14.02.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 80 / Tagesordnungspunkt 6

Lorenz BeutinDIE LINKE - Kohleausstieg

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Der Kompromiss, über den wir heute reden, ist nicht Konsens. Das machen Zehntausende Schülerinnen und Schüler hier in Deutschland, die Freitag für Freitag auf die Straße gehen, immer wieder deutlich.

(Beifall bei der LINKEN – Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Die sollen in die Schule gehen und nicht auf die Straße!)

Das, was wir hier gehört haben, war zu erwarten: Aus der rechtsradikalen Ecke wurde über einen ökonomischen Selbstmord fabuliert. Sie haben sich dann gleich selbst als Klimaleugner geoutet. Das ist dann auch vollkommen okay. Von der FDP kam wieder der Vorwurf, es sei Planwirtschaft, was die Kommission jetzt vorschlage. Aber ich sage Ihnen: Ihre Antwort der radikalen, der kalten Marktwirtschaft ist die falsche Antwort;

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

denn die Beschäftigten in den betroffenen Regionen brauchen Planungssicherheit, brauchen tatsächlich diese Planungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lämmel von der CDU hat gesagt, was Herr Lämmel von der CDU sagt.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Dies ist meine 18. Rede, die ich in diesem Hause halte, und vieles sage ich hier auch schon beinahe zum 18. Mal. Deswegen werde ich an dieser Stelle nicht sagen, dass das Ausstiegsdatum 2038 viel zu spät ist, dass die Menschen von „Fridays for Future“ recht haben, wenn sie sagen, wir müssten 2030 raus aus der Kohle.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen werde ich an dieser Stelle auch nicht sagen, dass wir jetzt einen Strukturwandel brauchen, dass wir uns jetzt um die Beschäftigten, um die Kohlekumpel zu kümmern haben. Ich war drei Tage lang in der Lausitz, habe mir die Situation dort angeschaut,

(Dr. Martin Neumann [FDP]: Wo denn?)

habe mit den Menschen geredet. Bei ihnen gibt es Angst, Angst, dass sie noch einmal verraten werden. Genau deswegen müssen wir Vertrauen aufbauen, müssen wir die Themen Strukturwandel und Beschäftigung in den Regionen auch ernst nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Last, but not least werde ich natürlich auch nicht sagen, dass die Abschaltungen, die bis 2022 vorgenommen werden, zu spät kommen und viel zu wenige sind. Wir brauchen die Stilllegung der 20 dreckigsten Braunkohlekraftwerke bis 2020. Es ist eine Frechheit, dass diese Kommission vorschlägt, den großen Kohlekonzernen den Ausstieg auch noch zu vergolden und ihnen entgangene Gewinne noch zu erstatten, während es auf der anderen Seite einkommensschwache Familien in Deutschland gibt, auch in meiner Nachbarschaft in Hamburg, die von Stromsperren bedroht sind. Das ist eine falsche Entscheidung.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen möchte ich gerne zu den Zehntausend Schülerinnen und Schülern reden, die Freitag für Freitag auf die Straße gehen: Ihr macht mir Mut, und ihr macht meinen Kolleginnen und Kollegen hier im Deutschen Bundestag Mut, die unentwegt für Klimaschutz aufstehen, die unentwegt für vernünftige Lösungen eintreten

(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Die Kinder werden missbraucht!)

und die beobachten müssen, dass hier auf der rechten Seite viel zu wenig und viel zu spät gehandelt wird. Dafür möchte ich euch auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen herzlich danken.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben eine Situation, die ich Ihnen einmal vor Augen führen möchte – das geht auch an die Schülerinnen und Schüler –: Greta, die 16‑jährige Schülerin, wird verleumdet, wird mit Lügenkampagnen überzogen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist Kindesmissbrauch!)

Es findet eine erbarmungslose Hetze statt. Auch ein Herr Ziemiak aus der Unionsfraktion und Generalsekretär der CDU hat sich nicht entblödet, zu sagen, Greta vertrete nur Ideologie; sie sei ja eine arme Greta. Wissen Sie, wer arm ist? Die grauen Herren, die das Ewiggleiche erzählen. Das sind diejenigen, die ihre Zukunft hinter sich haben; sie sind die Menschen aus der Vergangenheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Oder: Luisa von „Fridays for Future“ aus Berlin bekommt Morddrohungen – eine Schülerin hier aus Berlin, die Morddrohungen bekommt! Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie erbärmlich ist das denn?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Beutin, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung von Herrn Neumann?

Nein, jetzt nicht.

Deswegen sage ich ganz klar: Es ist ein fantastisches Signal, wenn mutige Schülerinnen und Schüler weltweit – bis jetzt in über 40 Staaten – am 15. März 2019 gemeinsam auf die Straße gehen werden, gemeinsam deutlich machen werden: Es ist an der gesamten Menschheit, jetzt zu handeln! Es ist auch an den Opas und an den Omas und an den Eltern, jetzt zu handeln, gemeinsam zu handeln!

Greta hat recht:

(Zuruf von der AfD: Halten Sie die Ideologie von den Kindern weg!)

Was jetzt nicht zählt, ist der Profit, sondern die Menschlichkeit und die Solidarität.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie hat in Davos gesagt:

Unsere Zivilisation wird geopfert für die Möglichkeit einer sehr kleinen Anzahl von Menschen, weiterhin enorme Mengen an Geld zu machen.

Sie war so mutig, den grauen Herren in Davos entgegenzutreten. Genau das müssen wir auch wagen; denn es geht um die Zukunft der gesamten Menschheit, um eine andere Form des Zusammenlebens, um eine andere Form des Wirtschaftens und Konsumierens. Es ist jetzt an der Zeit, zu handeln!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. Dr. Martin Neumann [FDP] meldet sich zu einer Kurzintervention)

Herr Neumann, Sie hatten das Wort. Kurzinterventionen sind hier anzumelden.

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Oliver Wittke.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7325701
Wahlperiode 19
Sitzung 80
Tagesordnungspunkt Kohleausstieg
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta