Katja HesselFDP - Gemeinnützigkeit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zweite Debatte über Gemeinnützigkeit im Jahr 2019: Man könnte ja meinen: Die Gemeinnützigkeit hat hier im Hohen Haus einen ganz großen Stellenwert erhalten. – Es ist auch ein wichtiges Thema: Durch die Anerkennung gemeinnütziger Organisationen wird das ehrenamtliche Engagement Tausender Verbände und Vereine gewürdigt, die einen beispiellosen Beitrag für das Gemeinwohl erbringen. Durch den Zugang zu Spendengeldern, aber natürlich auch durch öffentliche Gelder oder Steuererleichterungen wird dieses Engagement gewürdigt. Bei der Anerkennung durch die örtlich zuständigen Finanzämter gibt es natürlich das Problem, dass es zu sehr unterschiedlichen Beurteilungen gleicher Sachverhalte kommen kann, weil eben die örtlichen Finanzämter entscheiden. Der Gesetzgeber ist schon gefordert, Rechtssicherheit für viele tatsächlich gemeinwohlorientierte Vereine herzustellen, und das war auch Gegenstand unseres Antrags zum Freifunk letzte Sitzungswoche.
(Beifall bei der FDP)
Es sind rund 23 Millionen Menschen – mehr als ein Viertel unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger –, die sich in solchen Vereinen – mehr als 600 000 – und in Stiftungen engagieren. Sie leisten einen wertvollen Beitrag.
Wenn man das alles so sieht und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen so liest, könnte man meinen: Ist ja gar nicht so schlecht, Abbau von Rechtsunsicherheit für gemeinnützige NGOs, Schutz dieser innerhalb der EU vor Repressionen – klingt alles gut, wichtige und richtige Ziele. – Aber es braucht sicherlich nicht den Aufbau einer Bundesbehörde; Kollege von Stetten hat das schon gesagt: Das ist über das Ziel hinausgeschossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, die Zentralisierung im Steuerrecht ist auch hier nicht die Lösung aller Probleme, sondern führt nur zu wesentlich mehr Bürokratie.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber das ist ja eigentlich der Kern des Antrags: Der Kern des Antrags liegt in der Begründung, und Frau Kollegin Dr. Rottmann hat das hier auch sehr ordentlich ausgeführt. Demokratie braucht eine sehr kritische Zivilgesellschaft, und in dieser starken Zivilgesellschaft sind gemeinnützige Organisationen sicherlich ein tragendes Fundament. Dazu stehen wir als Freie Demokraten – ohne jegliches Wenn und Aber. Aber beim Lesen Ihres Antrags wurde es mir dann schon irgendwie übel; das ist ein bisschen übertrieben, aber es war schon seltsam. Sie schreiben, wir würden NGOs wie die Deutsche Umwelthilfe einer beispiellosen Diffamierungskampagne unterwerfen. Dann zitieren Sie aus unserem Antrag:
Die FDP-Fraktion scheut sich nicht, eine gezielte Einflussnahme der Bundesregierung auf die Finanzverwaltung zum Zwecke der Lenkung der Rechtsanwendung im Einzelfall mit dem Ziel des Entzugs der Gemeinnützigkeit für konkrete Organisationen zu beantragen ...
Und das Ganze dann auch noch in Zusammenhang mit den NGOs in Polen und in Ungarn!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist schon fast Diffamierung. Wir als Rechtsstaatspartei haben einen sehr genauen Kompass für Rechtsbruch, ob dies in Ungarn ist, ob das in Polen ist oder ob das auch bei uns ist.
(Beifall bei der FDP)
Das heißt nun mal ganz deutlich: Für die Vertreter eines Rechtsstaates und die Verfechter von Rechtsstaatlichkeit ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Straftaten jeglicher Art nicht geduldet werden und schon gar nicht damit belohnt werden, dass es Gemeinnützigkeit gibt.
(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist geltende Rechtslage!)
Meine lieben Kollegen, so nicht!
(Beifall bei der FDP – Michael Schrodi [SPD]: Gewaltenteilung!)
– Ja, wir haben eine Gewaltenteilung.
(Michael Schrodi [SPD]: Da soll die Justiz entscheiden!)
– Da soll die Justiz entscheiden. Aber die Exekutive, lieber Kollege Schrodi, das Finanzamt entscheidet über die Gemeinnützigkeit. Aber wenn gemeinnützige Organisationen bzw. deren Repräsentanten straffällig geworden sind, kann es nicht sein, dass man Zugang zu Steuergeldern erhält.
Lieber Kollege Schrodi, weil Sie gerade hineingerufen haben: Es ist schön, dass Sie sich Gedanken über unsere FDP machen. Entschuldigung, machen Sie sich mal Gedanken um die gute alte Sozialdemokratie! Die ist nämlich momentan auch nicht so richtig sichtbar.
(Beifall bei der FDP – Michael Schrodi [SPD]: Wird wieder!)
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es tut mir leid: Der Antrag ist für mich die Fortsetzung des Reichsbürgervergleichs der letzten Sitzungswoche: Alles, was nicht in das grüne Weltbild passt, wird an den Pranger gestellt. – Wir werden darüber im Ausschuss diskutieren.
(Beifall bei der FDP)
Für die Fraktion Die Linke hat Jörg Cezanne das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322567 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Gemeinnützigkeit |