Kay GottschalkAfD - Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wie Sie vielleicht mitbekommen haben – ich führe das aus –, hat die AfD am vergangenen Wochenende neben weiteren Kandidatenaufstellungen zur Europawahl auch ein Programm für die Europawahl verabschiedet. Ich beginne sehr wohl mit diesem Hinweis, weil diese Debatte über die Indexierung des Kindergelds für im Ausland lebende Kinder und Ihre Kritik ein wirkliches Paradebeispiel dafür sind,
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Wollen Sie die jede Woche führen?)
warum die Existenz und unser Wirken als AfD in den Parlamenten so wichtig ist.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
– Ja.
Lassen Sie mich vorab eine wichtige Sache klarstellen, bevor wir in diese Debatte eintauchen. Wir als AfD – ich sagte es vorhin schon – setzen uns für ein Europa der Vaterländer mit starken, souveränen Nationalstaaten ein, und wir sehen dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich des aktuellen, zentralistischen und undemokratischen Aufbaus der Europäischen Union.
(Beifall bei der AfD)
Wir sind also nicht, wie Sie es uns immer gerne andichten wollen, europafeindlich, nein, wir sind EU-kritisch, meine Damen und Herren.
(Marianne Schieder [SPD]: Was dann? Sie wollen es doch abschaffen, oder nicht?)
Das ist ein Unterschied, wenn Sie Europa und die EU gleichsetzen.
(Beifall bei der AfD)
Genau das ist Ihr mieser Taschenspielertrick, den Sie immer wieder anwenden,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind europafeindlich!)
um die Oberhoheit in der Diskussion zu haben.
Aber der Reihe nach. Diese Kritik ist absolut notwendig – ich sagte es bereits –; denn dieses Gesetz, das die Indexierung des Kindergeldes betrifft, möchte ich im Folgenden hier darstellen. Ich zitiere aus unserem Gesetzentwurf:
Nach Art. 67 VO (EG) 883/2004 gilt: Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, „als ob“
– hören Sie genau zu: „als ob“! –
die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Kinder müssen daher so gestellt werden, „als ob“ sie in Deutschland leben.
Genau diese „als ob“-Formulierung ist nun Anstoß für berechtigte Kritik und eine berechtigte Diskussion in der Angelegenheit. So ist zum Beispiel – ich darf ihn nennen – Ihr sogenannter EU-Haushaltskommissar Oettinger von der CDU, auch gegen viele Stimmen aus Ihren eigenen Reihen, liebe Kollegen von der Union – man höre und staune –, vor allem aber auch entgegen der bayerischen Landesregierung, die bereits am 8. Juni eine fast gleichlautende Gesetzesinitiative, die unserem Gesetzentwurf stark ähnelt,
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Andersrum vielleicht!)
in den Bundesrat eingebracht hat, der Meinung, dass diese „als ob“-Regelung keine Indexierung zulässt. Nochmals: Herr Oettinger setzt sich damit in einen krassen Widerspruch zur bayerischen Landesregierung. Meine Damen und Herren, im Klartext heißt das: Sie von der CDU/CSU – bei Ihnen wundert es mich nicht, verehrte Kollegen von der SPD – wollen, dass ein Nationalstaat nicht mehr frei über seine Transferleistungen und Sozialleistungen entscheiden kann.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Blödsinn!)
Hier wird wieder ein Stück der sozialen Transferunion Ihres Super-Europas aufgebaut, und dagegen wehren wir uns, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Kindergeld ist überhaupt keine Transferleistung! Lesen Sie mal Ihren eigenen Gesetzentwurf! Da steht das drin!)
Laut „Focus“-Bericht vom 15. Januar 2019 – hören Sie gut zu! – werden bereits über 400 Millionen Euro Kindergeld auf ausländische Konten überwiesen – wohlgemerkt: auf ausländische Konten. Die Behörden geben leider keine Auskunft darüber, wie viel Kindergeld von deutschen Konten ins Ausland abfließt. Das heißt, der Betrag, der insgesamt ins Ausland abfließt, dürfte weitaus höher liegen als 400 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, das ist familienpolitisch eine Farce. Wir als AfD werden das nicht hinnehmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ziemlich pauschal!)
Folgen Sie doch dem Beispiel Österreichs, uns und dem Beispiel der bayerischen Landesregierung; denn auch Österreich möchte – genau wie wir als AfD – die Kindergeldzahlungen für im Ausland lebende Kinder indexieren. So sagt die österreichische Familienministerin, Frau Bogner-Strauß von der ÖVP – Ihre Schwesterpartei, wenn ich mich nicht täusche, meine Herren von der CDU/CSU –,
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das war mal!)
dass eine solche Indexierung sehr wohl im Einklang mit dem Europarecht steht. Sie bezieht sich hier auf die Position der EU-Kommission, welche besagt, dass Mitgliedstaaten über die Zuerkennung und die Berechnungsmethode von Familienleistungen selbst entscheiden dürften. Sie können sich den Gesetzentwurf nochmals anschauen und werden feststellen: Er ähnelt in den meisten Teilen dem, der bereits am 8. Juni von der CSU eingebracht wurde.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das geht nur mit Zustimmung der EU!)
Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Innerhalb der Gemeinschaft ist es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, Ansprüche der sozialen Sicherheit vom Wohnort der betreffenden Person abhängig zu machen; in besonderen Fällen jedoch – vor allem bei besonderen Leistungen, die an das wirtschaftliche und soziale Umfeld … gebunden sind – könnte
– „könnte“, das ist Konjunktiv –
der Wohnort berücksichtigt werden.
Es liegt also schlichtweg an Ihnen, meine Damen und Herren von der Union, sich nicht pausenlos hinter dem EU-Recht zu verstecken, weil Sie keinen Mumm oder – auf gut Deutsch – keinen Hintern in der Hose haben. Bekennen Sie sich zum Selbstbestimmungsrecht eines Staates über seine Sozialleistungen und damit auch dazu, über das Geschick der Menschen, die hier Werte schaffen, zu entscheiden!
Bei der Debatte zum Soli haben Sie eine ähnliche Position eingenommen wie bei diesem Thema. Das hat schon kein gutes Licht auf die Kollegen der Union geworfen.
Herr Gottschalk, achten Sie bitte auf die Zeit.
Sehr gerne. – Folgen Sie daher dem sehr gut durchdachten Gesetzentwurf der AfD – Sie würden nämlich sonst auch der bayerischen Landesregierung attestieren, sie hätte etwas handwerklich Falsches geliefert –, und stimmen Sie für eine Indexierung des Kindergeldes!
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun der Kollege Johannes Steiniger.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7317818 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 74 |
Tagesordnungspunkt | Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen |