Sandra WeeserFDP - Multilateraler Gerichtshof
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren oben auf den Tribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle profitieren vom freien Handel mit Waren und Dienstleistungen. Ja, unsere Weltwirtschaft ist immer enger miteinander verflochten. Der Freihandel gerät aber neuerdings von links und rechts immer stärker in Bedrängnis und unter Druck. Ich möchte – ich bin ja froh, dass alle Fraktionen dem eben schon zugestimmt haben – einmal ganz klar sagen, dass die Freien Demokraten sich vollumfänglich für freien Welthandel aussprechen.
(Beifall bei der FDP)
Ich sage aber auch ganz ausdrücklich: Zu freiem Welthandel gehören faire Spielregeln, und zu fairen Spielregeln gehört zum Beispiel der Investitionsschutz für Unternehmen.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Wohl kaum!)
– Ja, so ist das schon.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Schutz für Mitarbeiter?)
Für Freie Demokraten bedeutet der Investitionsschutz auch Schutz von Eigentum, und der ist uns sehr, sehr wichtig.
(Beifall bei der FDP – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Was ist mit den Arbeitnehmern?)
– Ja, ich rede ja auch von Eigentum. Haben Sie kein Eigentum als Arbeitnehmer zum Beispiel? Aber gut.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Die Arbeiter in Bangladesch haben kein Eigentum! Das ist das Problem!)
Weltweit gilt: Länder, in denen Eigentum geschützt wird, sind wirtschaftlich immer erfolgreicher. Das ist zu belegen, und wir können den Bewohnern in dem Moment auch bessere Lebensbedingungen bieten; so ist das.
Die heute hier vorliegenden Anträge zeigen mir wieder deutlich, wie grundsätzlich unterschiedlich die Haltung von Linken, Grünen und den Freien Demokraten hier ist. Das Verständnis, das uns trennt, ist, dass für Sie Staaten gleich gut und Investoren gleich gefährlich sind. Die gefühlte Wahrheit, liebe Grünen und liebe Linken, hilft uns bei der Ausgestaltung von fairen Spielregeln aber nicht. Sie sind eher populistisch. Von den Linken – das muss ich jetzt ehrlich sagen – habe ich auch eigentlich nichts anderes erwartet. Aber von Ihnen, liebe Grünen? Sie wollen doch regieren.
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Hui! Jamaika, nicht? – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Regieren braucht man auch Konzepte!)
Es beruhigt mich aber schon ein Stück weit, dass es, wenn Sie Regierungsverantwortung annehmen, immer noch zu vernünftigen Entscheidungen geführt hat. Ich kann mich daran erinnern: In der rot-grünen Bundesregierung von 1998 bis 2005 haben Sie immerhin 23 bilaterale Abkommen mit Schiedsgerichtsklauseln mit unterzeichnet.
(Beifall bei der FDP)
Natürlich können sich politische Positionen ändern; aber Politik ist auch dazu da, Planbarkeit herzustellen, und verpflichtet zu Verlässlichkeit. Die Unternehmen und die Menschen, die in diesem Land den Wohlstand erwirtschaften, rechnen im wahrsten Sinne des Wortes damit. Da bedarf es nicht simpler Ideologie, sondern hier muss einfach Sachverstand eingesetzt werden.
Sie unterschlagen in Ihren Anträgen leider auch, dass in anderen Staaten nicht die Art von Rechtsstaatlichkeit und Gerichtsbarkeit herrscht, die wir hier in Deutschland kennen. Diese Abkommen schützen deutsche Unternehmen, und sie schützen auch vor staatlicher Willkür. Gerade den mittelständischen Unternehmen eröffnet die Schiedsgerichtsbarkeit einen einfachen und kostengünstigen Zugang. Sie sprechen hier von „Schiedstribunalen“ und „Konzernschiedsgerichten“. Das Wording verrät mir hier bereits den Geist Ihrer Gedanken.
Sie lehnen den heutigen Investitionsschutz ab. Wir sind aber der Ansicht, dass er die Rechte von deutschen Unternehmen im Ausland schützt. Hier geht es einzig und allein um Rechtssicherheit. Ich weiß, Sie sehen das ein bisschen anders: Sie wollen am liebsten sofort raus aus allen bestehenden Verträgen. Aber Sie legen – das hat der Herr Töns eben schon gesagt – die Maßstäbe so hoch an, dass bei mir der Eindruck erweckt wird, dass Sie Freihandelsabkommen mit Investitionsschutz eigentlich überhaupt nicht wollen, und deswegen legen Sie die Messlatte so hoch, dass alle nur noch untendrunter durchlaufen können.
(Beifall bei der FDP)
Auch die Äußerungen von Ihrem Fraktionschef Toni Hofreiter gehen genau in die gleiche Richtung, wenn er sagt, die EU dürfe künftig nur noch Handelsabkommen abschließen, in denen die Nichteinhaltung der Klimaschutzziele an Sanktionen gekoppelt ist. Sie, liebe Grünen, wollen Freihandel nur, wenn er in Ketten gelegt ist.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Klimaschutz ist also Ketten für Sie! Das ist ja verräterisch! Danke für den Hinweis! Das ist einfach deutlich geworden: Für die FDP ist Klimaschutz Ketten! Ich werde Sie zitieren!)
Hier geht es schlicht und ergreifend um Investitionsschutz. Seien Sie doch einmal so ehrlich und sagen Sie den Leuten da draußen: Wenn es keinen Freihandel gibt, dann gibt es auch keine Arbeitsplätze; die gehen dann nämlich verloren. Der Wohlstand bleibt auf der Strecke, und damit gibt es erst recht kein Geld für den Klimaschutz, der uns allerdings allen wichtig ist.
(Beifall bei der FDP – Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So wichtig, dass Sie nichts dafür tun!)
Können Sie denn sicherstellen, dass mit den Maximalanforderungen, die Sie hier ansetzen und die Sie den anderen Ländern abverlangen, überhaupt noch Freihandelsabkommen zustande kommen? Das ist doch im Prinzip eine Verhinderungstaktik. Ich finde das anmaßend, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Ich begrüße es ausdrücklich, dass Sie nun in Ihrem vorgelegten Antrag einen multilateralen Investitionsgerichtshof unterstützen; denn das ist ja auch unser Ziel. Ich frage mich aber natürlich auch, wie irgendein Land den von Ihnen angedachten grünen Gerichtshof anerkennen soll. Die Standards – das haben wir gerade schon gesagt –, die Sie anlegen, verhindern meines Erachtens komplett ein Zustandekommen.
Machen wir uns nichts vor: Es wird noch zehn Jahre dauern, bis der MIC überhaupt funktionsfähig ist. Dann müssen wir uns doch die Frage stellen: Was machen wir denn in der Zwischenzeit? Wollen wir jetzt alles aufgeben? Wollen wir die Unternehmen ins kalte Wasser schmeißen?
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die armen Unternehmen!)
– Sie würden doch am liebsten alle in die Wüste treiben; das ist mir schon klar. Dann müssen Sie sich aber überlegen, wo die Leute demnächst ihre Arbeit finden.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Die Konzerne müssen wir in die Wüste schicken!)
– Das ist ja Ihr Problem. Sie hier reden hier immer nur von Konzernen. Ich rede hier von mittelständischen Unternehmen, also bitte.
Was bereits an zahlreichen Verbesserungen unternommen worden ist, darf man hier nicht ignorieren. Wir schlagen in unserem Antrag vor, dass das System der Abkommen besser werden muss. Das heißt, die Investitionsschutzabkommen müssen verbessert werden. Wir brauchen transparentere Verfahren. Es muss die Möglichkeit von Revisionsentscheidungen geben. Die Richter müssen unabhängiger werden, und wir brauchen natürlich auch die Möglichkeit der Einführung von Berufungsinstanzen.
Ich sage es noch einmal: Wer Freihandel will, der darf es jetzt nicht nur bei Worten belassen. Arbeiten wir an einer Verbesserung und Weiterentwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit, statt bewährte Systeme infrage zu stellen.
(Beifall bei der FDP)
Damit geben wir den Unternehmen ein Zeichen, dass sie sich von der Politik nicht im Stich gelassen fühlen müssen, sondern sie Investitionen planbar gestalten und somit Arbeitsplätze sichern können.
Auch wenn Sie es mir nicht glauben: Ich wünsche Ihnen allen frohe und gesegnete Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ich freue mich auf die Debatten im nächsten Jahr mit Ihnen.
Danke schön.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marianne Schieder [SPD]: Warum sollten wir Ihnen das nicht glauben?)
Vielen Dank, Frau Kollegin Weeser. Ich weiß nicht, warum wir Ihnen das nicht glauben sollten. Ich glaube Ihnen das. Danke schön.
Nächster Redner für Die Linke: Pascal Meiser.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307850 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 72 |
Tagesordnungspunkt | Multilateraler Gerichtshof |