Albrecht GlaserAfD - Steuerentlastung
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man nicht über die Sache reden will, redet man über das Verfahren. Den Antrag zurückzuziehen, wird zu einem Thema aufgebauscht. Es können auch noch am Morgen eines Plenartages Anträge zurückgezogen werden. Das ist ganz unspektakulär.
Aber Sie gestatten mir vielleicht trotzdem folgende Bemerkung: Bis 48 Stunden vor Plenumsbeginn können – das mussten wir erst lernen – noch Gesetzesanträge eingebracht werden, um sie hier zu beraten. Das steht in der Geschäftsordnung. Das gilt in der Tat auch für Anträge. Eine solche Frist ist eigentlich völlig unzumutbar. Sie, Frau Tillmann, haben das zu einer Stilfrage erklärt; das ist okay, das kann man machen. Man kann nach der Geschäftsordnung aber tatsächlich so verfahren.
(Zuruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU]
Ich kann Ihnen sagen – durchaus in Abstimmung mit meiner Fraktion –: Lassen Sie uns ernsthaft darüber nachdenken, dass wir in der Geschäftsordnung die Fristen, bis wann man Anträge und Gesetze vorlegen kann, verlängern. Das wäre für uns alle gut und auch für die Qualität der Beratungen hier. Das wäre eine absolut konstruktive Vorgehensweise. – Das nur zu diesem Thema, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Nun zum Kern der Sache, nämlich „Tarif auf Rädern“, also eine dauerhafte, fest installierte Indexierung, oder nicht. Erstens. Es gibt eine Fülle von Ländern, die das machen; ich komme gleich darauf zu sprechen. Zweitens. Als Abgeordnete haben wir bekanntlich eine Kostenpauschale. Sie ahnen, worauf ich hinauswill: Diese Kostenpauschale ist indexiert; denn sie wird jährlich automatisch angehoben.
(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist überhaupt nicht wahr! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein!)
– Das ist so. – Das Gleiche gilt auch für die Abgeordnetenentschädigung. Auch hier gibt es einen Automatismus; es sei denn, wir fassen einen Verweigerungsbeschluss.
(Manfred Grund [CDU/CSU]: Nein! Das ist vielleicht in Hessen so, aber nicht im Bundestag!)
Man könnte dem Steuerbürger gegenüber den Staat so aufstellen, dass er sagt: Wir nehmen wahr, dass sich jährlich die Steuerlast ändert, ohne dass der Gesetzgeber einen Finger rührt, nur deshalb, weil die Inflation das Geld entwertet
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Deshalb kompensieren wir doch!)
– kleinen Moment! – und damit durch den historischen Tarif, der in Euro-Zahlen ausgewiesen ist, tatsächlich jährlich mehr aus der Tasche genommen wird. – Jetzt kommt der Kollege und sagt: Wir machen so eine Art Kompensation doch. Zum einen machen Sie das erst seit ein paar Jahren. Das ist ja lobenswert.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein, das ist seit 1991! Sie sind noch nicht so lange hier! Seit 1991!)
– Ich war damals aber auch schon Steuerzahler. Erzählen Sie mir also keine Geschichten.
(Heiterkeit und Beifall bei der AfD)
Ich habe damals über dieses Thema Vorträge gehalten. Ich wusste da ganz gut Bescheid.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Dann hätten Sie die Kompensation auch spüren müssen! – Michael Schrodi [SPD]: Sie waren ja auch Kämmerer in Frankfurt!)
– Jetzt lassen Sie mal! Heben Sie mal das intellektuelle Niveau, und senken Sie die akustische Kulisse!
Meine Damen und Herren, wir haben das Thema der kalten Progression respektive der heimlichen Steuererhöhung deshalb thematisiert, weil wir sagen: Eine Kompensation muss installiert werden, und es ist nicht nach Gutsherrenart jedes Jahr neu zu entscheiden. – Das ist der entscheidende Punkt. Da Sie, wie Sie das natürlich getan haben, das Familienentlastungsgesetz ansprechen: Beim Familienentlastungsgesetz ist schon der Begriff falsch. Ich will mal nicht vom Kindergeld reden; das ist tatsächlich erhöht worden. Herr Gutting hat insofern recht, es enthält einige Details, die eine tatsächliche Verbesserung bedeuten; d’accord. Aber der Kern war, dass eine heimliche Steuererhöhung vermieden werden sollte durch ein Weitergeben der Inflation in den Tarif. Das war der Kern.
Der Herr Finanzminister hat vorgetragen, das sei eine Entlastung. Ich habe den Finanzminister von hier aus gefragt: Lieber Herr Finanzminister, könnten Sie vielleicht dem Gedanken Rechnung tragen, dass die Vermeidung einer zusätzlichen Belastung keine Steuerentlastung ist? Exakt so habe ich ihn gefragt. Der Minister hat kurz gestutzt – er musste wahrscheinlich nachdenken, weil die Frage ein bisschen kompliziert gestellt war; das gebe ich zu –, hat dann aber gesagt, nein, er könne sich diesem Gedanken nicht öffnen.
(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Weil wir die weiter nach hinten verschoben haben!)
Meine Damen und Herren, auf die Frage, ob zwei plus zwei vier sind, können Sie natürlich antworten, darüber müssten Sie erst einmal nachdenken; es könnte irgendwas zwischen drei und fünf sein. Das kann man machen, ist aber intellektuell nicht redlich und, mit Verlaub, grottenfalsch.
(Beifall bei der AfD)
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.
Also, die Vermeidung von Steuererhöhungen ist keine Entlastung. Aber Sie verkaufen das jedes Jahr wieder unter einem solch falschen Etikett. Wenn Sie indexieren würden – –
Herr Kollege, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.
Entschuldigung, den Satz darf ich noch sagen mit Ihrer freundlichen Erlaubnis, Herr Präsident. – In der Schweiz, in Frankreich, in den Niederlanden, in Schweden, in den USA, in UK, in den USA und in vielen anderen Ländern wird genau das gemacht, was wir heute wollen. Insofern ist das ein anständiger Umgang – –
(Beifall bei der AfD)
Herr Kollege, ich habe Ihnen gerade das Wort entzogen.
Als Nächster hat das Wort der Kollege Lothar Binding, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7325646 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Steuerentlastung |