14.02.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 80 / Tagesordnungspunkt 6

Andreas LenzCDU/CSU - Kohleausstieg

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist das Gute an den vorliegenden Anträgen? Das Gute ist, dass wir die Vorschläge der Kommission da diskutieren, wo sie hingehören, nämlich im Parlament. Aber je öfter ich die Anträge, die hierzu gestellt worden sind, in ihrer Bandbreite lese, das ganze Wirrwarr, desto besser kommt mir das Ergebnis der Kommission vor.

Ich möchte den Antrag der FDP aufgreifen, die für eine einheitliche CO 2 -Bepreisung plädiert und darin die Lösung aller Probleme sieht. Dazu muss man sagen: So einfach ist es eben nicht. Die Planbarkeit des Ausstieges würde massiv abnehmen. Ein noch abrupterer Ausstieg wäre wahrscheinlich die Folge, wenn man mit der CO 2 -Bepreisung alle Ziele verwirklicht sähe. Viele Kolleginnen und Kollegen hier im Raum wissen es vielleicht nicht: Auch die FDP will aus der Kohleverstromung aussteigen; denn der Titel des Antrags lautet ja: „Kohleausstieg mit Verantwortung und Weitsicht“. Das müssen Sie den Menschen dann aber auch sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Dr. Martin Neumann [FDP]: Das ist ja schon beschlossen worden!)

Die Linke fordert, den energieintensiven Industrien bei der Strompreisentwicklung keine Planungssicherheit zu geben, und setzt so den Wirtschaftsstandort Deutschland wirklich aufs Spiel.

Wir müssen es schaffen, Ökonomie und Ökologie zu vereinen, zu versöhnen und den Menschen dabei in den Mittelpunkt zu stellen. Die Kommission hieß übrigens nicht Kohlekommission – das wurde schon angesprochen –, sondern Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Genau das ist auch der Inhalt. Es geht nicht nur um den Kohleausstieg, sondern auch um eine Perspektive für die Menschen vor Ort. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt unserer Politik.

Es gilt, alle drei Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung in den Blick zu nehmen: die ökologische, die soziale, aber auch die ökonomische. Ziel muss sein, dass wir die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung in den Revieren schaffen. Es darf nicht zu Strukturbrüchen kommen. Es muss zu einem geordneten Strukturwandel kommen. Wir wollen Chancen für die Regionen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Natürlich brauchen wir auch die Kreativität der Bundesländer, um einen solchen Strukturwandel zu schaffen. Kollege Lämmel hat davon gesprochen, dass Bayern diesen Strukturwandel geschafft hat. Daraus zu lernen, heißt auch, den Strukturwandel zu bewältigen. Wir brauchen Kreativität, um nicht langfristig zu alimentieren, sondern zu aktivieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Sie machen doch das Gegenteil!)

Wir müssen die Ergebnisse auch mit der Arbeit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ verzahnen. Es geht nicht, dass andere Regionen Deutschlands durch die Beschlüsse der Kommission vernachlässigt werden.

Sieht man sich den Einsetzungsbeschluss der Kommission an, war ihr Ziel, einen Beitrag zu leisten, um die Klimaziele 2020 zu erreichen und das 2030er-Ziel zu gewährleisten, und ein Enddatum der Kohleverstromung festzulegen. Antworten darauf wurden durch die Kommission in einem verlässlichen Rahmen gegeben. Das bedeutet aber, dass wir einen Ersatz brauchen, und zwar durch die Errichtung und Nutzung neuer Gaskraftwerke. Wir brauchen – das belegt jede belastbare Studie – schnelle, kaltstartfähige Gaskraftwerke, am besten dort, wo der Strom gebraucht wird, also auch im Süden der Republik. Wie ideologiegetrieben die Argumente der Grünen beim Thema Gas sind, konnte man gestern sehen. Das zeigt, wohin der Weg der Grünen insgesamt führen würde.

Herr Lenz, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Verlinden?

Ja.

Vielen Dank, Herr Lenz, dass Sie die Frage zulassen. – Ich bin ein bisschen erstaunt, weil Sie gerade gesagt haben: Die komplette Strommenge, die bisher von den Kohlekraftwerken erzeugt wird, soll in Zukunft ausschließlich von Gaskraftwerken erzeugt werden.

Das habe ich nicht gesagt.

Das können wir später im Protokoll nachschauen. Sie haben gesagt: Sie werden durch Gaskraftwerke ersetzt. – Ich möchte Sie fragen: Gilt das 65-Prozent-Ziel, also die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Strommix auf 65 Prozent bis zum Jahr 2030, für die Große Koalition noch, ja oder nein?

Danke für die Frage. – Das eine ist das 65-Prozent-Ziel, das im Koalitionsvertrag steht. Das andere ist, dass wir – unabhängig davon – gesicherte Leistung brauchen. Gesicherte Leistung haben wir eben nur durch gesicherte Kapazitäten, also eben durch Gaskraft. Neben einem Zubau an Erneuerbaren, den wir vereinbart haben, brauchen wir Kapazitäten, um die Versorgung in Deutschland aufrechtzuerhalten.

(Beifall des Abg. Andreas G. Lämmel [CDU/CSU])

Das Thema Versorgungssicherheit muss noch stärker auf die politische Agenda. Die Kommission sieht hier ein stärkeres Monitoring vor. Wir brauchen natürlich auch Anstrengungen beim Netzausbau und die Gewährleistung, dass tatsächlich in Ersatzkapazitäten investiert wird. Die Investitionen in Gas müssen beginnen; sie beginnen auch. Aber wir müssen auch schauen, dass verstärkt in die Kraftwerke investiert wird. Wir brauchen eine gesetzliche Definition, was wir unter Versorgungssicherheit verstehen. Natürlich stehen wir auch bei der Stromversorgung zum EU-Binnenmarkt. Aber wir müssen gewährleisten, dass sich Deutschland zu jeder Tages- und Nachtzeit selbst ausreichend mit Strom versorgen kann, gerade bei Engpässen, auch im Winter.

Die Ergebnisse der Kommission sind nicht bindend. Ich warne auch davor, hinsichtlich der Ergebnisse einen Staatsvertrag zu machen. Der Ball liegt jetzt im Parlament. Wir haben heute den ersten Aufschlag gemacht. Natürlich sind wir dem Steuerzahler verpflichtet. Es geht darum, die notwendigen Mittel bereitzustellen, aber auch nicht mehr als notwendig. Gerade in der Strukturpolitik hilft ein Mehr nicht automatisch mehr. Es geht um einen effizienten Einsatz der Mittel, der aktiviert und nicht alimentiert. Dabei müssen wir die Chancen der Zukunft nutzen und dürfen nicht an der Vergangenheit hängen. Ich freue mich auf die weiteren parlamentarischen Beratungen dazu.

In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Träger [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in der Debatte fortfahren, sei mir der Hinweis gestattet, dass wir genügend Sitzgelegenheiten für alle Mitglieder des Hohen Hauses haben. Ich bitte Sie also, wenn Sie an der Debatte und den darauffolgenden Abstimmungen teilhaben wollen, Platz zu nehmen und die notwendige Aufmerksamkeit für die noch folgenden drei Redner in dieser Debatte herzustellen.

Das Wort hat der Abgeordnete Uwe Kamann.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7325708
Wahlperiode 19
Sitzung 80
Tagesordnungspunkt Kohleausstieg
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta