Lothar MaierAfD - Aktuelle Stunde/Aktuelle Entwicklungen in Venezuela
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind Zeugen einer Tragödie, die sich in Venezuela abspielt und schon etliche Jahre andauert, die sich nun so zuspitzt, dass sogar von der Gefahr eines Bürgerkriegs die Rede ist. Ausgerechnet eine Regierung, die sich auf Simon Bolivar beruft, hat es geschafft, eine zuvor prosperierende Nation so an die Wand zu fahren, dass sie auch in vielen Jahren besserer Regierung nicht wiederherzustellen ist.
Das Land ist seit Jahren außerstande, sich selbst zu ernähren. Selbst das Grundnahrungsmittel, der Mais für die Arepas – sie haben die gleiche Bedeutung wie die Tortillas in Mexiko –, muss importiert werden. Die Agrarwirtschaft ist vernichtet. Wenn Sie früher von Caracas in geringer Flughöhe nach Süden geflogen sind, dann sahen Sie gigantische kreisförmige Felder, bewässert von sich wie im Uhrzeigersinn bewegenden Bewässerungsanlagen. Das existiert alles nicht mehr. Das ist stillgelegt. Die Preise, die die Regierung für die Produkte, die dort erzeugt wurden, zulässt, erlauben den Betrieb nicht mehr.
Die Privatindustrie, soweit sie existiert hat, ist weitestgehend vernichtet. Es hat ja niemand mehr Geld, um etwas zu kaufen. Auch der Tourismus ist zusammengebrochen. Vor allem: Das Land entleert sich. Die Zahl der Venezolaner, die nach Kolumbien geflüchtet sind, hat die Millionengrenze längst überschritten. Eine große Zahl von Venezolanern hat in anderen südamerikanischen Staaten Zuflucht gesucht.
(Ulrich Lechte [FDP]: Insgesamt 3,5 Millionen!)
Sie haben auf diese Weise bereits eine internationale Dimension des Konfliktes hergestellt. Kolumbien ist in den Grenzprovinzen zu Venezuela destabilisiert. Die kolumbianische Guerilla hat dort für ihre Zwecke venezolanische Flüchtlinge rekrutiert. Der Drogenhandel hat sich enorm ausgeweitet. Das Land hat sich in ganz Südamerika weitgehend isoliert.
Worin kann denn nun die Hoffnung auf eine Besserung bestehen? Manche sagen, wir hoffen, dass das Militär die Regierung Maduro stürzt – oder auch das Gegenteil davon. Warum soll einer von diesen vielen venezolanischen Generälen, die der Kollege Hardt erwähnt hat, denn eine andere Haltung einnehmen als jetzt? Ein venezolanischer General verdient im Monat – halten Sie sich fest! –: 20 000 Dollar. Das Militär ist gekauft, der Geheimdienst ist gekauft. Und das sind nicht die einzigen Kräfte, für die das gilt. Es gibt die reguläre Polizei, und es gibt die sogenannten bolivarianischen Milizen, die viel wichtiger sind und dort Terror machen.
Es gibt viele Angehörige der früheren Mittelschicht, auch des Proletariats, die üppig aus den Öleinnahmen beschenkt worden sind: Der Präsident schenkt mir eine Wohnung. – Das war einer der Hauptpropagandatitel des Regimes. Es sind Zehntausende Wohnungen an Anhänger der Revolution verschenkt worden, in denen jetzt Hunderttausende wohnen. Sie sind natürlich Parteigänger des Regimes – zumindest solange sie in ihren Wohnungen sitzen und noch etwas zu beißen haben; aber auch das wird nicht mehr sicher sein.
Nun erklärt unser Außenminister, wir seien nicht neutral in dieser Frage. Nur: Wenn man nicht neutral ist, dann muss man intervenieren. Aber worin könnte denn die Intervention bestehen? Der Handel zwischen unseren beiden Ländern ist viel zu gering ausgeprägt, als dass er sich als Druckmittel eignen würde. Um Konten von irgendwelchen Politikern zu beschlagnahmen, fehlt wahrscheinlich die Rechtsgrundlage. Und Gott sei Dank müssen wir über eine militärische Intervention erst gar nicht nachdenken. Wir hätten schon gar nicht die Transportmittel, um ein paar Soldaten dort hinzuschaffen.
(Beifall bei der AfD)
Die deutsche Diplomatie hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Es ist ihr noch nicht einmal geglückt, den wahrscheinlich unrechtmäßig verhafteten deutschen Journalisten Billy Six wieder freizubekommen.
(Beifall bei der AfD)
Eine systematische Abstimmung von irgendwelchen Aktionen mit den USA hat nicht stattgefunden. Ich kann auch nicht erkennen, dass das mit den südamerikanischen, Venezuela gegenüber kritisch eingestellten Regierungen geschehen wäre. Herr Minister, Sie sollten uns schon besser erklären, was es heißt, nicht neutral zu sein.
(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: An der Seite des Rechts zu stehen!)
Welche Mittel haben Sie in Wirklichkeit zur Verfügung außer bloßen Appellen? Der bloße Appell genügt nicht.
(Beifall bei der AfD)
Herr Minister – der Minister ist noch da; er war gerade nicht zu sehen, ich dachte, er hätte sich schon aus dem Raum entfernt –,
(Leni Breymaier [SPD]: Da sitzt er doch!)
ich würde schon gerne wissen: Welche Mittel haben Sie, außer Appelle an Ihre Verbündeten oder an die lateinamerikanischen Regierungen zu richten? Ich kann nichts erkennen, was Sie tun könnten.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD – Leni Breymaier [SPD]: Fake News von der AfD!)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Dr. Andreas Nick.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7321909 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 76 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde/Aktuelle Entwicklungen in Venezuela |