Florian Pronold - Stickoxid-Grenzwerte
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Debatte scheint unabhängig von den Grenzwerten zu Schnappatmungen zu führen. Es wäre, glaube ich, ganz gut, wenn wir von der Propaganda, wie wir sie gerade gehört haben, wegkommen und mal zu den Fakten kommen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Liebe Frau Skudelny, ich finde das schon ein starkes Stück. Im Ausschuss bezweifeln Sie die Wissenschaftlichkeit von den Untersuchungen zur Schädlichkeit von NO x und der Feinstaubbelastungen für die Gesundheit. Sie stellen eine einfache These auf, nämlich: Die ärmeren Leute wohnen an den stark belasteten Straßen. Sie rauchen mehr und sind deswegen kränker. Deshalb kann man nicht davon ausgehen, dass die NO x -Belastung durch die Fahrzeuge die Leute wirklich krankmacht. – Das spottet im Übrigen jeglicher Beschreibung.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt behaupten Sie: Es sind die falschen Messungen gemacht worden. – Wir haben in Nordrhein-Westfalen alle Messstellen untersucht, ob sie den Vorgaben entsprechen. Und sie entsprechen alle den Vorgaben. Eine ist wegen einer Baustelle einmal kurzfristig versetzt worden; die entspricht nicht den Vorgaben. Jetzt werden wir alle Messstellen überprüfen; das habe ich hier in einer der letzten Sitzungen angekündigt. Das wird unabhängig vom TÜV gemacht. Dann haben wir darüber Klarheit.
Aber Sie interessiert gar nicht, ob die Messstellen richtig aufgestellt sind oder nicht, weil jetzt die nächste Debatte darüber geführt wird, dass die Wissenschaftlichkeit bei der Festsetzung der Grenzwerte nicht gegeben ist. Da werden Trauben mit Rüben verglichen.
(Christian Dürr [FDP]: Also, Sie sagen, es gibt keinen Handlungsbedarf? Das ist ja spannend!)
Da wird übrigens die Anhörung, die wir im Umweltausschuss sehr qualifiziert durchgeführt haben, völlig ignoriert.
(Beifall bei der SPD)
Wissenschaftlichkeit heißt erst einmal, dass man mit Fakten gegeneinander argumentiert und dass man Dinge mit Studien belegt. Keine der Tausenden von Studien kommt zu dem Ergebnis, dass NO x oder Feinstaub keine Erhöhung des Gesundheitsrisikos bedeuten.
(Frank Sitta [FDP]: Das sagt auch keiner! Es geht um Verhältnismäßigkeit!)
Es gibt nirgends einen Hinweis darauf, dass es hier keinen Wirkungszusammenhang gibt.
Selbstverständlich kann man über Grenzwerte diskutieren, weil sie zum Schluss eine Entscheidung der Politik sind.
(Christian Dürr [FDP]: Das hat Frau Skudelny doch gesagt gerade!)
Auf Basis von wissenschaftlichen Voruntersuchungen kann es aus unterschiedlichen Überlegungen heraus zu unterschiedlichen Grenzwerten kommen. In den USA zum Beispiel ist zwar der Grenzwert für NO x höher, aber die Feinstaubgrenzwerte sind viel niedriger als bei uns. Wollen Sie die auch übernehmen und sagen: „Da wäre es schön, wenn wir uns an den USA orientieren“?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Karsten Möring [CDU/CSU] – Ulli Nissen [SPD]: Gute Frage!)
Man kann sich nicht immer nur das heraussuchen, was einem passt, sondern man muss schon bei den Fakten bleiben.
Mein Eindruck ist auch, dass es einige gibt, die versuchen, die tatsächlichen Verursacher hintanstehen zu lassen. Das, was wir brauchen, ist, dass die Automobilindustrie endlich dafür bezahlt, dass nachgerüstet wird. Das ist der wirksamste Schutz für die Menschen, die von diesen Sachen betroffen sind.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Abschluss eine kleine Bemerkung in Richtung des Bundesverkehrsministeriums: Bei der Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes geht es nicht um die Veränderung des Grenzwertes. Der Grenzwert beträgt natürlich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. „ Wir verändern keinen Grenzwert“,
(Christian Dürr [FDP]: Das ist die Haltung der Großen Koalition? Gut zu wissen!)
das ist nicht meine Aussage, das ist nicht die Aussage der Umweltministerin, das ist die Aussage der Bundeskanzlerin vom 18. Dezember 2018 hier an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD – Frank Sitta [FDP]: Alles Wochen her! – Christian Dürr [FDP]: Danke für die Ehrlichkeit! Das ist eine ganz wichtige Information!)
Vielen Dank, Florian Pronold. – Nächster Redner in der lebendigen Debatte: Ralph Lenkert für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Keine Änderung des Grenzwerts! Das hat die Bundesregierung gerade erklärt!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7322756 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 78 |
Tagesordnungspunkt | Stickoxid-Grenzwerte |