. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])

Frau Baerbock – sie hört mir gar nicht zu; das ist tragisch, für sie, nicht für mich –, wenn Sie schon über die Frage sprechen, welche Konsequenzen das für die Länder hat, will ich nur einmal zwei Länder herausgreifen, zufälligerweise zwei Länder, in denen die Grünen mitregieren, nämlich Berlin und Hamburg. Sie hatten mitbeschlossen, dass die Kitas in Berlin beitragsfrei wurden. Die Konsequenz war, dass der Betreuungsschlüssel schlechter geworden ist, und die Konsequenz war, dass mittlerweile 2 000 Fachkräfte, Erzieherinnen und Erzieher fehlen.

(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Die fehlen in Berlin, weil sie kein Personal finden!)

Wenn Sie heute diesem Gesetz nicht zustimmen, dann müssen Sie den Berlinerinnen und Berlinern erklären, dass dann Berlin auf 300 Millionen Euro verzichtet, die ausschließlich – ausschließlich – für die Qualitätssteigerung eingesetzt werden sollen. Auch das ist dann eine Konsequenz des Handelns. Da bitte ich schon ein bisschen um Ehrlichkeit. Sie wissen, dass in weiten Teilen das Geld auch in die Qualität geht, nicht nur in Berlin, sondern auch in vielen andern Ländern, zum Beispiel auch in Hamburg.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie soll es in die Qualität gehen, wenn es das Geld nur für wenige Jahre gibt?)

Da müssten Sie Ihrer lieben Frau Fegebank, die gerade Mutter geworden ist, erklären, dass die Qualitätsstandards, die von der Landesregierung festgesetzt wurden, möglicherweise nicht gehalten werden.

Da komme ich zu einem Grundproblem dieser Diskussion. Wir machen zwei wichtige Dinge: Wir unterstützen die Länder bei einer originären Aufgabe der Länder. Das föderative System – ich glaube, darüber müssen wir einmal diskutieren – ist durchaus in einer schwierigen Situation, wenn es permanent diese Mischfinanzierung gibt und dann Ansprüche erhoben werden, die wir gar nicht erfüllen können. Der Qualitätsschlüssel wird von den Ländern festgesetzt, die Länder entscheiden darüber, die Länder haben Bildungspläne für die Kitas, die Länder haben einen Haushalt für die Kitas. Wir unterstützen die Länder bei dieser Aufgabe – das machen wir aus Verantwortung –, aber auch nicht mehr. Ich bitte schon, ein bisschen auch die Ordnung zu halten: Was ist Aufgabe des Bundes, und was ist Aufgabe der Länder?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Da gibt es – und das wissen Sie – klare Anforderungsprofile.

Nadine Schön hat es schon gesagt: Für uns als Union war es immer wichtig, die Qualität in den Vordergrund zu stellen. Da erwarten wir von den Ländern auch Verbesserungen. Das Beispiel – das Extrembeispiel – ist tatsächlich Mecklenburg-Vorpommern: Im Krippenbereich wie im Kitabereich hat es mit den schlechtesten Betreuungsschlüssel, dafür hohe Beiträge. Wir erwarten von den Ländern, die von uns jetzt mit immerhin 5,5 Milliarden Euro unterstützt werden, dass sie nachweislich – und das muss nachgewiesen werden – auch die Qualität deutlich verbessern. Wenn sie Landesmittel dafür bereitstellen, ist das in Ordnung. Unter dem Strich muss doch eines passieren, unter dem Strich müssen die Kinder, die heute betreut werden – die Kinder von Nadine Schön, die jetzt ihr Frühstück hinter sich haben –, endlich eine bessere Betreuungsqualität bekommen. Das sagen doch alle, Herr Müller; das sagen auch Sie.

(Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Keine Zwischenfrage mehr!

Deswegen haben wir auch einige Dinge im Gesetz geändert. Das bringt mich zum Thema „zusätzlich“; übrigens eine Formulierung aus dem Koalitionsvertrag. „ Zusätzlich“ ist auch – jetzt können Sie sagen, nur; ich sage aber, es ist auch – ein deutliches Signal, welche Erwartungshaltung wir haben. Bei uns kommt zuerst die Qualität – und dann sicherlich auch das Thema der Beitragsfreiheit.

(Grigorios Aggelidis [FDP]: Das stimmt gar nicht! Was erzählen Sie denn für einen Quatsch!)

Da gibt es ja zwischen den beiden Koalitionspartnern auch unterschiedliche Wahrnehmungen. Wir haben Hürden bei der Inanspruchnahme von Beitragsbefreiung abgebaut; das ist eine Maßnahme, die sich nicht auf die Qualität bezieht.

Dann noch einmal zur Staffelung – weil das vorhin in der Diskussion war und auch die Frage von Herrn Müller dazu wieder kam –: Herr Müller, schreiben Sie das doch den Kommunen und Ländern nicht vor! Ich habe großes Vertrauen in unsere Politiker in den Kommunen und in den Ländern, dass die schon wissen, wie sie eine soziale Staffelung – und diese können sie machen – umsetzen sollen. Deswegen: Am Ende wird es darauf ankommen, was die Länder aus diesem Gesetz machen.

Wichtig war uns bei der Analyse der Ausgangssituation und bei der Ermittlung der entsprechenden Maßnahmen, die als Vertragsgrundlage dienen, dass alle Akteure beteiligt werden – also die öffentlichen Träger der Jugendhilfe, die freien Träger, die Sozialpartner, die kommunalen Spitzenverbände auf Landesebene und auch die Elternschaft –, damit dieser Prozess weiter gesteuert werden kann.

Ich darf zusammenfassen für uns: Dieses Gesetz bringt viele Chancen. Wir unterstützen die Länder bei ihrer originären Aufgabe. Wir werden aber auch genau schauen, wie die Länder darauf reagieren. Da können wir gerne irgendwelche Botschaften aus dem Bundesrat heute wahrnehmen. Die Länder müssen schon entscheiden, was sie wollen. Kooperation heißt dann auch, dass man nicht nur nimmt, sondern auch darstellt, was man macht, und hier und da auch etwas gibt. Insgesamt kommen wir als Union nach einer langen, sehr intensiven Diskussion – auch einer kritischen Diskussion – heute zu dem Ergebnis, dass wir diesem Gesetz zustimmen. Wir wünschen uns nicht nur frohe Weihnachten, sondern auch eine deutliche Qualitätssteigerung in den Kindertagesstätten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nicole Bauer, FDP, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der FDP)

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