14.12.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 72 / Tagesordnungspunkt 13

Tobias PeterkaAfD - Strafschärfung bei Rückfall

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Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Vorliegender Gesetzentwurf soll die Strafschärfung bei Rückfall wieder einführen; denn nachdem wir in Deutschland Jahrhunderte – mit mehreren Staatsformen und schlimmen Rückschlägen – gebraucht haben, um einen anerkannten Rechtsstaat zu erreichen, sind wir dabei, alles wieder – freiwillig – aus dem Fenster zu werfen. Jeder, der nicht beide Augen zukneift, kann dies live verfolgen. Es wäre auch viel zu sagen zu dem Dunkelfeld, in welchem sich auch das Zivilrecht und das öffentliche Recht in diesem Land bewegen, die oft nur noch ein Schulterzucken wert sind. Aber hier soll es jetzt um das Strafrecht gehen, um die Strafzumessung.

Wieder eingeführt werden soll in verfeinerter Form der § 48 StGB, übrigens damals auf den Weg gebracht von der sozial-liberalen Koalition – nur falls hier nachher wieder der ganz billige historische Holzhammer auf den Weg gebracht werden soll.

(Beifall bei der AfD – Dr. Jürgen Martens [FDP]: Das ist doch falsch! Der ist vom 25.06.1969! Und das war die Große Koalition! – Abg. Dr. Jürgen Martens [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Frage oder Bemerkung vonseiten der FDP?

Nachher dann gerne.

Gut.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nach Weihnachten, oder was? – Niema Movassat [DIE LINKE]: Jetzt oder nicht!)

Als Intervention gerne. – Wir wählen hier eine Drei-Strikes-Lösung. Viele US-Bundesstaaten fahren dieses Modell, zum Teil noch sehr viel härter ausgeprägt und im Übrigen erfolgreich. Ähnliche Regelungen gibt es auch in vielen EU-Staaten. Eine Gesellschaft mit galoppierender Eigentums- und Gewaltkriminalität muss den Abschreckungs- und Sühneaspekt in ihrem Strafrecht hochhalten, um nicht jeden Respekt einzubüßen.

Ich rede bei der alltäglichen Kriminalität nicht über die Statistiken im Hellbereich, die Sie sicher gleich anführen werden. Ich rede von dem Ladenbesitzer, der gar keinen Diebstahl mehr anzeigt, weil er ohnehin eine Flatrate mit seiner Versicherung ausmachen musste. Ich rede von überfallenen Einwohnern gekippter Stadtteile, die noch auf dem Boden liegend abwinken und gar nicht erst zur Polizei gehen.

(Beifall bei der AfD)

Tagtäglich wird unser Rechtsstaat verletzt. Er wird verächtlich gemacht,

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Ihnen! Von der AfD! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Sie machen den Rechtsstaat verächtlich!)

weil er für schwach gehalten wird, weil er inzwischen auch schwach geworden ist. Wenn in kleinen Städten die Polizei ihren Praktikanten schon nicht mehr mitteilt, wie viele Streifenwagen sie besetzen können, weil dies für Ablenkungsmanöver benutzt werden kann,

(Dr. Jürgen Martens [FDP]: Können Sie mal zur Sache sprechen?)

dann ist dies ein Zeichen für allgemeine Freibeuterstimmung. Nicht nur, aber gerade in Parallelgesellschaften gilt: Greife zu, wer kann! Sonst ist vielleicht bald nichts mehr übrig von dem schönen, wehrlosen Beutestaat.

(Beifall bei der AfD)

Und wenn die verbliebenen Polizisten den Eindruck haben, dass ihre Zugriffe ohnehin nichts bringen, weil der fünfzehnfache Ladendieb morgen wieder frei herumläuft und auch der Totschläger nach drei Zuckerfesten wieder frei ist, dann sinkt die Moral auf Dienst nach Vorschrift, und zwar bestenfalls.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da klatscht nicht mal die AfD!)

Das Gesetz, das hier als Entwurf vorliegt, löst ab der dritten Tat eine erhebliche Strafschärfung aus. Das Tatschuldprinzip ist berücksichtigt; dies ist auch bereits verfassungsrechtlich bestätigt worden.

(Ingmar Jung [CDU/CSU]: Ja, ja!)

„Drei Strikes und du bist raus“, das ist ein Merksatz, den jeder Straftäter im Hinterkopf behalten kann und auch im Hinterkopf behalten wird, wenn der neue Paragraf kommt. Gerade kleine Verstöße werden nicht mehr als „erlaubt“ oder als „schadet keinem“ angesehen; denn nun schaden sie irgendwann dem Täter: mit zwingender erheblicher Freiheitsstrafe.

(Beifall bei der AfD – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie die Parteienfinanzierung oder so was Ähnliches?)

Was schwere Delikte angeht, ist vor allem das richterliche Ermessen einzuschränken. Oft wird hier der Täter zum Opfer gemacht, wird auf Teufel komm raus auch die x-te Chance noch vergeben. Rehabilitation in allen Ehren, aber irgendwann geht die unschuldige Restgesellschaft einfach vor.

(Beifall bei der AfD – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wollen Sie die Gewaltenteilung aufgeben?)

Bei Verbrechen gegen gleichartige Rechtsgüter sind beim dritten Strike fünf Jahre Mindeststrafe vorgesehen, bei Verbrechen gegen die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die sexuelle Selbstbestimmung zehn Jahre. Und kommen Sie mir jetzt nicht mit spektakulären Fällen, bei denen dieses Maß ohnehin überschritten sein mag! Es geht uns hier gerade um die alltäglichen kleinen und mittleren Erschütterungen unseres Rechtsstaats; diese zermürben uns, diese lassen die Bürger resignieren oder vielleicht auch sich bewaffnen.

(Dr. Jürgen Martens [FDP]: Das fördern Sie ja!)

– Möglicherweise leben Sie in Vierteln, wo man sich noch ziert, den Sperrmüll einmal einen Tag früher rauszustellen. Hier geht es aber um Tätergruppen, die unseren Staat als dekadent und zahnlos feiern, die dabei sind, unsere ganze Zivilgesellschaft auf den Sperrmüll zu werfen. Und glauben Sie mir: Der Abholtermin ist nicht mehr weit.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also, in Ihrem Viertel möchte ich auch nicht wohnen!)

Denken Sie an Ihre Redezeit.

Zum Abschluss noch: Der Attentäter von Straßburg wäre aufgrund von Vortaten in Baden-Württemberg, wenn diese Regel gelten würde, derzeit im Gefängnis, drei Menschen würden noch leben. Das gebe ich Ihnen über die Feiertage mal zum Nachdenken mit.

Denken Sie an Ihre Redezeit.

Vielleicht hilft es ja was.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Erst mal selber denken!)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Ingmar Jung.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7307864
Wahlperiode 19
Sitzung 72
Tagesordnungspunkt Strafschärfung bei Rückfall
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