Jörg CézanneDIE LINKE - Gemeinnützigkeit
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen ausdrücklich das klare Bekenntnis im vorliegenden Antrag der Grünen zu äußerster Zurückhaltung staatlicher Akteure, insbesondere von Landesregierungen und Bundesregierung, aber natürlich auch politischer Parteien, bezüglich der Unabhängigkeit zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation.
(Beifall bei der LINKEN)
Der Antrag ist daher auch ein Plädoyer für zivilgesellschaftliches Engagement, ist ein Plädoyer für den Einsatz für emanzipative und den sozialen Zusammenhalt fördernde Initiativen, Vereine und Verbände. Das findet unsere volle Unterstützung.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber in den vorhergehenden Redebeiträgen ist das schon deutlich geworden: Wir wissen auch, warum wir heute über dieses Thema reden müssen. Da gibt es zum einen den nun in die dritte Instanz gehenden Rechtsstreit zwischen dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac auf der einen Seite und letztlich dem Bundesfinanzministerium auf der anderen Seite um die Gemeinnützigkeit von Attac. Die seit 2014 geführte Auseinandersetzung ist aus unserer Sicht deutlich politisch motiviert.
Für Die Linke steht fest: Der Einsatz für eine gerechte Steuerpolitik, für Solidarität und soziale Gerechtigkeit weltweit ist selbstlos, im Interesse aller und muss als gemeinnützig anerkannt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Von den Gerichten wurde in zwei Instanzen ein weiter Begriff von politischer Bildung anerkannt. Das Finanzgericht Kassel hatte in seinem Urteil zugunsten von Attac bereits darauf hingewiesen, dass die Abgabenordnung entsprechend geändert werden kann, um hier Rechtssicherheit zu schaffen. Das sollte man dann auch tun.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Eine zweite offene Baustelle ist der laufende Antrag der FDP zu PETA; das ist ja auch schon angesprochen worden. Mit dem Verweis auf angebliche Verstrickungen der Tierrechtsorganisation in militante Tierschutzaktivitäten wird deren Gemeinnützigkeit infrage gestellt. Auch hier ist es ein politisches Problem, das dem zugrunde liegt. Aus meiner Sicht ruft PETA weder zu Straftaten auf, noch fördert es sie.
Das eigentliche Problem sind vielmehr unzureichende Möglichkeiten, Verstöße gegen das Tierschutzrecht zu ahnden. Es gibt kein Verbandsklagerecht für die Verbände, und die behördliche Ausstattung ist zu unzureichend, um eine vernünftige Überprüfung der Betriebe durchzuführen. Gerichte haben deshalb eine Notstandssituation festgestellt, die das Eindringen in Tierställe unter bestimmten Umständen rechtfertigt, sodass das dann eben kein Einbruch, also eine Straftat, ist; denn – so die Begründung –: Die Behörden seien trotz Aufforderung der Tierschützer nicht aktiv geworden.
Das gleiche Problem wurde in Bezug auf die Deutsche Umwelthilfe hier schon angesprochen. Die Deutsche Umwelthilfe kann das, was sie tut, ja nur deshalb erfolgreich tun, weil staatliche Behörden bei der Durchsetzung gesetzlicher Verpflichtungen zumindest – vorsichtig gesagt – nicht alles so umsetzen, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat.
(Pascal Meiser [DIE LINKE]: So sieht es aus! – Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Richtig!)
Ich möchte den Blick abschließend noch mal auf eine grundsätzliche Frage richten. Natürlich denkt man beim Thema Gemeinnützigkeit an freundliche Hilfsorganisationen und karitative Einrichtungen, aber die Bandbreite dessen, was dabei als gut und gemeinnützig gilt, ist weit. Genau deshalb ist es wichtig, dass der Gesetzgeber den Finanzämtern praktikable und möglichst präzise Angaben macht, was denn nun im Einzelfall als gemeinnützig angesehen wird. Dafür gibt es keinen per se konsensfähigen Katalog von guten und richtigen gesellschaftlichen Zielen. Darüber muss sich in einem gesellschaftlichen Dialog verständigt werden, aber nicht mit Drohungen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Sebastian Brehm das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322570 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Gemeinnützigkeit |