14.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 72 / Tagesordnungspunkt 19

Wiebke EsdarSPD - Gewinnung von Spitzenforschern

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem mein Kollege Karamba Diaby vor allem auf die Aspekte der Internationalisierung in den vier Anträgen eingegangen ist, möchte ich meinen Schwerpunkt auf den zweiten großen Aspekt setzen, der vor allem in den Anträgen der Linken und der AfD vorkommt: die Frage nach den Beschäftigungsbedingungen.

Frau Gohlke, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie an vielen Stellen schon aufgezeigt haben, wie schlecht, wie unterirdisch der Antrag der AfD ist, indem sie es nicht einmal schaffen, die Zahlen aus den Quellen, die sie selber auswählen und angeben, richtig zu verwenden. Ich will gar nicht viel Redezeit darauf verschwenden: Der Antrag der AfD ist, wie wir es gewohnt sind, leider diskriminierend. Er ist rein ausgerichtet auf die ökonomische Verwertbarkeit der Menschen, weist ihnen unterschiedliche Wertigkeiten zu und ist bezogen auf die Studierenden dann auch noch unterirdisch – das hat Frau Gohlke bereits angesprochen –, aber auch in Bezug auf das wissenschaftliche Personal. Sie führen an, es wären 7 Prozent ausländisches Personal an den Hochschulen. In der Studie, die Sie anführen, steht aber sehr eindeutig: Es sind 11,2 Prozent. Darum sollten wir uns damit nicht aufhalten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Die können gar nicht lesen!)

Ich möchte darum etwas zu dem Antrag der Linken sagen. Er ist leider – das bedaure ich ein Stück weit – alter Wein in neuen Schläuchen. Sie haben einen ganz ähnlichen Antrag mit einer großen Anzahl von gleichen Absätzen im Jahr 2017 gestellt. Ich finde es schade, wenn man einfach immer nur Copy-and-paste macht. Aber ich will Ihnen gerne auch inhaltliche Gründe nennen, warum wir ihn heute ablehnen müssen.

Um es vorweg ganz klar zu sagen: Im Grundsatz teilen wir das Ziel, dass wir die Beschäftigungsbedingungen an deutschen Hochschulen verbessern wollen. Wir teilen auch die Auffassung, dass es immer noch zu viele befristete Verträge gibt und dass die Vertragslaufzeiten nach den Zahlen, die wir kennen – Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs, BuWiN, aus dem Jahr 2017 –, tatsächlich zu klein sind. Aber die Instrumente, die Sie vorschlagen, halte ich in der Form für nicht zielführend. Mit einfach festgeschriebenen Vertragslaufzeiten kommen wir an dieser Stelle nicht weiter. Ich würde mir wünschen, dass wir erst einmal auf die Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes warten, in dem wir festgelegt und klargemacht haben, dass wir das Qualifizierungsziel in den Mittelpunkt stellen, nämlich die Frage: Wie lange brauchen die Menschen? Wenn wir jetzt mit gesetzlichen Vorgaben, wie zum Beispiel Mindestvertragslaufzeiten, arbeiten würden, dann kann das, glaube ich, an vielen Stellen zum Nachteil für die Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler werden.

Um ein Beispiel zu nennen: In der Zeit, in der ich wissenschaftliche Mitarbeiterin war, gab es das Problem bei mir, wie bei ganz vielen, dass die Anzahl der Verträge höher war als die Anzahl der Jahre, in denen ich beschäftigt war. Warum war das so? Ein Grund – den benennen Sie auch – liegt in der zu unsteten, unsicheren Finanzierung, der zu geringen Grundfinanzierung der Hochschulen. Da müssen wir ran. Der zweite Grund, warum ich so viele Verträge hatte, war, dass es in der Praxis der Hochschule das Bemühen der Lehrstuhlinhaberinnen und Lehrstuhlinhaber, meiner Professorin, war, dass man überbrücken konnte, wenn das Forschungsvorhaben später begonnen hat. Wenn wir das gesetzlich festschreiben, so wie Sie es vorschlagen, dann, glaube ich, erweisen wir den Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern einen Bärendienst.

Wir sind dabei, die Bedingungen für wissenschaftlich Beschäftigte, aber auch für alle Beschäftigte zu verbessern. Ich möchte zwei Beispiele nennen. Das eine ist der Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Hier gehen wir mit dem Tenure-Track-Modell in die Organisationsstruktur hinein und wollen verbessern, dass die Karriere planbar wird, dass frühzeitig klar ist, dass man in der Wissenschaft bleiben kann. Das andere ist die Verstetigung der Hochschulpaktmittel. Diese werden verstetigt mit einer klaren Erwartungshaltung von uns: Es muss dazu kommen, dass Daueraufgaben mit Dauerstellen versehen werden. Die Mittel, die wir vom Bund zur Verfügung stellen, sollen von den Hochschulen, wie wir sie verstetigen, für Dauerstellen genutzt werden. Ich glaube, dass das zwei gute Ansatzpunkte sind.

Lassen Sie mich zum Abschluss die Bemerkung machen: Wir können das tun, weil wir das Grundgesetz in der letzten Legislatur geändert haben. Leider hat die Linksfraktion nicht mitgestimmt. Ich finde, das zeigt sehr deutlich, dass wir vorankommen, dass wir mitgestalten und dass wir nicht mit dogmatischen Grundsatzpositionen weiterkommen, sondern tragbare Lösungen brauchen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat Nicole Gohlke für die Linksfraktion.

(Beifall bei der LINKEN)

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Electoral Period 19
Session 72
Agenda Item Gewinnung von Spitzenforschern
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