Markus HerbrandFDP - Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat immer die gleiche Leier. Schon wieder steckt ein Vorschlag der AfD voll verdrehter und auch verkürzter Fakten. Die AfD verpackt in der öffentlichen Darstellung das Thema „Indexierung von Kindergeld für EU-Ausländer“ in Behauptungen über vermeintlichen Sozialtourismus. Aber auch durch permanente und gebetsmühlenartige Wiederholungen wird ihr eintöniger Antrag weder korrekter noch seriöser und erst recht nicht zielführender.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es ist bedauerlich und zugleich in meinen Augen auch sehr aussagekräftig, dass die AfD abermals die geltende Rechtslage ganz bewusst ausblendet. Denn solange das geltende EU-Recht nicht geändert wird, ist eine Indexierung des Kindergeldes aus juristischer Sicht eine Diskriminierung von EU-Bürgern und damit schlicht rechtswidrig – ganz einfach. So schwer ist das eigentlich nicht zu verstehen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abgeordneten Jörg Cezanne [DIE LINKE])
Sie werden es nicht schaffen, meine Damen und Herren von der AfD, die FDP-Fraktion zu einem Abstimmungsverhalten zu bringen, das sehenden Auges die bestehende Rechtslage ignoriert. Das werden wir nicht mitmachen. Wir pflegen uns an die Rechtsordnung zu halten. Das mag bei Ihnen anders sein.
Weil Sie das Beispiel Österreich in diesem Zusammenhang so häufig anführen, möchte ich dazu auch zwei Punkte erläutern. Erstens hätten Sie wissen müssen, dass Österreich, weil es die Indexierung der Familienbeihilfe – so nennt sie sich dort – beschlossen hat, gerade ein Vertragsverletzungsverfahren droht. Sie spielen also auch da wieder wissentlich mit der Absicht, zur Durchsetzung Ihrer populistischen Forderungen gegen geltendes Recht zu verstoßen. Zweitens vergleichen Sie, wenn Sie die Systeme in Deutschland und Österreich – der Kollege hat auch schon darauf hingewiesen – miteinander vergleichen, Äpfel mit Birnen. In Deutschland haben wir das Kindergeld, das zweigeteilt ist. Zum Teil ist es die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung von Einkommensteilen der Eltern; der Betrag darüber hinaus ist eine Sozialleistung. In Österreich gibt es eine vom Einkommen der Eltern völlig unabhängige Familienleistung. Das sind also Dinge, die nicht miteinander zu vergleichen sind. In Deutschland steht auch zumindest die verfassungsmäßige Freistellung für eine Indexierung überhaupt nicht zur Verfügung; das geht ja gar nicht.
Es ist schade, dass Sie verpassen, zu erwähnen, was man wirklich machen kann und auch muss, ohne Recht zu brechen, indem man einfach nur bestehendes Recht konsequent durchsetzt und möglicherweise auch anpasst. Der Kollege Steininger hat darauf hingewiesen: Wir müssen gegen Betrüger vorgehen, die beispielsweise mit Urkundenfälschung Kinder erfinden, um Kindergeld zu kassieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es muss dafür gesorgt werden, dass hier in Deutschland geeignete und auch bestehende Kontrollmechanismen umgesetzt und bei Bedarf angepasst werden.
Von diesen Betrugsfällen findet sich bei Ihnen kein Wort – und auch kein Wort über die Kinder deutscher Staatsbürger im Ausland, die von Ihrem Gesetzentwurf ebenfalls betroffen wären, oder von Fällen, bei denen die Indexierung zu Mehrkosten führt, weil es sich um Länder mit höheren Lebenshaltungskosten handelt. Kein Wort! Das ist alles sehr scheinheilig und dient aus meiner Sicht vor allen Dingen der Stimmungsmache gegen Ausländer.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Meine Damen und Herren der AfD, mit diesem Antrag wollen Sie das EU-Recht brechen. Schon deshalb lehnen wir den Antrag natürlich ab. An anderer Stelle, wenn es um die Migration und die Dublin-Verordnung geht, fordern Sie die Einhaltung europäischen Rechts. Sie biegen sich das Recht, wie es Ihnen passt.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Oh Gott!)
Damit legen Sie die Axt an die Rechtsstaatlichkeit in Europa.
(Lachen bei der AfD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Die alte Leier!)
– Das scheint Sie sehr zu treffen.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wahnsinnig! Mein Gott!)
Seit Ihrem Europaparteitag letzte Woche wissen wir zudem, dass Sie demokratische Institutionen wie das EU-Parlament abschaffen wollen.
Meine Damen und Herren, als Rechtsstaatspartei, die demokratische Werte hochhält, lehnt die FDP eine solche Politik natürlich ab – wie den Antrag auch.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Das Wort hat der Abgeordnete Michael Schrodi für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 74 |
Agenda Item | Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen |