Götz FrömmingAfD - Gewinnung von Spitzenforschern
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin Karliczek ist in den letzten Tagen viel kritisiert worden,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wo ist die eigentlich?)
nicht nur aus den Reihen der Grünen, sondern auch aus den Reihen der Koalition. Ich möchte mit einem kleinen Lob für die Ministerin beginnen. Frau Karliczek war Anfang dieser Woche, am Montag, in Moskau und hat dort eine Vereinbarung unterzeichnet, eine Vereinbarung zur besseren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland in den Bereichen Forschung, Wissenschaft und Innovation. Meine Damen und Herren, wir begrüßen das außerordentlich,
(Beifall bei der AfD)
zumal wir in unserem Antrag ausdrücklich eine Außenwissenschaftspolitik einfordern. Allerdings sollte dieser auch eine kohärente Gesamtstrategie zugrunde liegen. Das sehen wir hier noch nicht; denn drei Tage später, also gestern, haben die Kollegen von Frau Karliczek in der EU beschlossen, die Sanktionen gegen Russland zu verlängern. Das passt überhaupt nicht zusammen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Benjamin Franklin, der große amerikanische Staatsmann und Wissenschaftler, sagte einmal: „Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.“ Darum geht es uns auch in unserem Antrag: Wir wollen in Wissen investieren, wir wollen Deutschland für die Wissenschaft noch attraktiver machen und vor allem unserem wissenschaftlichen Nachwuchs eine Perspektive geben. Dabei müssen wir immer beides im Blick haben: zum einen die Bedürfnisse und Interessen der jungen Wissenschaftler selbst, gerne auch aus aller Welt, zum anderen die Interessen unseres Landes. Das vermisse ich bei den Anträgen von Linken und Grünen; bei der FDP sieht es besser aus. Die Anträge von Linken und Grünen erwecken den Eindruck, als müssten Universitäten neben ihrer eigentlichen Aufgabe auch perfekt durchgegenderte, quotensortierte Weltsozialämter sein.
(Widerspruch bei der LINKEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In welcher Parallelwelt leben Sie eigentlich?)
Meine Damen und Herren, wir konzentrieren uns lieber auf Leistung und Wissenschaft.
(Beifall bei der AfD)
Und wir haben Grund, das zu tun; denn bis zum Jahr 2026 werden in Deutschland 100 000 Ingenieure fehlen. Sie werden fehlen, obwohl in Deutschland derzeit 2,8 Millionen Menschen studieren,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die AfD sie vergrault!)
darunter fast 270 000 Ausländer. Aber nur ein Drittel davon bleibt nach dem Studium hier, und leider nicht immer die Besten.
(René Röspel [SPD]: Das ist ja arrogant ohne Ende!)
Umgekehrt gelingt es uns auch nicht, wirklich kluge Köpfe nach Deutschland zurückzuholen. Warum ist das so? Ganz einfach: weil Deutschland im internationalen Vergleich noch nicht attraktiv genug ist. Wer die Wissenschaft zum Beruf machen will, meine Damen und Herren, findet an unseren Massenuniversitäten, die mit kostenlosen Studiengängen viele mittelmäßige Studenten anlocken, eben nicht die besten Arbeitsbedingungen.
(Beifall bei der AfD)
Herr Kollege Frömming, die Kollegin Gohlke, Fraktion Die Linke, würde gerne eine Zwischenfrage stellen.
Sehr gerne.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich habe nämlich eine Rückfrage zu den Zahlen in Ihrem Antrag.
Sie behaupten in Ihrem Antrag – das ist die Drucksache 19/6424 –, dass nur 15 Prozent der MINT-Studierenden Inländer seien. Zum einen ist diese Zahl überhaupt nicht an der im Antrag angegebenen Stelle der Studie zu finden, zum anderen ist diese Zahl völlig aus der Luft gegriffen. Laut der von Ihnen zitierten Studie sind nämlich 41 Prozent der sogenannten Bildungsinländer in einem MINT-Fach eingeschrieben. Unter den ausländischen Studierenden liegt der Anteil der MINT-Studierenden bei 50 Prozent. Insgesamt beträgt der Anteil der ausländischen Studierenden an allen Studierenden aber nur 13,5 Prozent. Das bedeutet: Wir reden über 6,75 Prozent ausländische MINT-Studierende unter allen Studierenden. Das heißt, der Anteil der deutschen MINT-Studierenden liegt bei 93 Prozent und nicht, wie in Ihrem Antrag behauptet, bei 15 Prozent. Können Sie das aufklären? Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage. Sie zielen in Ihrem Antrag darauf ab, dass mehr Asiaten als europäische Studierende in Deutschland studieren. Das ist ebenfalls falsch; es ist im Übrigen auch wieder falsch belegt. Der Anteil der Studierenden aus europäischen Ländern liegt bei 47 Prozent, der aus der Europäischen Union bei 32 Prozent und der aus Asien bei 33 Prozent. Das heißt, Sie setzen in Ihrem Antrag die EU mit Europa gleich, um Ihre sehr ketzerische und im Übrigen auch falsche Behauptung zu untermauern, Deutschland öffne sich dem fernen Asien mehr als Europa. Können Sie sich dazu verhalten?
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Fake News!)
Wie kommt es zu den vielen falschen Zahlen in Ihrem Antrag? Können Sie nicht richtig zitieren, oder sind sie absichtlich gefälscht wiedergegeben?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die AfD kann nicht rechnen!)
Sehr geehrte Frau Kollegin, das war ja keine Frage, sondern eine Unterstellung, dass unsere Zahlen falsch und nicht richtig recherchiert sind.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Klären Sie das doch auf! – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Sie hat es doch vorgelesen! – Zurufe von der SPD und der LINKEN: Das war eine Frage!)
– Darf ich nun antworten?
Jetzt hat das Wort der Kollege Frömming, um die Fragen zu beantworten.
Gerne überprüfen wir das noch einmal.
(Lachen des Abg. René Röspel [SPD])
Ich werde Ihnen dann sagen, wer von uns beiden hinsichtlich der Zahlen recht hat.
Auf ihre weiteren Unterstellungen in Bezug auf die Ausländer komme ich gleich noch zu sprechen. Vielleicht wollen Sie weiter zuhören. – Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Faktencheck fallen Sie immer durch!)
Meine Damen und Herren, wir waren bei der Frage, warum so wenige ausländische Studenten und Spitzenforscher zu uns kommen. Die Bezahlung ist vergleichsweise schlecht, Karrierechancen fehlen, und die meisten Verträge werden nur befristet vergeben. Auch für diejenigen, die mit Partner oder Familie kommen, wird nicht genug geboten. Zum Glück haben wir Einrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft und andere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, durch die wir diese Nachteile wenigstens teilweise kompensieren.
Kaum verwunderlich besagt eine Studie des DAAD aus dem Jahr 2017, dass das ausländische Wissenschaftspersonal an deutschen Hochschulen lediglich 7 Prozent beträgt. Der Ausländeranteil an unseren Sozialämtern liegt übrigens deutlich darüber;
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Was ist das für eine Aussage?)
von etwa 6 Millionen Hartz-IV-Beziehern sind 33 Prozent Ausländer.
(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Alles was hinkt, ist kein Vergleich!)
Sie sehen also, meine Damen und Herren: Unsere Sozialämter sind international gefragter als unsere Universitäten. Wir finden, das sollte man ändern.
(Beifall bei der AfD)
Dazu haben wir unter anderem vorgeschlagen – da besteht hier im Haus ja auch Einigkeit –, den Hochschulpakt längerfristig mit Mitteln auszustatten, sodass aus kurzzeitigen und befristeten Verträgen längerfristige und echte Stellen werden können.
(René Röspel [SPD]: Da wollten Sie den Hochschulpakt auslaufen lassen!)
Wir schlagen weiter vor, nationale Infrastrukturzentren aufzubauen, die gemeinsam von Universitäten und Forschungseinrichtungen genutzt werden können. Ich kann mir auch vorstellen, ausländische Staaten als Investoren zu gewinnen, die im Gegenzug ihre Spitzennachwuchsforscher zu uns schicken können. Vielleicht fragt Frau Ministerin Karliczek bei ihrem nächsten Besuch in Moskau hierzu mal nach.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Karamba Diaby, SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307802 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 72 |
Tagesordnungspunkt | Gewinnung von Spitzenforschern |