Lukas KöhlerFDP - Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachhaltigkeit ist gut für alle. So ähnlich denkt jeder über diesen Begriff, der ihn hört oder liest.
(Zurufe von der Tribüne)
Ganz kleinen Moment bitte. Ich halte die Uhr an. – Ich bitte, die Ordnung auf der Besuchertribüne herzustellen.
Herr Dr. Köhler, Sie haben das Wort. Die Uhr läuft weiter.
Nachhaltigkeit ist gut für alle, und Demokratie sollte gelebt werden; das haben wir gerade gelernt. Ich finde es gut, dass wir uns gemeinsam mit der Bevölkerung auch mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Ich glaube, das muss das Leitprinzip unserer Debatte hier im Bundestag sein. Das Ziel, das wir mit dem PBnE, dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung, verfolgen, muss sein, das Thema Nachhaltigkeit, die Sustainable Development Goals und die Agenda 2030 mit einer breiten Debatte in der Öffentlichkeit zu verknüpfen; denn – ich hatte es anfangs erwähnt – Nachhaltigkeit ist gut für alle, Zukunft aber auch.
Wir müssen von den Plattitüden wegkommen. Wir müssen darüber diskutieren, was die Zukunft der Nachhaltigkeit eigentlich bedeutet. Wir müssen darüber diskutieren, welche Punkte wir in Angriff nehmen müssen, was wir aufnehmen müssen. Es ist eine zentrale Aufgabe des Gesetzgebers, die Widersprüche und vor allen Dingen die Zielkonflikte, die in den SDGs und in der Nachhaltigkeitsagenda stecken, aufzugreifen und aufzulösen.
Meine Damen und Herren, der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt aus der Forstwirtschaft. Er geht auf Carl von Carlowitz aus Chemnitz zurück. Er hat ihn in einer Situation aufgegriffen, in der der Wald dazu genutzt wurde, wirtschaftliche Erträge zu bringen, aber natürlich weiterhin eine prosperierende Landschaft bleiben sollte. Es stellt sich die Frage, wie viele Bäume heute in Sachsen ohne Carl von Carlowitz noch stehen würden.
Unsere zentrale Aufgabe, mit der wir uns als Gesetzgeber beschäftigen müssen, ist es, Widersprüche und Zielkonflikte aufzulösen. Es ist zum Beispiel ein Widerspruch, den globalen Hunger bekämpfen zu wollen und gleichzeitig gegen Grüne Gentechnik zu sein.
(Beifall des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD] – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist falsch!)
Es ist ein Widerspruch, unsere öffentlichen Haushalte zukunftsfest und enkelfit gestalten zu wollen und in der Rentenpolitik weiter Sozialgeschenke zu verteilen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Es ist ein Widerspruch, die Energiepolitik ausstoßfrei denken zu wollen, aber gleichzeitig bei der Kernfusion nicht voranzukommen oder sie ganz abzulehnen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Meine Damen und Herren, diese Konflikte sind lösbar. Wir können sie in diesem Haus gemeinsam angehen, und zwar durch kluge Regelsetzung. Gerade als Politik sollten wir der Zivilgesellschaft mehr zutrauen. Wir sollten auch unseren Tüftlern, unseren Ingenieuren und den Erfindern in diesem Land Innovationen ermöglichen, die dazu führen, dass eine nachhaltige und zukunftsgewandte Welt geschaffen wird.
(Beifall des Abg. Frank Müller-Rosentritt [FDP])
Um Nachhaltigkeit in ihrem alten Sinn neu zu interpretieren, müssen wir auf moderne Technologien setzen. Dann gewinnen wir Effizienz.
(Beifall bei der FDP)
Die Zukunft der Nachhaltigkeit liegt in der Verbindung von Natur und Technologie. Sie liegt in der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom CO 2 -Ausstoß. Sie liegt im Geoengineering und im Precision Farming. Sie liegt in der Landwirtschaft, zum Beispiel, indem wir Drohnen und Satellitenbilder nutzen, um den Einsatz von Pestiziden zu verringern. Sie liegt aber nicht nur im Naturschutz. Nachhaltigkeit wirklich zu leben, bedeutet, dass wir das Säulendenken beenden müssen. Das zeigt auch der Peer Review. Das Pariser Klimaabkommen, die SDGs und die Biodiversitätsagenda, die in den anderen Bereichen nicht gelebt wird, müssen zusammengedacht werden. Wir müssen Nachhaltigkeit auch in der Sozialpolitik berücksichtigen. Die 60 Indikatoren, die im Peer Review aufgegriffen werden, helfen uns dabei, zu evaluieren, welche Maßnahmen funktionieren und wohin es mittel- und langfristig gehen kann. Sie sind aber nur der erste Schritt, um eine gemeinsame Nachhaltigkeitsagenda als Leitbegriff zu entwickeln.
Wenn wir in unseren Begrifflichkeiten und bei den Zielen und Indikatoren klar sind und diese klug weiterentwickeln, wenn wir Widersprüchlichkeiten beseitigen und technologieoffen und technologiefreundlich sind, dann kommen wir ein gutes Stück bei unserem wichtigsten Nachhaltigkeitsziel, das den SDGs noch vorangeschaltet ist, weiter, nämlich den kommenden Generationen Chancen auf eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Vielen lieben Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die Fraktion Die Linke hat nun der Kollege Thomas Lutze das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7317804 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 74 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie |