31.01.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 77 / Zusatzpunkt 6

Lothar BindingSPD - Gemeinnützigkeit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Sebastian Brehm und Christian von Stetten haben sich beim Ehrenamt bedankt, bei den vielen Vereinen. Dem schließen wir uns natürlich an. Wir kennen den Kitt der Gesellschaft: 22 Millionen Leute helfen.

Wenn ich den Antrag aber richtig verstanden habe, geht es überhaupt nicht ums Ehrenamt,

(Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Danke! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Genau!)

sondern es geht darum, dass wir das Gemeinnützigkeitsrecht vor parteipolitischer Einflussnahme schützen. Und das ist meines Erachtens auch ein schützenswerter Grund.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle Organisationen, die das Gemeinnützigkeitsrecht erfüllen, sind gemeinnützig. Ein trivialer Satz; das stimmt. Aber ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden, entscheidet ein Finanzamt – da haben wir gar keine schlechten Erfahrungen –;

(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: So ist es!)

im Zweifelsfall entscheidet das ein Finanzgericht. Deshalb muss man sich darüber gar keine Gedanken machen. Das wird da entlang der rechtsförmlichen Bedingungen entschieden, und dann ist alles wunderbar. Solche Organisationen müssen sich – das wurde auch schon vorgetragen – für die Allgemeinheit einsetzen – das prüft das Finanzamt –, selbstlos sein, und sie müssen – das finde ich auch wichtig – unabhängig von der Regierung sein. Deshalb ist das Gemeinnützigkeitsrecht parteipolitisch neutral. Und gerade die staatliche Unabhängigkeit, dass sie frei sind von staatlichem Handeln und Regierungshandeln und dessen Beeinflussung, verleiht den Vereinen diese große Reputation. Das gibt ihnen doch Kraft für die Entscheidung, zu tun, was notwendig ist.

Deshalb ist das ein Antrag, der schon in die richtige Richtung zielt; ob alle Mittel, die vorgeschlagen werden, gut sind, ist eine andere Frage. Insbesondere den Vorschlag, eine eigene Bundesbehörde zu gründen, die die Gemeinnützigkeit feststellt, halten wir für falsch; denn morgen kommt dann der nächste Vorschlag für eine Kontrollbehörde zur Prüfung dieser Behörde. Das ist nicht der richtige Weg – die Finanzämter machen gute Arbeit –; aber sich darum zu kümmern, ist gleichwohl richtig. Dass die Finanzämter an dieser Stelle parteipolitisch neutral sind, ist wichtig, und wenn da irgendetwas nicht in Ordnung ist, dann, finde ich, muss man das benennen.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja!)

Darum kann man sich doch kümmern. Dann muss man Beispiele nennen und sagen: Ich habe damit ein großes Problem. – Dann wird das Problem gelöst.

Aber warum jetzt die Deutsche Umwelthilfe so in den Fokus gestellt wird, habe ich nicht ganz verstanden; denn sie ist ja nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ein anerkannter Umweltschutzverband und zusätzlich klageberechtigter Verbraucherschutzverband.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und in Wahrheit Abmahnverein!)

Insofern nutzt sie ihre legalen Rechte aus, und das hat seine Ordnung. Wenn jemand daran etwas ändern will, braucht man nur zu klagen. Oder habe ich da was falsch verstanden?

(Zuruf von der CDU/CSU: Die Frage ist, ob drei Klagen zulässig sind!)

Das ist keine Sache, die man parteipolitisch vermischen darf, weil einem ein Verband nicht so gut gefällt. Übrigens ist das keine private Entscheidung: nicht von einem Unternehmen, nicht von irgendeinem anderen Verband, der vielleicht neidisch ist, auch nicht von einer Ministerin, die ihr Amt verliert, weil sie vielleicht Viehzucht betrieben hat, die sozusagen tierschutzrechtlich bedenklich war. Es gibt ja Ministerinnen, die mussten infolgedessen zurücktreten.

(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Insofern bin ich mir nicht ganz sicher, ob das, was PETA gemacht hat, nicht möglicherweise sogar gerechtfertigt ist, um so etwas aufzudecken. Ich bin ja kein Jurist, Gott sei Dank.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das stimmt nicht! Das ist eine Behauptung gewesen! Das ist nie nachgewiesen worden!)

– Aber der Rücktritt ist passiert, oder? Er muss ja irgendeinen Grund gehabt haben.

(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])

Man sieht: Die Sache ist nicht so einfach; aber es lohnt sich, das Gemeinnützigkeitsrecht vor parteipolitischer Einflussnahme zu schützen. Deshalb war es gut, dass wir heute darüber geredet haben.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7322574
Wahlperiode 19
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Gemeinnützigkeit
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