Mechthild HeilCDU/CSU - Bericht über Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie der Wohngeld- und Mietenbericht wurden Mitte 2017 vorgelegt, Herr Kühn, also kurz vor der Bundestagswahl. Er beschreibt etwas, was derzeit in der öffentlichen Wahrnehmung in ganz Deutschland in den Blick genommen wird: Preiswerter Wohnraum ist in vielen Ballungsgebieten in Deutschland mittlerweile zur Mangelware geworden. Wir haben auf diesen Mangel mit ambitionierten Vorhaben im Koalitionsvertrag, also so schnell als möglich, reagiert. Einige Vorhaben sind schon umgesetzt worden – wir haben davon gehört –, und andere befinden sich gerade in der Umsetzung.
Ja, auch die Opposition hat interessante Vorschläge vorgelegt. Die Diskussion eben hat es gezeigt. Herr Föst, Sie sprachen vom Dachausbau. Das betrifft die Landesbauordnung. Ich rate Ihnen daher: Kümmern Sie sich in Ihrem Land darum, dass die Landesbauordnung entsprechend geändert wird. Bei mir in Rheinland-Pfalz ist es so: Ab vier Geschossen muss man einen Aufzug einbauen. Es gibt andere Länder, die als Regel haben, dass man ab 13 Meter einen Aufzug einbauen muss. Vielleicht kann auch das Land Berlin sagen: „Wir kümmern uns um unsere eigenen Sachen“, ehe das Problem immer dem Bund vor die Füße geworfen wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Ich gehe davon aus und ich bin fest davon überzeugt, dass es dann gelingen wird, den Wohnungsausbau in den stark nachgefragten Regionen in den nächsten Jahren deutlich zu steigern.
Aber ich möchte an dieser Stelle als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt die Diskussion noch in eine andere Richtung lenken. Ich frage mich: Reicht das, was wir vorhaben, eigentlich aus? Können wir mit den beschlossenen Maßnahmen genug Bauland in den Mangelgebieten aktivieren und genug Kapazitäten im Bauhauptgewerbe schaffen, um den Wohnungsbau wirklich anzuregen? Ich fürchte, die Antwort könnte lauten: Nein. Ich begründe das auch gern. Wenn die wirkliche oder auch nur gefühlte Attraktivität der Ballungsgebiete gegenüber dem ländlichen Raum weiterhin so stark steigt, dann wird es auch die beste Wohnungspolitik kaum schaffen, dauerhaft gegen die stetig steigende Nachfrage anzubauen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Erkenntnis ist wahrlich keine neue Erkenntnis; das lehrt uns schon die Geschichte. Bereits bei der großen Urbanisierungswelle in Deutschland um 1900 konnte der Wohnungsbau mit der Nachfrage nicht Schritt halten. Wenn wir einmal die Entwicklung zum Beispiel in Japan – des stark urbanisierten Japans – betrachten, so stellen wir fest: So etwas wollen wir auch nicht. Dort gibt es heute oft kein Wohnraumangebot, das unserer Vorstellung vom Wohnen entspräche. Neben allen Bemühungen zur Steigerung des Wohnungsbaus, die notwendig und auch richtig sind, müssen wir deswegen noch etwas anderes im Auge behalten. Wir brauchen die Entlastung der Zentren, und die kann eigentlich durch eine Attraktivierung der ländlichen Räume erreicht werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Laut einer Umfrage von Infratest dimap würden 40 Prozent der Deutschen am liebsten in einer Kleinstadt und 38 Prozent sogar auf dem Dorf wohnen. 78 Prozent der Deutschen würden gern im ländlichen Raum wohnen.
(Zurufe von der LINKEN)
Nur 52 Prozent der Großstädter geben an, dass die Großstadt ihr bevorzugtes Lebensumfeld ist.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da wird sich Köthen jetzt freuen!)
Das Potenzial, um die Wohnungsmärkte in den Ballungsgebieten zu entlasten, ist also da. Was wir brauchen, ist eine Stärkung auch der ländlichen Räume. Wir müssen dafür sorgen, dass die Heimat im ländlichen Raum eine ernsthafte Alternative ist. Was dafür nötig ist, ist hinreichend bekannt und lässt sich zusammenfassen mit: Infrastruktur, Infrastruktur und noch mal Infrastruktur.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Wer hat denn hier all die Jahre regiert?)
Was ist daran so schwierig?
(Caren Lay [DIE LINKE]: Das frage ich Sie!)
Straßen, Bahnverbindungen, Arbeitsplätze, funktionierende Verwaltungen, Kindergärten,
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Aber warum machen Sie es nicht? Nur zu! Wir warten auf Ihren Antrag für den nächsten Bundeshaushalt!)
Schulen, schnelles Internet und Handyempfang überall!
In allen Grenzregionen in Deutschland kann man erleben, dass das Mobilfunksignal aus unseren Nachbarländern bereits weit vor der Landesgrenze wesentlich besser ist als das aus Deutschland, und dabei arbeiten in Belgien, Dänemark und Tschechien oder auch in Österreich sogar weitgehend die gleichen Mobilfunkanbieter wie bei uns.
Kollegin Heil, achten Sie bitte auf mein Signal und kommen zum Schluss?
Was ich sagen möchte, ist, dass diese Frage eine Frage der gleichwertigen Lebensverhältnisse ist, aber damit auch eine Frage der umfassenderen Wohnungspolitik für dicht und weniger dicht besiedelte Regionen. Wir brauchen mehr Wohnraum.
Das war ernst gemeint!
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7325814 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Bericht über Wohnungs- und Immobilienwirtschaft |