Saskia EskenSPD - Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das offene und freie Web ist in Gefahr, es ist höchste Zeit für eine Rettungsmission. – Das haben nicht die Freifunker gesagt, auch wenn sie es hätten sagen können, sondern Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, in Lissabon. Berners-Lee sieht seine Idee tatsächlich bedroht, und zwar von zwei Seiten: auf der einen Seite vom wachsenden Überwachungs- und Kontrollbedürfnis des Staates und auf der anderen Seite von der immer weiter um sich greifenden Kommerzialisierung des Netzes, das einst auf Freiheit, Offenheit und Dezentralität begründet wurde.
(Unruhe)
Hunderte von Freifunk-Initiativen in Deutschland – meine sehr verehrten Damen und Herren, die Unterstützer dieser Freifunk-Initiativen hören uns wahrscheinlich gerade zu; es wäre schön, wenn auch Sie zuhören würden –, setzen genau da an. Sie organisieren freie, offene und lokale, dezentrale Netze, und zwar in Bürgerhand. Freifunk-Initiativen haben – wir haben es gehört – schon zahllose Jugendhäuser, Schulen, Unterkünfte für geflüchtete Menschen, aber auch Rathäuser mit einem lokalen Netz versorgt. Sie laden zum Mitmachen und Gestalten ein. Dabei lernt man eine Menge über die Technik des Netzes, aber auch über Themen wie Datenschutz und ‑sicherheit. Wir haben in den letzten Tagen erfahren, wie wichtig diese Kenntnisse sind. Damit leisten Freifunk-Initiativen unbestreitbar einen wertvollen Beitrag zur digitalen Souveränität. Das alles machen Freifunker nicht beruflich; das machen sie in ihrer Freizeit – ehrenamtlich, wie man so schön sagt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, seien wir ehrlich: Gemeinnütziger geht es kaum.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist an der Zeit, dass wir das zivilgesellschaftliche Engagement dieser Initiativen nicht länger nur in Sonntagsreden wertschätzen. Es ist an der Zeit, dass wir Freifunker von bürokratischen Lasten befreien und für ihre Rechtssicherheit sorgen, vor allem in Steuerfragen. Deshalb ist es an der Zeit – die SPD setzt sich seit langem dafür ein –, dass wir die Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen nicht nur politisch, sondern eben auch staatlich anerkennen.
(Beifall bei der SPD)
In der vergangenen Legislatur – so viel muss zur geschichtlichen Wahrheit vielleicht noch beigetragen werden – ist unsere entsprechende Initiative am Widerstand des Koalitionspartners, an der Verschleppung durch den Koalitionspartner gescheitert.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Oh! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Völlig falsch!)
Jetzt ist es uns aber gelungen, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk und ähnlichen vergleichbaren Initiativen in den Koalitionsvertrag aufzunehmen; und wir werden das auch umsetzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Manuel Höferlin [FDP] – Manuel Höferlin [FDP]: Sie stellen ja den Finanzminister!)
Die FDP legt heute einen Antrag zu diesem guten und wichtigen Vorhaben vor. Sie hat sich zwar nicht die Arbeit gemacht, einen eigenen Antrag zu schreiben; aber man kann sich ja durchaus an guten Beispielen orientieren.
(Manuel Höferlin [FDP]: Wir haben es im Land schon gemacht!)
Sie bezieht sich auf den Gesetzentwurf des Bundesrats, den die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ja auch ausdrücklich begrüßt. Doch das allein reicht natürlich nicht.
Liebe Freifunker, wir stehen zu unserem Wort. Wir verwandeln unsere politische Anerkennung eurer Gemeinnützigkeit endlich in staatliche Anerkennung. Die Gesetzesinitiative, die unser Finanzminister Olaf Scholz angekündigt hat, muss jetzt zügig ins Kabinett und dann zur Umsetzung kommen. Ich kann die Fraktion der FDP insofern nur einladen, uns die formale Ablehnung ihres Antrags nicht übel zu nehmen und sich unserem Vorhaben anzuschließen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 19/6490 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Allerdings ist die Federführung strittig. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD wünschen Federführung beim Finanzausschuss. Die FDP wünscht Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda.
Ich lasse zunächst abstimmen über den FDP-Vorschlag, Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda. Wer stimmt dafür? – Das sind AfD, FDP und Die Linke. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Koalition sowie die Fraktion der Grünen. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Überweisungsvorschlag abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Überweisungsvorschlag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, also Federführung beim Finanzausschuss. Wer stimmt für diesen Vorschlag? – Das sind die Koalition und die Grünen. Wer stimmt dagegen? – AfD, FDP und Die Linke. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Überweisungsvorschlag angenommen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 8 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur (15. Ausschuss)
Die Reden sollen alle zu Protokoll gegeben werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung; es wäre schön, wenn Sie dazu noch hierblieben. Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/7084, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/5421 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung angenommen.
Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Das sind wiederum alle. Auch das ist einstimmig, keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist angenommen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7317929 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 74 |
Tagesordnungspunkt | Gemeinnützigkeit von Freifunk-Initiativen |