Joana CotarAfD - Datenschutz-Grundverordnung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Der heute vorliegende AfD-Antrag beschäftigt sich mit der Datenschutz-Grundverordnung. Schon bevor die DSGVO in Deutschland in Kraft trat, haben wir von der AfD vor der Tatsache gewarnt, dass sie weit über das Ziel hinausschießt. Die EU und Sie, werte Kollegen von den Altparteien, wollten die Großen treffen: Sie zielten auf Facebook, auf Google, auf große Unternehmen, die es mit dem Datenschutz nicht immer so genau nehmen. Hier ist Datenschutz wichtig; da gehen wir mit Ihnen konform. Doch dabei ist es leider nicht geblieben. Die DSGVO trifft auch und vor allem den kleinen Mann, das kleine mittelständische Unternehmen, den privaten Website-Betreiber, den Blogger, den Influencer, den YouTuber, den unabhängigen Street-Photographer und viele andere mehr.
(Manuel Höferlin [FDP]: Den armen kleinen AfD-Politiker!)
Wichtige Detailfragen bleiben bei der Verordnung ungeklärt, und Rechtsunsicherheiten in der Bevölkerung sind nach wie vor groß. Noch ist die deutsche Abmahnindustrie nicht in Gang gekommen,
(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Aha! Das ist ja interessant! Aber Sie haben etwas ganz anderes gesagt!)
und auch die Strafen der Behörden waren bisher überschaubar. Doch Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter, Stefan Brink, erklärte gerade erst gegenüber dem „Spiegel“, dass die Aufsichtsbehörden eben „ein bisschen Vorlauf“ gebraucht haben, und kündigte nun in größerem Umfang Strafen an; fünfstellige Bußgelder werden dann keine Seltenheit mehr sein.
Zu den Rechtsunsicherheiten kommt es auch, weil die deutsche Regierung es verpasst hat, den in Artikel 85 Absatz 1 der DSGVO enthaltenen Anpassungsauftrag umfassend zu nutzen.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Quatsch!)
Die EU hat ausdrücklich festgehalten, dass die Mitgliedstaaten durch Rechtsvorschriften den Datenschutz mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in Einklang bringen können und auch sollen. Die Bundesregierung ist einerseits der Meinung, dass solch eine allgemeine Anpassung nicht nötig sei. Sie verweist auf das Grundgesetz und auf das Kunsturheberrecht.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Andererseits wurden auf Bundes- und Landesebene durchaus spezielle Vorschriften zum Schutz der Meinungsfreiheit erlassen. Diese beschränken sich allerdings auf die institutionalisierte Presse, auf Berufsjournalisten, deren Berichterstattung nicht gefährdet werden soll.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Richtig und gut!)
Außen vor bleiben die von mir zuvor erwähnten Gruppen, die aber ebenfalls maßgeblich zum demokratischen Diskurs beitragen:
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Aus sehr guten Gründen!)
der Blogger, der sich mit den aktuellen politischen Themen beschäftigt und sich durchaus auch mal kritisch äußert, der Pressesprecher eines Vereins, Künstler, die die Gesellschaft aktiv mitgestalten.
(Manuel Höferlin [FDP]: Oder Politiker!)
Für all diese Gruppen ist der rechtliche Status nicht geklärt; sie müssen Abmahnungen und Strafen befürchten. Selbst der Bundestag weiß bis heute nicht, welche Regelung auf ihn zutrifft; der Wissenschaftliche Dienst hat dies in einem Brief an die Fraktionen und an die Abgeordneten bestätigt.
(Beifall bei der AfD – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Wir wissen es!)
Es ist nicht zu verstehen, wenn es aus dem Innenministerium heißt, dass besondere gesetzliche Anpassungen zum Schutz von Diskursteilnehmern nicht notwendig seien, gleichzeitig aber im zweiten Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz genau solche speziellen Schutzfristen vorgesehen sind, aber nur für die Deutsche Welle und deren Journalisten. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, meine Damen und Herren, und genau das wollen wir von der AfD beenden.
(Beifall bei der AfD)
Solche Schutzvorschriften muss es auch für Diskursteilnehmer jenseits des professionellen Journalismus geben. Andere Länder haben diesen Spielraum, den die EU ihnen gegeben hat, nämlich genutzt. Genau das fordern wir jetzt auch für Deutschland.
Die AfD steht mit dieser Forderung nicht alleine da. Ausgewiesene Datenschutzjuristen des Deutschen Anwaltvereins kritisieren seit Verabschiedung der DSGVO den fehlenden Gestaltungs- und Umsetzungswillen der Bundesregierung im Sinne der Öffnungsklausel. Sie sprechen sogar von erheblichen Einschüchterungseffekten, die sich mit dem Inkrafttreten der DSGVO eingestellt haben.
(Manuel Höferlin [FDP]: Scheinheilig!)
Die Verordnung wirke gemeinsam mit anderen Konstrukten auf juristisch nicht vorgebildete Personen wie eine Drohkulisse. Wir erinnern uns an den #blogsterben. Nicht wenige Webseiten und Blogs sind seit Mai 2018 vom Netz gegangen oder nur noch eingeschränkt verfügbar
(Manuel Höferlin [FDP]: Das ist doch scheinheilig! Sie wollen doch etwas ganz anderes!)
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, ein Schelm, wer denkt, dass das vielleicht sogar Absicht war.
(Beifall bei der AfD)
Diese Rechtsunsicherheiten lassen sich aber beheben, und wenn die Einschüchterungen keine Absicht waren, sollte hier im Raum auch keiner etwas dagegen haben. Anstatt fünf bis sechs Jahre zu warten, bis Gerichte in Präzedenzfällen geklärt haben, welche Interpretation der DSGVO nun die richtige ist, sollte die Regierung handeln. Die AfD fordert, das Medienprivileg auf Blogger, Fotografen und Tätige im Öffentlichkeitsbereich auszuweiten.
(Beifall bei der AfD)
Diese Anpassung schadet niemandem, hilft aber ganz vielen aktiven und engagierten Bürgern.
Liebe Kollegen, zeigen Sie hier und heute, dass auch Sie für die Meinungsfreiheit und die Informationsfreiheit einstehen, und stimmen Sie unserem Antrag zu. Und weil wir wissen, dass eine Zustimmung zu einem Antrag von der ach so bösen AfD für Sie eigentlich nicht infrage kommt, haben wir es Ihnen diesmal eigentlich besonders einfach gemacht. Wenn Sie zustimmen, dann stimmen Sie vor allem auch den fähigen Juristen des Deutschen Anwaltvereins zu. Das sollte doch bei so einem wichtigen Thema wirklich möglich sein.
(Beifall bei der AfD)
Setzen wir gemeinsam auf einen angemessenen Interessenausgleich zwischen notwendigem Datenschutz und Öffentlichkeitsinteresse!
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Der Kollege Marc Henrichmann hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322577 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Datenschutz-Grundverordnung |