31.01.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 11

Jörg CézanneDIE LINKE - Brexit-Steuerbegleitgesetz

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kürzungspolitik in der EU hat zu Leid der Arbeitnehmer geführt und eine erhebliche Rolle beim Ja der Briten zum Brexit gespielt, so der Vorsitzende der britischen Labour-Partei, Jeremy Corbyn. Ich sehe das genauso.

(Beifall bei der LINKEN)

Die wichtigste Schlussfolgerung aus dem Debakel des EU-Austritts des Vereinigten Königreichs muss daher sein, die Europäische Union im Interesse der Mehrheit der Menschen in Europa neu zu gründen. Sie muss zu einer sozialen Schutzmacht für Menschen gemacht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die konservative politische Elite Großbritanniens hat sich dieser Frage genau nicht gestellt. Mit dem durchsichtigen taktischen Versprechen, ein Referendum zum EU-Austritt abhalten zu wollen, hatte der damalige konservative Ministerpräsident David Cameron vielmehr die nationalistische Karte gezogen. Ihm ging es um die Mehrheit in der eigenen Partei und darum, eine Wahl zu gewinnen. Das Spiel mit der nationalistischen Karte hat dann gerade jene rechten und zum Teil menschenfeindlichen Kräfte gestärkt, die jetzt ein wesentlicher Grund sind, warum keine vernünftige Lösung gefunden werden kann. Mit der nationalistischen Zuspitzung wurde gezündelt und taktiert. Herausgekommen ist ein politischer Flächenbrand, der eine ganze Nation und einen Kontinent erfasst hat. Das muss uns allen eine Warnung sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zum konkreten Gesetzentwurf. Natürlich wirft der Brexit viele steuerpolitische Fragen auf. Soweit das Gesetz auf unvermeidliche Fragen des praktischen Übergangs nach einem Austritt Großbritanniens pragmatische Antworten gibt, erscheint mir der Gesetzentwurf in den meisten Bereichen unterstützenswert.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Sehr gut!)

– Gell, so sind wir. – Geregelt werden überwiegend Bestandsgarantien für bereits getätigte Geschäfte, salopp gesprochen. Es geht um Sicherheiten für Pfandbriefe, Bestandsschutzregelungen für Bausparer, für die Sicherungsvermögen von betrieblichen Pensionskassen wie auch Pensionsfonds.

Was darin nicht geregelt wird – und was auch in dem Austrittsabkommen gar nicht geregelt war –, sind die großen Fragen: Wie kann noch eine Koordination der Steuerpolitik zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich bewerkstelligt werden?

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen sie explizit nicht!)

Wie wird sichergestellt, dass britische Banken die Regeln der europäischen Finanzmarktgesetze vollumfänglich achten?

In dem Gesetzentwurf findet sich aber auch eine Antwort auf eine Frage, die der Brexit selber gar nicht stellt. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, wollen für das durchaus hinterfragenswerte Ziel, möglichst viele Banken von London nach Frankfurt zu locken, in äußerst fragwürdiger Weise den Kündigungsschutz für eine kleine Gruppe von Bankmitarbeitern aufheben. Nun sind Fondsmanager mit hohen Einkommen weder die Stammwählerschaft der Linken noch meine engsten Freunde. Mit der windigen Kategorie sogenannter Risikoträger, die letztlich nur über eine Gehaltsgrenze bestimmt wird,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Nicht nur!)

führen Sie aber eine völlig neue und willkürliche Kategorie von Beschäftigten ein. Das ist ein grundsätzlicher und beängstigender Bruch mit der bisherigen Logik im Beschäftigungsschutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Über die Europäische Sozialcharta ist der Kündigungsschutz ein Grundrecht im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Wer die Axt an den Kündigungsschutz legt – auch bei einer nur kleinen Gruppe von privilegierten Besserverdienenden –, rührt an Grundsätzlichem. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Kollege Dr. Danyal Bayaz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7322552
Wahlperiode 19
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Brexit-Steuerbegleitgesetz
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