Götz FrömmingAfD - Stärkung der Kultur im ländlichen Raum
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Motschmann, ich muss immer noch ein bisschen schmunzeln: Die CDU hat das Kinosterben entdeckt – so wie damals die Grünen das Waldsterben. Hoffen wir, dass es genauso gut ausgeht.
(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
„Deutschland ist eine Kulturnation“, so lautet der erste Satz im vorliegenden Antrag – eigentlich ein ganz harmloser, ja selbstverständlicher Satz, der sich übrigens wortwörtlich so auch im Grundsatzprogramm der AfD wiederfindet, aber angesichts der Unverschämtheiten, die wir uns dazu von der früheren Integrationsbeauftragten anhören mussten, doch ein recht erfreuliches Bekenntnis. „ Deutschland“, „Nation“ und „Kultur“ in einem Satz, und die SPD trägt das mit. Dazu, meine Damen und Herren, muss man Sie ja schon fast beglückwünschen.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)
Liest man den Antrag weiter, dann verflüchtigt sich dieser erste positive Eindruck sehr schnell: nichts Konkretes, oberflächliche Banalitäten, vage Absichtserklärungen und Allgemeinplätze. Aber dann kommt ein Satz, der aufhorchen lässt. Ich zitiere:
Die ländlichen Räume … bieten vielfältige Chancen und Möglichkeiten … für die Kultur- und Kreativwirtschaft.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dieser Satz, meine Damen und Herren, verrät einiges über Ihr Kulturverständnis, das offenbar ein sehr ökonomisches ist. Die Angestellten in dieser vom Steuerzahler übrigens hochsubventionierten Kultur- und Kreativwirtschaft sind die sogenannten Kulturschaffenden. „ Kulturschaffende“, meine Damen und Herren, was für ein dämliches Wort!
(Beifall bei der AfD)
Kultur, meine Damen und Herren, muss man nicht schaffen, und schon gar nicht muss der Staat die Kultur schaffen, Kultur schafft sich selbst.
(Michael Frieser [CDU/CSU]: So einen baren Blödsinn habe ich selten gehört! – Zuruf der Abg. Elisabeth Motschmann [CDU/CSU])
Und echte Kultur hat ihren Zweck auch in sich selbst – genauso wie ein Kunstwerk auch seinen Zweck immer in sich selbst hat. Lesen Sie das nach, zum Beispiel bei dem berühmten Ästhetiker Karl Philipp Moritz – falls Ihnen das was sagt –; da können Sie noch etwas lernen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Dieses Wort „Kulturschaffende“ hat übrigens eine interessante Geschichte: Es tauchte in den 20er-Jahren auf und erlebte eine Renaissance dann in der NS-Diktatur und auch in der DDR. Seine Verwendung war in diesen totalitären Systemen immer verbunden mit der Festlegung bestimmter politisch-gesellschaftlicher Aufgaben der Kulturschaffenden.
Meine Damen und Herren, seien Sie doch wenigstens ehrlich: Es geht Ihnen vorrangig doch gar nicht um die Bewahrung der bestehenden, über Jahrhunderte gewachsenen dörflich-ländlichen Kultur,
(Michael Frieser [CDU/CSU]: Es geht um Menschen!)
sondern um die Befriedigung der Interessen einer ganz bestimmten Klientel, die Kultur aus den urbanen Räumen nun aufs Land quasi exportieren soll.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Dazu nur ein Beispiel – weitere ließen sich leicht finden –: Unter Punkt 17 fordern Sie – ich zitiere –,
die Herausforderung der Nachhaltigkeit für den Kulturbereich herauszustellen sowie die Bedingungen für Integration und Inklusion in der Kultur voranzubringen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Genau! Das ist auch richtig so!)
Diese Signalwörter, die müssen dann die Kulturschaffenden in ihre Anträge schreiben, wenn sie gefördert werden wollen: „Nachhaltigkeit“, „Integration“, „Inklusion“.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
„Teilhabe“ gehört natürlich auch noch dazu – auch so ein neumodisches Signalwort.
Meine Damen und Herren, wir als AfD-Fraktion lehnen es ab, unter dem Vorwand der Kulturförderung die Menschen in den ländlichen Räumen umerziehen zu wollen.
(Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Michael Frieser [CDU/CSU] – Dagmar Ziegler [SPD]: Was Besseres fällt Ihnen auch nicht ein!)
Aber nun genug der Kritik; es gibt auch einige positive Punkte in Ihrem Antrag. Dass Sie den Denkmalschutz stärken wollen, alte Orgeln in Dorfkirchen sichern wollen, das finden wir sehr gut.
(Michael Frieser [CDU/CSU]: Ach, die schaffen sich doch selbst, die alten Orgeln!)
Eine Förderung der Hochkultur – Musik- und Literaturabende, Ausstellungen, Theater auf dem Land –, auch das unterstützen wir gerne, nicht aber, weil das Land etwa defizitär wäre, sondern weil Hochkultur und ländlicher Raum überhaupt keine Gegensätze sind, sondern schon seit dem Mittelalter sehr gut zusammenpassen und zusammengehören.
(Michael Frieser [CDU/CSU]: Hat nie jemand anders behauptet!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend noch ein Wort des Dichters Heinrich Böll zitieren. Er sagte mal:
Je älter ich werde, desto bewußter werde ich regionalistisch oder fast provinziell. Ich glaube, daß die Welt überall die ganze Welt ist, nicht im Sinne von heil, sondern im Sinne von komplett, daß Sie also in jedem brandenburgischen … in jedem rheinischen Dorf die ganze Welt finden.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Der nächste Redner ist der Kollege Martin Rabanus, SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322389 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Kultur im ländlichen Raum |