Matthias HeiderCDU/CSU - Erhalt der Buchpreisbindung
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, es ist Frankfurter Buchmesse, und keiner geht hin. Im vergangenen Jahr haben nur 54 Prozent aller Haushalte in Deutschland ein Buch gekauft, also jeder zweite Haushalt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht der Trend zum Zweitbuch!)
Vor zehn Jahren waren es noch 65 Prozent.
Ist es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen, dass wir auch in dieser Legislaturperiode wieder über die Buchpreisbindung diskutieren? Ich finde, es ist ein gutes Zeichen. Denn die Debatte zeigt, wie wichtig uns das Kulturgut Buch ist und wie wichtig uns auf der anderen Seite auch ein gesunder Wettbewerb ist. Deshalb ist es im Grunde genommen ein schöner Impuls, den die Monopolkommission gegeben hat. Denn diese Herausforderung gibt uns die Gelegenheit, wieder zu erklären, warum wir uns bei einem kleinen wettbewerbspolitischen Thema so verhalten.
Die Hälfte der Bücher, die 2017 verkauft worden sind, sind über den Buchhandel verkauft worden, aber schon 16,8 Prozent sind über das Internet verkauft worden. Noch gibt es den Buchhandel in Deutschland, mit circa 6 000 Buchhandlungen und über 30 000 Menschen, die im Buchhandel beschäftigt sind.
Verfehlt wäre es, die Arbeit der Monopolkommission als einen Angriff auf den Erhalt des Kulturgutes Buch zu werten, den es jetzt etwa abzuwehren gilt. Nein, die Monopolkommission – das haben wir auch in unserem Antrag hervorgehoben – erkennt durchaus, dass es ein kulturpolitisches Ziel bei der Buchpreisbindung gibt: den Schutz des Buches. Es ist sogar ausgewiesenes Ziel des kürzlich vorgelegten Gutachtens der Kommission, die Diskussion um künftige Maßnahmen zum Schutz des Kulturgutes Buch zu befeuern.
Wenn sie das gesetzliche Konstrukt der Buchpreisbindung aus rein wettbewerblichen und ökonomischen Erkenntnissen als den richtigen Weg zum Schutz des Kulturgutes Buch anzweifelt, ist das ihr gutes Recht, ja es ist sogar die ordnungspolitische Pflicht der Monopolkommission, das zu tun. Sie stärkt hierdurch die Grundsätze, die wir uns für die Wahrung eines florierenden Wettbewerbs gegeben haben.
Aber, meine Damen und Herren, es ist Aufgabe der Politik und damit unsere Aufgabe, Wertungsentscheidungen zu treffen, und das rechtfertigt wettbewerblich eine besondere Behandlung des Kulturgutes Buch. Dazu wollen wir aus der Koalition mit unserem heutigen Antrag beitragen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Monopolkommission vertritt die Auffassung, nur ein freier Wettbewerb trage zur Entstehung und Ausbreitung effizienter Handelsstrukturen und Vertriebskonzepte bei. Meine Damen und Herren, die Monopolkommission gibt zu bedenken, dass nach ihrer Auffassung kein klarer Zusammenhang zwischen Buchpreisbindung und Preissenkungseffekten, Bevorratung und Titelvielfalt bestehe. Es ist unsere Aufgabe, das nachzuweisen.
Wenn schon wieder davon gesprochen worden ist, dass man beim Europäischen Gerichtshof mit der Arzneimittelpreisbindung anders umgegangen ist, dann verweise ich nur auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den deutschen Fernsehgebühren, das in dieser Woche getroffen worden ist. Auch das ist ein Sondertatbestand, den wir hier in Deutschland geregelt haben. Wir haben deshalb guten Grund, auch an den Sonderregelungen für Bücher festzuhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, dass sich ein ganz freier Wettbewerb nicht unbedingt nur positiv auf den Büchermarkt auswirkt, zeigt ein Blick auf das Heimatland der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren: Schweden. In Schweden führt diese Maßnahme zu einem deutlichen Rückgang von Neuerscheinungen im Buchmarkt. Die Buchvielfalt muss dort gewissermaßen durch die Einführung eines staatlichen Subventionssystems für die Kultur gerettet werden. Hierzulande ist das Verlagswesen eine der wenigen Ausnahmen in der Kulturlandschaft, für die es keine Subventionierung gibt. Meine Damen und Herren, wir sollten uns dafür einsetzen, dass das auch so bleibt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Falko Mohrs [SPD])
Buchhändler wären, wenn wir es anders machen würden, dem freien Wettbewerb ausgesetzt. Sie würden sich vermutlich stark an der Nachfrage ihrer Kunden orientieren müssen. Absatzfördernd wäre das also nur in einem Sortiment für Kassenschlager – und das sind die Bücher, die eben keine Titelvielfalt in den Regalen zulassen –, weil der Interessentenkreis für bestimmte Bücher sehr eingeschränkt ist. Aber auch diese Meinungen wollen wir hören und wollen wir in der Kultur gerne zur Geltung kommen lassen.
Um es kurz zu machen: Die Landschaft an Büchern und Buchläden wäre eintöniger. Es gäbe weniger Autoren, es gäbe weniger Meinungen und Ansichten auf dem Markt. Dabei ist gerade die Vielfalt der Bücher das, was das Kulturgut Buch ausmacht. Sie unterscheiden sich damit auch von einer herkömmlichen Handelsware. Die Verschiedenheit der Bücher ist Ausdruck einer bunten Meinungsvielfalt und der Kreativität der Menschen, die ihren Geist in diese Bücher stecken, um Vielfalt zu fördern. Und auch zum Bedienen kleiner Interessentenkreise bedarf es eines Systems, das sich eben nicht ausschließlich nach Angebot und Nachfrage richtet.
Meine Damen und Herren, deshalb müssen wir dafür sorgen, dass es sich für Autoren lohnt, sich an kleine Leserkreise zu richten. Wir müssen dafür sorgen, dass es sich für Verleger lohnt, unbekannte Autoren zu fördern. Wir müssen dafür sorgen, dass es sich für Buchhändler lohnt, ein breites Angebot in ihrem Geschäft zur Verfügung zu stellen. Und schließlich müssen wir dafür sorgen, dass es sich für die Kunden auch lohnt, in die Buchhandlung zu gehen, statt im Internet zu bestellen.
Für all dies ist die Buchpreisbindung das richtige Instrument. Sie ist der Weg zum Erhalt des Kulturgutes Buch. Dafür setzen wir uns als Union, als Koalition ein.
Meine Damen und Herren, wir werden uns die vielen Bemerkungen, die heute im Parlament gemacht worden sind, sehr genau im Protokoll ansehen. Denn mit Goethe kann ich Ihnen sagen: „Was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen.“
Wenn Sie zum Jahresende eine Empfehlung für ein Buch brauchen, dann lege ich Ihnen nahe: Gucken Sie in die „Frohe Botschaft“. Die Zuversicht und das Vertrauen, die aus diesem Buch sprechen, sind auch das, was die Demokratie beschützen wird. Dafür werden wir uns einsetzen.
Herzlichen Dank, und Ihnen ein schönes Weihnachtsfest.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Dr. Matthias Heider. – Einen schönen Mittag, kann man, glaube ich, sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von mir an Sie. – Nächster Redner in der Debatte: Dr. Marc Jongen für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307829 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 72 |
Tagesordnungspunkt | Erhalt der Buchpreisbindung |