Grigorios AggelidisFDP - Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich die Ankündigung zu diesem Antrag gelesen habe, habe ich mich sehr gefreut, weil ich dachte: Das sind gute und wichtige Themen, die wir besprechen müssen. – Schon bei der Überschrift wurde mir aber leider klar: Sie mixen unglücklicherweise verschiedene Themen zusammen, sodass eine klare Lösung bzw. Empfehlung eher schwer möglich ist. Leider hat sich dieser Eindruck auch beim Durchlesen bestätigt. Kita und Jugendhilfe, Teilzeit, Altersarmut, alles in einem Antrag. Die Zuständigkeiten wurden hier schon erwähnt, egal ob Land, Bund, Kommunen, Tarifpartner.
Trotzdem bin ich dankbar, dass wir dadurch heute noch einmal über die Probleme in diesem Bereich sprechen können. Die Vorredner, interessanterweise auch die Vorredner der Großen Koalition, haben an sich ja auch bestätigt, dass sie erkannt haben, worin eigentlich die höchste Priorität liegen sollte und worin die besondere Herausforderung liegt, nämlich in der Qualität. Wenn wir über Qualität reden, ob das jetzt im Kita-Gesetz ist – ich vermeide ganz bewusst das Adjektiv davor – oder ob es in der Jugend- und Kinderhilfe ist, dann muss man sagen: Die Qualität hängt mit dem Personal und mit der Ausstattung des Arbeitsumfeldes für dieses Personal zusammen.
(Beifall bei der FDP)
Fangen wir mit dem Kita-Gesetz an. Als in der letzten Sitzung des Familienausschusses das Gesetz überraschend wieder von der Tagesordnung gestrichen wurde, keimte zumindest die Hoffnung auf, dass die GroKo tatsächlich aus der Ohrfeige der Experten lernen würde, verstehen würde, dass vor allem die Steigerung der Qualität durch die Investition in Erzieherinnen und Erzieher, in Personal ihre dringendste Pflicht gewesen wäre. Am Dienstagabend kam aber mit dem Änderungsantrag der Koalition die Ernüchterung. Gedacht wird bei dieser Regierung nach wie vor offensichtlich nur in Schaufensterkonzepten, damit hauptsächlich die SPD aus ihrem Umfragetief herausgeholt werden kann.
(Beifall bei der FDP)
Wie übrigens aus unserer Kleinen Anfrage zur Situation von Erzieherinnen und Erziehern hervorgeht, weiß die Regierung ganz genau, worauf die schlechte Gesundheit der Fachkräfte und die kurze Verweildauer zurückgehen. Das Arbeitsumfeld und die Arbeitsbelastung tragen dazu massiv bei. Hilfe haben die Erzieherinnen und Erzieher aber von diesem Gesetz leider nicht zu erwarten. Besonders gravierend ist das Ganze, weil diese Situation seit langem bekannt ist, aber dennoch kein Wille und kein Interesse da zu sein scheint, die richtigen Prioritäten zu setzen. Aus unserer Sicht ist das peinlich und unverantwortlich.
(Beifall bei der FDP)
Wer dem Fachkräftemangel, egal ob nun in den Kitas oder in der Kinder- und Jugendhilfe, entgegenwirken will, der muss, gerade wenn es nicht in unsere Zuständigkeit, in die des Bundes fällt, besonders darauf achten, dass das Geld prioritär in die Bereiche fließt, in denen es besonders gebraucht wird, und darf es nicht mit der Gießkanne verteilen, wie es bei Ihnen der Fall ist.
(Beifall bei der FDP)
Insofern ist auch der Ansatz des Antrags richtig, dass wir uns genauere Daten beschaffen müssen, analysieren müssen, woran es liegt, wie wir weiterkommen. Wir brauchen Fakten und müssen eine langfristige Strategie ausarbeiten. So würde eine Regierung auch verantwortungsbewusst handeln. Aber was wir im Endeffekt hier sehen, ist leider nur Stückwerk und vor allem eine Gießkanne, die das meiste Geld in die Richtung beitragsfreier Kitas lenkt. 40 Millionen Euro geben Sie für eine Fachkräfteoffensive aus. Wenn Sie sich das in Relation zu den Geldern ansehen, die dort fließen, dann kann man nur sagen, dass das lächerlich ist.
(Beifall bei der FDP)
Aber noch einmal zu Ihrem Antrag: Sie packen in die wichtigen Bereiche Dinge wie – letzter Gedanke, Herr Präsident –: generelle Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen, Eindämmung unfreiwilliger Teilzeit. Da legen Sie sich nicht fest oder sagen: Wer legt eigentlich fest, was das ist? Usw. usw. Dann fehlt nur noch ein Satz über den Mindestlohn, mit dem Sie sich in die Arbeit der Mindestlohnkommission einmischen würden.
Schade, dass Sie in einen vom Ansatz her guten Fachantrag ideologische Forderungen hineinschreiben. Die Kinder verdienen es besser. Ich hoffe, dass wir in den Beratungen im Ausschuss etwas Besseres zustande bringen, vor allem Richtung Qualität.
Vielen Dank und Ihnen allen schöne Feiertage!
(Beifall bei der FDP)
Katja Dörner, Bündnis 90/Die Grünen, ist die nächste Rednerin.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7307887 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 72 |
Tagesordnungspunkt | Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe |