René RöspelSPD - Hightech-Strategie - Forschung und Innovation
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute auch den Bundesbericht Forschung und Innovation, ein fast 400 Seiten starkes Dokument, in dem man lesen kann, wie hervorragend und breit Deutschland wissenschaftlich aufgestellt ist. Ein Blick hinein lohnt sich. Herr Katzenberg – –
(Heiterkeit bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Herr Sattelberger, ich habe beim Blick da hinein wirklich keine toten und fetten Katzen gefunden, sondern einen Überblick über ganz viele engagierte Institute und Menschen, die Wissenschaft in Deutschland betreiben. Es lohnt sich, nicht nur darüber zu reden, sondern auch einmal dorthin zu gehen; denn dann lernt man auch als Politiker tatsächlich, was längst gemacht werden müsste. Das wird an vielen Orten schon fast wie selbstverständlich gemacht.
Meine SPD-Ruhrgebietskollegen und ich sind im September ein bisschen durch das Ruhrgebiet gefahren und haben uns in Dortmund das Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie angeschaut. Wir haben vier Direktoren angetroffen, zwei davon kommen aus dem Ausland. Wir haben gefragt: Warum sind Sie eigentlich nach Dortmund gekommen? Wohl nicht wegen des merkwürdigen Blicks auf das komische Stadion dort?
(Heiterkeit bei der SPD)
– „Unruhe bei den Sozialdemokraten“.
(Heiterkeit bei der SPD)
Sie haben gesagt: Weil wir tatsächlich Arbeitsbedingungen für unsere Forschung finden, die wir sonst nirgends finden, und zwar weltweit nirgends finden. – Das heißt, Deutschland ist mittlerweile hervorragend aufgestellt, und wir machen gute Arbeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Übrigens: Die meisten dieser Parteien, die in den Ländern beteiligt sind, bis auf ganz rechts, waren daran beteiligt, den Wissenschaftsstandort in den letzten Jahren deutlich nach vorne gebracht zu haben.
Jetzt reicht es aber nicht, sich selbst zu beweihräuchern, sondern auch zu sehen: Was müssen wir eigentlich kritisch sehen? – Weil es ein richtiger Weg ist, sich immer wieder einen Spiegel vorzuhalten, ob man auf dem richtigen Weg ist, hat noch die rot-grüne Bundesregierung vor etwas über zehn Jahren gesagt: Es reicht nicht, wenn wir den BuFI präsentieren, sondern wir wollen eine kritische Reflexion dessen, was wir politisch tatsächlich machen. So ist die Expertenkommission Forschung und Innovation entstanden, die uns jährlich einen kritischen Bericht liefert und ihre Sicht auf die technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands darstellt. Das ist gut so; denn wer glaubt, dass Politik Forschung machen könne, irrt. Das machen immer noch die Forscherinnen und Forscher.
Die Aufgabe der EFI ist, uns die strukturellen Defizite oder auch das zu benennen, was positiv läuft. Wir bekommen jedes Mal einen interessanten Bericht. Im jetzigen Bericht, den wir diskutieren, steht, dass Grundlagenforschung ganz wichtig ist und ausgebaut werden muss. Das machen wir. Das ist auch richtig. Dann wird gesagt: Wir brauchen eine Agentur für Sprunginnovationen, um Innovationen, die sich nicht langsam entwickeln, sondern von heute auf morgen geschehen, anzukurbeln. Auch das wird auf den Weg gebracht, und auch das ist ein richtiger Weg. Also, wir lernen auch von dem, was uns die EFI sagt.
Dann gibt es auch Punkte, an denen es immer noch Fragezeichen gibt.
Wenn es zum Beispiel darum geht, dass die Gründungsraten oder die Innovatorenquoten in Deutschland zurückgehen, also die Zahl der Unternehmen, die innovativ arbeiten, dann hat EFI auch nicht so recht eine Antwort.
Was die Gründungsraten anbelangt, so geht aus der Abbildung im Bericht der Expertenkommission hervor, dass die Zahl der Gründungen in der Zeit deutlich nach der Finanzkrise dramatisch abgenommen hat, in einer Zeit übrigens, in der die FDP regiert hat, nämlich zwischen 2009 und 2013. Glauben wir einmal den Experten, die das geschrieben haben. Da muss wohl irgendetwas nicht richtig gut gelaufen sein, und es ist gut, dass es jetzt wieder besser läuft.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Trotzdem haben wir noch nicht das richtige Patentrezept in dieser Frage gefunden, und wir müssen alle daran arbeiten.
Nun kann Politik tatsächlich nicht forschen, aber wir können bestimmte Rahmenbedingungen setzen und Anforderungen an Forschung stellen. Deswegen gibt es zum Beispiel die Hightech-Strategie, die seit 2006 auf dem Weg ist und im Rahmen derer wir immer wieder nachfordern, immer wieder ändern, eine übergreifende Programmatik entwickeln und sagen: Ja, wir wollen im Bereich Klima mehr machen. Wir müssen im Bereich Energie mehr machen. Wir brauchen Quantencomputertechnologie; Herr Brandenburg, Sie haben das sehr sachkundig dargestellt. Dann geht es in die speziellen Programme, die in der Hightech-Strategie nicht unbedingt ausgewiesen sind, und das ist ein richtiger Weg.
Dann üben wir auch politischen Einfluss aus. Wir als Sozialdemokraten haben gesagt, es reicht nicht, wenn man Gesundheitsforschung immer nur unter dem Blickwinkel sieht: Was müssen wir molekularbiologisch herausfinden? Vielmehr wollen wir auch mehr Versorgungsforschung. Wir wollen wissen: Wie müssen Menschen gepflegt werden, damit sie gesund werden? Und wie ist überhaupt Krankheit zu verhindern? Wir wollen also, dass Gesundheitsforschung auch bedeutet, Prävention zu erforschen, also Möglichkeiten zu entwickeln, dass man gar nicht krank wird.
(Beifall bei der SPD)
Einen Bericht müssten wir eigentlich auch mitdiskutieren, der an anderer Stelle noch diskutiert werden wird. Das ist nämlich der Nationale Bildungsbericht; denn unsere Nobelpreisträger und ‑trägerinnen werden nicht an den Universitäten gemacht, sondern in den Kindergärten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielleicht sitzen da ja schon die künftigen Nobelpreisträger und wissen das noch gar nicht, wissen noch nicht einmal, ob in Literatur, Physik oder Medizin. Es geht darum, jedes Talent, das wir haben, zu heben. Deswegen finde ich es ausdrücklich zynisch, wenn die AfD, wie mehrfach im Ausschuss geschehen, sagt, für jedes Kind ist ja seine Schule da. Wer also als Arbeiterkind auf die Hauptschule kommt, der soll auch da bleiben. Nein, wir sagen, jedes Kind muss zu dem gemacht werden, was es am besten kann, und wir wollen volle Unterstützung, auch als Sozialdemokraten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben ein anderes Verständnis von Bildung und Bildungspolitik. Deswegen ist es der wesentliche Ansatz, alle Menschen und alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft auszubilden und ihnen die bestmöglichen Chancen zu geben, damit wir auch zukünftig hervorragende Forscher und übrigens auch gute Handwerker haben.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322669 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 78 |
Tagesordnungspunkt | Hightech-Strategie - Forschung und Innovation |