Hans MichelbachCDU/CSU - Steuerentlastung
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir, die CDU/CSU-Fraktion, stehen für eine verantwortungsbewusste, wachstumsfreundliche und leistungsgerechte Steuer- und Finanzpolitik. Das bedeutet Entlastung von Bürgern und Unternehmen, Stärkung der öffentlichen Investitionen und Augenmaß bei den Ausgaben. Diese Politik ist seit vielen Jahren eine Erfolgsgeschichte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie zahlt sich für die Bürgerinnen und Bürger aus. Sie trägt zu mehr Wachstum, Arbeit und Beschäftigung bei. Seit 2014 kommen unsere Haushalte ohne Steuererhöhungen und immer neue Schulden aus. Deshalb halten wir auch an dieser grundsätzlichen Politik fest.
Die unionsgeführte Koalition bekämpft bereits seit der letzten und vorletzten Legislaturperiode erfolgreich die kalte Progression durch Anpassung der Tarifeckwerte; das ist die Wahrheit.
(Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])
Das sollten wir auch in dieser Legislaturperiode fortsetzen, und das setzen wir Zug um Zug fort. Das haben wir den Bürgerinnen und Bürgern im Koalitionsvertrag gemeinsam mit unserem Koalitionspartner versprochen, und wir halten gemeinsam Wort.
Die Bürgerinnen und Bürger merken es seit Jahresbeginn erneut auf ihrem Konto. Das Familienentlastungsgesetz bringt allein in diesem Jahr eine Nettoentlastung von 9,3 Milliarden Euro durch Bekämpfung der kalten Progression, durch Anhebung des steuerfreien Existenzminimums und durch Erhöhung von Kindergeld und Kinderfreibetrag. Bis zum Jahr 2022 summiert sich die jüngst beschlossene Entlastung auf insgesamt 35 Milliarden Euro. Das sind 35 Milliarden Euro, die die Menschen mehr im Geldbeutel haben. Das ist die Tatsache, und das ist auch ein guter Anreiz für die Menschen. Vielen Dank!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege Michelbach, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Glaser aus der AfD-Fraktion?
Nein, Herr Präsident. Herr Glaser sollte zunächst einmal die Anträge fertigstellen.
Herr Kollege, es reicht, wenn Sie sagen ob Sie die Zwischenfrage zulassen.
Ich würde sagen: Nein. – Im nächsten Jahr werden wir weitere Entlastungen beschließen.
Meine Damen und Herren, die Verhinderung der kalten Progression und das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bleiben wichtige Beiträge zur Leistungsgerechtigkeit, zur Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Insofern bleibt eine Begradigung des Steuertarifs hin zu einem leistungsfreundlichen Tarif unser Ziel; denn das ist einfach notwendig.
Leistung muss sich in unserer Gesellschaft lohnen.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Tut es aber nicht!)
Deshalb gibt es mit uns auch keine Steuererhöhungen. Das gehört für uns, für die Union, zur erfolgreichen Politik für die leistungsbereite Mitte der Gesellschaft, für Mittelstand und Mittelschicht. Auch heute zahlt der qualifizierte Facharbeiter ja schon fast den Spitzensteuersatz. Der Antrag der AfD, der vom Bund der Steuerzahler abgeschrieben ist, ist deswegen hier absolut überflüssig.
Meine Damen und Herren, das heißt natürlich nicht, dass wir mit der Abflachung der Progressionskurve inzwischen zufrieden sind. Das käme natürlich der großen Zahl der Steuerzahler mit niedrigem und mittlerem Einkommen zugute. Hier ist erkennbar etwas aus dem Lot geraten. Hier gibt es Handlungsbedarf. In den Anfangsjahren der Bundesrepublik griff der Spitzensteuersatz erst beim 15‑Fachen des Facharbeiterlohns; heute greift er bereits beim 1,6‑Fachen. Das zeigt doch: Hier besteht Handlungsbedarf.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der AfD und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Rauf und nach rechts!)
Deswegen ist eine Korrektur natürlich notwendig. In den Koalitionsverhandlungen wäre das leider nur möglich gewesen, wenn wir eine gleichzeitige Erhöhung des Spitzensteuersatzes und einen steileren Tarif akzeptiert hätten – eine bittere Pille. Die 10 Prozent der Steuerzahler mit dem höchsten Einkommen leisten ja bereits über 50 Prozent des Steueraufkommens. Das heißt für uns: Wir wollen und können keinen Anschlag auf die leistungsfreundliche Substanz, auf den Leistungsgedanken verüben. Eine leistungsfeindliche Steuerpolitik ist Gift für unseren Standort. Deswegen machen wir das nicht mit. Wir wollen Wettbewerbsfähigkeit, meine Damen und Herren – auch in der Steuerpolitik.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Aber der Hedgefondsmanager könnte noch was vertragen!)
Das Beispiel des Kollegen Binding
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Jetzt sag nichts Falsches!)
hat mich ziemlich erschreckt; denn derjenige, der ein Einkommen von 1 Million Euro versteuert, zahlt ja zunächst einmal nach Ihrem Beispiel 440 000 Euro Steuern.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja! Ist aber so!)
Natürlich bleiben 560 000 Euro übrig.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das sind keine Einnahmen!)
Aber vielleicht muss er zunächst auch in seinen Betrieb investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das darf man doch nicht vergessen. Man kann doch die Leute nicht an den Pranger stellen, als würden sie letzten Endes nur im Luxus schwelgen. Das sind verantwortungsbewusste Leute, die dieses Geld dann auch wieder in den Wirtschaftskreislauf geben und letzten Endes das, was übrig bleibt, investieren. Insofern kann man diese Leute, die so viel leisten, nicht einfach an den Pranger stellen.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Tun wir ja auch gar nicht!)
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen: Das ist die verkehrte Politik.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Zur FDP kann ich nur sagen: Die FDP hat ihre Chance gehabt, mit uns die Steuerpolitik zu verändern.
(Lachen bei Abgeordneten der FDP)
Herr Kollege Dr. Michelbach, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich kann deutlich machen: Wir sind steuerpolitische Handwerker; Sie von der FDP sind steuerpolitische Mundwerker. Das ist die Tatsache.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Die Entwicklungsmaschine rattert munter! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Hans, das meiste war richtig! – Abg. Christian Dürr [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege Dürr, am Ende einer Rede kann keine Zwischenfrage mehr gestellt werden.
(Christian Dürr [FDP]: Eine Kurzintervention!)
– Das dürfte die Fraktion gerne anmelden, doch vorher hat der Kollege Glaser die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7325653 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Steuerentlastung |