Christian PetrySPD - Arbeitsprogramm 2019 der Europäischen Kommission
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 25 Jahre Binnenmarkt, und die Bilanz der Europäischen Union fällt durchweg positiv aus. Axel Schäfer ist einer derjenigen, der von 1994 bis 1999 quasi den Startschuss des Binnenmarktes im Europäischen Parlament begleiten konnte. Er kann viel besser berichten, dass das alles nicht ganz einfach und selbstverständlich war, was wir heute als einfach und selbstverständlich empfinden. Dass Europa zusammengewachsen ist, hat Deutschland sehr nach vorne gebracht. Wir sind volkswirtschaftlich gesehen die Nettogewinner der Europäischen Union.
(Andrej Hunko [DIE LINKE]: Auf Kosten der anderen!)
– Nicht auf Kosten von anderen, Andrej Hunko. – Insgesamt hat die Europäische Union in den 25 Jahren einen deutlichen Freiheits-, Wohlstands- und Sicherheitsbonus für die Menschen in diesem Europa gebracht. Darauf können und müssen wir stolz sein.
(Beifall bei der SPD)
Franziska Brantner hat eine Öko-FDP-Rede gehalten; das fand ich ganz interessant, das scheint eine Neuorientierung zu sein, oder vielleicht ist es nur so rübergekommen. Ich glaube, man muss erwähnen, dass Olaf Scholz in seiner Amtszeit im Bankensektor in Europa mehr in Bewegung gebracht hat als Herr Schäuble, sein Vorgänger, in fünf Jahren.
(Beifall bei der SPD)
Auch das ist ein Erfolg, der hier einmal genannt werden muss.
Ich freue mich, dass wir in den Zielen der Kommission klargelegt haben, wie die Position Europas ist: dass wir auf dem Weg ins digitale Zeitalter eine starke Europäische Union brauchen, auch im Bereich Umweltschutz und CO 2 -Reduzierung. Das geht nicht mehr allein auf nationaler Ebene. Ich freue mich, dass die soziale Säule stärker in den Mittelpunkt rücken soll. Dazu hat Frans Timmermans deutliche Aussagen gemacht. Er sagt, er will dies bei der Europawahl in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung stellen. Ich glaube, das ist genau richtig; denn da besteht in der Tat deutlicher Nachholbedarf. Die Freiheiten, die wir in Europa haben – mindestens drei davon – konzentrieren sich zunächst einmal auf den wirtschaftlichen Bereich. Die Stärkung der sozialen Säule – das hat Frans Timmermans angekündigt – ist ein Ziel, dem wir uns gerne anschließen. Der Kommissionsbericht gibt es auch her, sie zu stärken, und dafür lohnt es sich zu kämpfen.
(Beifall bei der SPD)
Axel Schäfer hat darauf hingewiesen: Dafür ist viel Geld notwendig. Wir haben schon oft darüber diskutiert, welches Anforderungsprofil – Gunther Krichbaum hat es genannt – die Europäische Union erfüllen muss. Deswegen müssen wir uns über eine ausreichende Finanzierung der Europäischen Union unterhalten. Wir müssen selbstverständlich auch schauen, was schiefgelaufen ist und wo man Veränderungen im System vornehmen kann. Ich glaube, wir werden am Ende nicht umhinkommen, tatsächlich zu sagen – wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben –, dass wir zu einem höheren Beitrag bereit sind.
(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die Frage ist nur: An welcher Stelle und wie? Da kommen wir sehr schnell zur Debatte über die Eigenmittel; das wurde genannt. Wenn man aus den nationalen Haushalten die Beiträge nicht unendlich erhöhen kann, müssen wir uns fragen, ob die Eigenmittelausstattung der Europäischen Union angemessen ist oder ob es da Spielräume gibt. Da sind wir sehr schnell bei der Steuerdebatte und zum Beispiel der Frage: Kann ein nationales Steuerrecht internationale Konzerne bändigen, oder ist auch hier ein internationaler Ansatz vonnöten und damit auch die Kompetenz der Europäischen Union gefragt? Auch diese Frage möchte ich in den Raum stellen.
Die technischen Dinge sind alle schon in der Diskussion: die Plastiksteuer, die Digitalsteuer oder die Vereinheitlichung der Basis bei der Körperschaftsteuer. All diese Dinge sind europäisch besser lösbar. Das ist einer der politischen Ansätze für die Zukunft, über den wir uns in den nationalen Parlamenten, hier im Deutschen Bundestag, gerne im Diskurs miteinander auseinandersetzen werden, um einen tragbaren Vorschlag für die Ausfinanzierung der wirklich notwendigen zusätzlichen Aufgaben der Europäischen Union zu erreichen.
(Beifall bei der SPD)
Die Arbeitsstandards werden im Kommissionsbericht genannt. Der Verbraucherschutz – ein ganz wichtiger Aspekt – wird genannt. Er ist europäisch durchsetzbar. Auch die Verbandsklage wird als Ziel genannt. Bei der Vertiefung der Währungsunion ist ein weiterer Schritt beim letzten Treffen des Ecofin gemacht worden. Dennoch muss hier noch weitergearbeitet werden.
Ziel ist auch eine faire Handelspolitik. Gunther Krichbaum hat ein Abkommen genannt. Die Europäische Union schließt Handelsabkommen und legt Wert auf faire Handelsabkommen. Auch zum Dialog mit Afrika und dem Aufbau in Afrika liegt ein ganz still und leise beschlossener Kommissionsbeschluss vor, der besagt, dass die Volkswirtschaften Afrikas bis 2063 aufgebaut werden sollen. Auch das ist eine Superaufgabe der Europäischen Union, die wir unterstützen müssen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Rechtsstaatsprinzip soll gestärkt werden. Auch in der Migrationspolitik – das ist genannt worden – muss weitergearbeitet werden.
Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass wir hier auf einem wirklich guten Weg sind und die Bilanz besser ist, als sie bisweilen öffentlich diskutiert wird. Wir müssen das positiv begleiten. Ich glaube, wir brauchen keine Parteien und Menschen, die im Europawahlkampf den Blick zurück, ins letzte Jahrtausend, werfen und in alte Zeiten wollen, die wesentlich schlechter waren, die Krieg und Leid gebracht haben. Wir brauchen aufrechte Europäerinnen und Europäer, die nach vorne schauen und Europa auf einen wirklich guten Weg in das digitale Zeitalter bringen werden, in dem mehr Wohlstand, Sicherheit und die Stärkung der sozialen Rechte für unsere Bevölkerung im Mittelpunkt stehen werden.
In diesem Sinne freuen wir uns auf eine spannende Zeit im Europawahlkampf. Dafür sind wir bereit.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Martin Hebner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322707 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 78 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsprogramm 2019 der Europäischen Kommission |