Oliver Wittke - Erhalt der Buchpreisbindung
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn dieser wichtigen Debatte über das Thema Buchpreisbindung meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass dieses Hohe Haus gerade eindrucksvoll auch ohne Teilnahme der AfD seine Beschlussfähigkeit unter Beweis gestellt hat.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das zeigt, dass es dieser Fraktion in diesem Deutschen Bundestag nicht bedarf.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das bestimmen nicht Sie, Herr Staatssekretär, sondern das Volk! – Beatrix von Storch [AfD]: Nun sind wir halt da!)
Damit will ich aber zum eigentlichen Thema kommen. Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die gewaltigste. – Diese Worte von Heinrich Heine zeigen, wie ich finde, sehr eindrucksvoll, dass das Buch nicht irgendein Wirtschaftsgut ist, sondern dass das Buch ein Kulturgut ist, dass das Buch ein Teil unserer Identität ist.
Auch wenn wir im Jahre 2017 in der Buchbranche einen Umsatz von 9,13 Milliarden Euro hatten, auch wenn im vergangenen Jahr 70 000 neue Titel in Deutschland erschienen sind, auch wenn es 6 000 Buchhandlungen gibt – Filialen und Buchverkaufsstellen, von der Kleinstadtbuchhandlung bis zum Buchkaufhaus, von der literarischen Buchhandlung bis zum hochspezialisierten Fachsortiment für Recht, Wirtschaft und Steuern –, dann bleibt es doch ein Faktum, dass ein Buch mehr als ein einfaches Wirtschaftsgut ist.
Wenn ich gerade über die 6 000 Buchhandlungen gesprochen habe, will ich an dieser Stelle Altbundeskanzler Helmut Schmidt zitieren.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Sehr schön!)
Helmut Schmidt hat einmal gesagt, dass diese 6 000 Buchhandlungen so etwas wie geistige Tankstellen in unserem Land sind. Recht hat er an dieser Stelle, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Deshalb ist es wichtig, dass wir den Buchhandel, dass wir Bücher in Deutschland fördern. Ich finde es gut, dass ein Wirtschaftspolitiker als erster Redner in dieser Debatte hier vorne stehen kann, um deutlich zu machen: Es geht uns nicht darum, nur über Euro und Cent, nur unter Wettbewerbsrecht, nur unter Monopolrecht hier eine Debatte zu führen, sondern es geht uns darum, hier ein Bekenntnis dazu abzulegen, dass dieses Land, dass dieser Staat eine Kulturnation ist, und die Literatur, die Bücher haben daran einen ganz wesentlichen Anteil.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, als am 10. Mai 1933 die Nationalsozialisten Bücher verbrannt haben – Bücher von Heinrich Mann, von Erich Kästner, von Erich Maria Remarque, von Kurt Tucholsky, von Carl von Ossietzky, von Heinrich Heine, von Carl Zuckmayer, von Thomas Mann und anderen –, ging es ihnen nicht darum, materielle Werte zu vernichten; es ging darum, eine Geisteshaltung zu vernichten, die Identität und das Gedächtnis unseres Staates auszulöschen. Das zeigt, welche immense Bedeutung das Buch für die Geschichte und für die Identität Deutschlands besitzt.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Darum sollten wir alles daransetzen, dass wir das Buch fördern, dass wir den Buchhandel aufrechterhalten, dass wir uns nicht damit abfinden, dass die Verkäufe von Büchern rückläufig waren. Im Jahre 2010 wurden in Deutschland noch 416 Millionen Bücher abgesetzt. Im Jahre 2016 waren es rund 50 Millionen weniger, nämlich nur noch 367 Millionen. Das ist eine bedauerliche Entwicklung. Ich finde, wir sollten dieser Entwicklung nicht Vorschub leisten, sondern uns mit allem, was in unseren Kräften steht, dagegen wenden. Das ist der Grund, warum wir – anders, als die Monopolkommission es empfohlen hat – keine Änderung des Buchpreisbindungsgesetzes wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben als Bundeswirtschaftsministerium eine Studie in Auftrag gegeben, ganz aktuell, um die Auswirkung von Absatzförderprogrammen auf den Buchhandel erörtern zu lassen, untersuchen zu lassen, weil wir die mögliche Reaktion des Gesetzgebers auf ein solches Programm europarechtskonform umsetzen wollen. Das ist ein kleiner, aber, wie ich finde, ein wichtiger Beitrag, um Bücher in Deutschland, um Literatur, um den Buchhandel auch weiterhin zu stärken.
Es gibt auch viele andere, außerhalb der Gesetzgebung liegende Vorhaben in Deutschland, wie das Lesen gefördert werden kann und wie das Buch gefördert werden kann. Ich erinnere beispielsweise daran, dass Jahr für Jahr bei Vorlesetagen viele Vorleser und Zuhörer für das Buch werben – in diesem Jahr 687 000. Viele Kolleginnen und Kollegen auch aus diesem Haus und auch aus den Reihen der Bundesregierung haben daran teilgenommen. Wir sollten auf diesem Weg fortfahren und unseren Beitrag dazu leisten, das Buch weiter zu stärken.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe meine Rede mit einem Zitat von Heinrich Heine begonnen. Lassen Sie mich enden mit einem Zitat von Hermann Hesse. Hermann Hesse hat einmal gesagt:
Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seine Böden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken.
Das gilt nicht nur für ein Haus; das gilt auch für unsere Gesellschaft.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Enrico Komning für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Retrieved from | http://dbtg.tv/fvid/7307822 |
Electoral Period | 19 |
Session | 72 |
Agenda Item | Erhalt der Buchpreisbindung |