01.02.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 78 / Zusatzpunkt 10

Sevim DağdelenDIE LINKE - Aktuelle Stunde/ INF-Vertrag bewahren

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In seiner Abschiedsrede am 17. Januar 1961 hat US-Präsident Eisenhower eindringlich vor dem militärisch-industriellen Komplex gewarnt. Heute, am 1. Februar 2019, scheint es endgültig so zu sein, dass dieses Netzwerk aus Politik und Rüstungsindustrie die Agenda des US-Präsidenten bestimmt.

Die heutige Kündigung des Abkommens über die Vernichtung landgestützter atomar bestückbarer Mittelstreckenraketen, den INF-Vertrag, der der Kern der Sicherheitsarchitektur in Europa ist, ist eine katastrophale Entscheidung von US-Präsident Trump.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Die Linke sieht in dieser Entscheidung eine Gefährdung der internationalen Sicherheit und von Frieden und Sicherheit in Europa. Wir als Linke verurteilen diesen verantwortungslosen Akt von US-Präsident Trump aufs Schärfste, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Marian Wendt [CDU/CSU])

Aufs Schärfste, denn ohne diesen Vertrag geht es zurück in die 80er-Jahre, in die Zeit der Pershing II und der SS-20, in die Zeit des atomaren Wahnsinns und Wettrüstens. Das dürfen wir nicht akzeptieren,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

und das darf man auch nicht einfach nonchalant hinnehmen, wie es die Bundesregierung tut.

Zur Erinnerung: Der Abschluss dieses INF-Vertrags zwischen der Sowjetunion und den USA im Dezember 1987 demonstrierte der Welt die Möglichkeiten der friedlichen Koexistenz. Was damals, im Kalten Krieg, möglich war, das sollte doch auch jetzt möglich sein. Es muss doch möglich sein, diesen Vertrag aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kündigung dieses so wichtigen Vertrags jetzt durch Trump ohne den wirklichen Versuch einer ansatzweisen Verständigung über diese Meinungsverschiedenheiten ist unbegreiflich.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Über 30-mal! Über Jahre hinweg von den Russen ignoriert!)

Dabei stehen die damals bei Vertragsabschluss vereinbarten Verifikationsinstrumente heute noch zur Verfügung, um die Einhaltung dieses Vertrages zu kontrollieren.

Hiermit komme ich zu dem eklatanten Versagen der deutschen Außenpolitik. Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass Herr Außenminister Maas mit anderen Ländern in Europa keine ernsthafte Vermittlungsinitiative ergriffen hat,

(Beifall bei der LINKEN)

um die Möglichkeiten eines gemeinsamen diplomatischen Handelns überhaupt zu eruieren, um eine aktive Vermittlungspolitik zu betreiben, die beide Seiten, USA und Russland, dazu bewegen soll, die Konflikte über die Verifikation des Vertrages in Gesprächen ohne Vorbedingungen zu lösen. Stattdessen hat Herr Maas verbal seine Vermittlungsbereitschaft betont, sich aber sofort hinter US-Präsident Trump und seine Vorwürfe gegen Russland gestellt,

(Zuruf von der LINKEN: Pfui!)

und das auch noch, wie die Bundesregierung auf meine parlamentarische Anfrage antwortete, ohne eigene Erkenntnisse zu haben. Ich finde, wer so auftritt wie Herr Maas, muss sich nicht wundern, dass er überhaupt nicht mehr ernst genommen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit Tony Blair gab es bereits einen Sozialdemokraten in Europa, der aufgrund seiner extremen Hörigkeit gegenüber einem rechtskonservativen US-Präsidenten als „Bushs Pudel“ geschmäht wurde. Wenn ich mir die Performance von Ihnen, Herr Maas, anschaue,

(Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Wo ist der überhaupt?)

muss ich fragen, ob Sie Tony Blair hier nacheifern wollen. Ich rate es Ihnen jedenfalls nicht.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Besser als der Schoßhund von Putin!)

Ich will auch daran erinnern, dass dies nicht der erste wichtige internationale Vertrag ist, der von Trump aufgekündigt wird. Jüngst wurde das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt. Und jetzt soll auch die Verlängerung des New-START-Abkommens über die Obergrenze strategischer Nuklearwaffen 2021 scheitern, weil dies nach den Worten des US-Präsidenten – ich zitiere – nicht im Interesse Amerikas sei. Ich frage mich natürlich: Was muss dieser rechte US-Präsident eigentlich noch tun, damit Herr Maas und Frau Merkel ihre blinde Gefolgschaft beim Amoklauf von Trump einfach mal beenden und stoppen?

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Reden Sie mal über Putin!)

Wenn man nur etwas Rückgrat hätte und die Sicherheit der Bevölkerung in Deutschland und in Europa im Blick hätte, müsste man Folgendes tun: Erstens müsste man die USA öffentlich dazu auffordern und Druck machen, dass sie in diesem Vertrag verbleiben. Zweitens müsste man gegenüber den USA klarmachen, dass die Bundesrepublik Deutschland einer weiteren Stationierung neuer US-Atomwaffen auf deutschem Boden nicht zustimmen wird. Meine Damen und Herren, damit verträte man das Interesse der Bevölkerung in Deutschland und nicht Trumps Interesse.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Reden Sie mal über die Vertragsverletzungen durch Russland!)

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.

Und – dritter Punkt – der Abzug der US-Atomwaffen von deutschem Boden ist endlich einzuleiten, damit auch die anderen europäischen Länder nachziehen können. Abrüstung ist das Gebot der Stunde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Herzlichen Dank. – Als nächster Redner spricht zu uns der Kollege Roderich Kiesewetter, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7322782
Wahlperiode 19
Sitzung 78
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde/ INF-Vertrag bewahren
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