Manuel HöferlinFDP - Datenschutz-Grundverordnung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als Digitalpolitiker habe ich über die Jahre hinweg schon manche Schmerzen ertragen müssen, aber dieser AfD-Antrag stellt meine Leidensfähigkeit wirklich auf eine ungeahnt neue harte Probe;
(Dagmar Ziegler [SPD]: Du hast ihn gelesen?)
denn bei diesem Antrag geht es nicht um Datenschutz und erst recht nicht um Presse- und Meinungsfreiheit. Dieser Antrag zielt einzig und allein darauf ab, dass die AfD ihre Meinungsmache und politische Hetze unter dem Deckmantel des Medienprivilegs weiter ungehindert verbreiten darf.
(Lachen des Abg. Jürgen Braun [AfD])
Das zeigt sich insbesondere an einigen Stellen des Antrags.
Die ersten Anzeichen finden sich schon im Titel. „ Tätige im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit“ steht darauf. Auf sie soll das Medienprivileg erweitert werden. Das ist so weit gefasst und ungenau, dass es schon fast euphemistisch ist. Hier bekommt man eine erste Ahnung davon, wie wenig es der sogenannten Alternative in Wirklichkeit um die Weiterentwicklung des Datenschutzes und um die Rechte von Medienschaffenden geht. Deutlicher wird die wahre Intention des Antrages dann auf Seite 2, wenn Sie, die Kolleginnen und Kollegen der AfD, allen Ernstes Parteien und Politiker dem Berufsfeld „journalistische Berichterstattung“ zuordnen wollen.
Noch deutlicher wird es bei einem Blick auf den Forderungskatalog des Antrags. Da geht es nämlich darum, dass Sie sich von den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen und Regeln befreien wollen. Das betrifft die Informationspflichten gegenüber Betroffenen, die Auskunftsrechte von Betroffenen, das Recht der Betroffenen auf Berichtigung und Löschen von Daten, das Recht auf Datenübertragbarkeit und zu guter Letzt – da wird es wirklich richtig interessant – das Recht, dass niemand ohne guten Grund dem sogenannten Profiling unterworfen wird. Damit ist ganz klar: Sie wollen mit diesem Antrag kein Medienprivileg, sondern Sie wollen ein Parteien- und Politikerprivileg für sich.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])
Sie selbst wären der größte Nutznießer Ihres eigenen Antrags. Es geht darum, Ihre feindseligen Fake News noch zielgruppengenauer an die zugänglichen Bürgerinnen und Bürger zu bringen. Kurzum: Es geht in diesem Antrag wirklich um Selbstprivilegierung und um nichts anderes.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE])
Der Gesetzgeber hat das Medienprivileg für die überwiegende Zahl der Journalistinnen und Journalisten geschaffen, die jeden Tag faktenbasiert und mit der erforderlichen Sorgfalt und Genauigkeit arbeiten.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Martin Hohmann [AfD]: Relotius! – Weiterer Zuruf von der AfD: Entlarvend!)
– Ja, da können Sie brüllen, wie Sie wollen.
(Jürgen Braun [AfD]: Das ist doch Realsatire! Da stimmt doch gar nichts!)
Deshalb ist es richtig, sie im berufsbezogenen Umgang mit personenbezogenen Daten von diesen Pflichten zu befreien. Doch für die AfD ist dieses Privileg ganz sicher nicht gemacht und für Sie als Politiker erst recht nicht; denn solch ein Zugeständnis kann man Ihrer Partei nach all dem, was wir in den letzten Monaten in diesem Haus, in anderen Parlamenten, in der Presse, in den sozialen Medien gehört und gesehen haben, auf keinen Fall machen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD und der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE] und Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Jürgen Braun [AfD]: Das glauben Sie doch selbst nicht!)
Es geht hier um Datenschutzlockerung für Sie selbst. Es ist eine unglaubliche Frechheit, was Sie hier vorlegen.
(Jürgen Braun [AfD]: Im Zweifel gegen die Freiheit – das ist die FDP heute!)
Bei der Öffentlichkeitsarbeit geht es bei Ihnen um drei Dinge: Sie wollen falsche Behauptungen und erfundene Statistiken verbreiten. Sie wollen Misstrauen gegen die demokratischen Institutionen schüren. Und Sie wollen Feindbilder durch Hass und Hetze schaffen. Wir alle in diesem Haus wissen: Das ist Ihr Business.
(Jürgen Braun [AfD]: Plumpe Unterstellung, nichts weiter!)
Das ist Ihr Markenkern. Das ist Ihnen tausendmal wichtiger als jede inhaltliche, sachliche Auseinandersetzung in politischen Fragen. Am Ende setzen Sie sich hierhin und rufen – so wie jetzt – „Mimimi“ und fühlen sich angegriffen. Es ist immer das gleiche Prinzip.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, ich bin der festen Überzeugung, dass wir Politiker und Parlamentarier bei den Datenschutzbestimmungen keine Änderung für uns brauchen.
(Jürgen Braun [AfD]: Da ist nichts mehr liberal bei Ihnen!)
Wir brauchen erst recht keine Sonderregelungen für uns, wie die AfD sie fordert. Wir Freien Demokraten sind mit Sicherheit eine digitale Fraktion und arbeiten digital und nehmen das Datenschutzthema immer ernst.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Jürgen Braun [AfD]: Was ist das denn wieder für eine Phrase? Die digitale Fraktion! Marketingspruch!)
– Ja, da können Sie lachen. Machen Sie uns das erst mal nach. – Deswegen wollen wir auch keine gesetzlichen Anordnungen, keine Befreiungen. Wenn wir etwas im Bereich Datenschutz hier im Parlament machen wollen, dann können wir uns das selbst auferlegen. Wir können uns Regeln geben. Da gibt es keine Probleme.
Es gibt jedoch einen Punkt, der allerdings nichts mit Ihrer Intention zu tun hat: Die Bundesregierung hat es versäumt, das Medienprivileg im Sinne des Artikels 85 DSGVO entsprechend auszugestalten. Sie hat während der Übergangsphase versäumt, die Bevölkerung richtig auf die DSGVO vorzubereiten. Sie hat auch bis jetzt versäumt, die Öffnungsklausel mittelstandsfreundlicher zu gestalten.
Von daher gibt es Grund genug, sachliche Anträge zu diesem Thema zu stellen, aber bestimmt nicht so etwas. Das ist diesem Hause nicht würdig.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Staatsgläubige Rede! – Gegenruf des Abg. Manuel Höferlin [FDP]: Getroffene Hunde bellen!)
Das Wort hat Saskia Esken für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322581 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 77 |
Tagesordnungspunkt | Datenschutz-Grundverordnung |