Michael KufferCDU/CSU - Rechtsbehelfe in Umweltangelegenheiten
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht darum, wie man dem mehr als zweifelhaften Geschäftsmodell der Deutschen Umwelthilfe die Grundlage entzieht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das ist es! Dass Sie jetzt darüber reden!)
Es ist einfach eine rechtstechnische Frage. Es ist schon abstoßend – das muss ich Ihnen wirklich sagen –, mit welchem Vokabular hier in der Debatte zur Lösung einer rechtstechnischen Frage aufgewartet wird.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist Herr Scheuer eigentlich?)
Es wird – ganz egal, ob von links oder von rechts in diesem Haus – überhaupt kein Beitrag zur Lösung geleistet.
Ich erinnere mich an die erste Wortmeldung des Kollegen Spaniel, der sagt: Es reicht nicht, wenn Sie sich medial echauffieren. – Das sagt die Partei, die uns heute wieder einen Gesetzentwurf vorlegt, von dem sie entweder weiß oder zumindest wissen müsste, dass er nicht im Mindesten mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Einklang zu bringen ist. Nicht im Mindesten! Ganz ehrlich: Den Tag, an dem Sie einmal hier vorne etwas vorlegen, was Sie vorher gelesen und studiert haben, streiche ich mir im Kalender an. Ich weiß nicht, ob das in dieser Legislaturperiode noch sein wird. Aber ich bin echt gespannt, ob es irgendwann passieren wird.
Der Deutscher Bundestag hat im Sommer 2017, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novellierung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes beschlossen. Damit sind wir einer völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Århus-Konvention und den daraus abgeleiteten EU-Richtlinien in Deutschland nachgekommen. Wir sind damals der unmissverständlichen Aufforderung des EuGH nachgekommen, die Vorgaben der einzelnen Richtlinien gemäß der Århus-Konvention eins zu eins umzusetzen.
Sie können versichert sein, dass die Unionsfraktion damals alle rechtlichen Möglichkeiten zur Planungsbeschleunigung ausgeschöpft hat, die mit dem Europarecht vereinbar waren. Aber da sind die Grenzen halt eng. Man sieht das beim Thema „materielle Präklusion“. Sie wissen, dass uns der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Oktober 2015 hier einen Riegel vorgeschoben hat. Das sitzt uns bis heute im Nacken, weshalb wir uns bei der Durchsetzung unserer politischen Wünsche immer wieder limitiert sehen.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU])
Mit Ihrem Gesetzentwurf kommen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, einfach zu spät. Sie wollen uns wieder etwas vorschlagen, was mit höherrangigem Recht schlicht unvereinbar ist.
Jetzt einmal zum Inhalt des Gesetzes. Nach Artikel 10a der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie sollen die Mitgliedstaaten der EU das Ziel wahren, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. In Deutschland dürfen Umweltverbände und -organisationen daher klagen, wenn sie a) nach ihrer Satzung nicht nur vorübergehend die Ziele des Umweltschutzes fördern und b) gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 der Abgabenordnung verfolgen.
Letzterer Punkt ist mir besonders wichtig. Die Deutsche Umwelthilfe steht diesbezüglich in der Kritik. Ich sage auch: Sie steht zu Recht in der Kritik. Die CSU und auch die CDU haben auf ihren Parteitagen deshalb beschlossen, eine Prüfung der Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe anzustoßen.
(Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU] – Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der erste Schritt! Und der zweite kommt!)
Gleiches hat die Bundesregierung angekündigt.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Angekündigt? Die hat den Antrag schon vorliegen!)
Förderungsbewilligung für den Erhalt öffentlicher Mittel bei zweifelhaften Methoden kritisch zu beleuchten, ist legitim. Aber deshalb Europarecht zu brechen, ist kein probates Mittel, und es ist für uns kein probates Mittel, mit dem wir diesem Ziel nachgehen werden. Das kann ich Ihnen ganz deutlich sagen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist der Unterschied zwischen uns und euch! Das ist ja das Dilemma!)
Das führt mich zu Ihrem Gesetzentwurf, aus dem ich mal zwei Punkte zitieren will. Erstens. Sie wollen die Zulassung von Verbänden vor Gericht verbieten, wenn diese „Spenden von außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes“ erhalten.
(Lachen der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die AfD verbieten! – Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])
Der Humor ist wirklich speziell. Kehren Sie doch erst einmal vor Ihrer eigenen Haustüre!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Spendengelder aus der Schweiz mit unklarer Identität des Spenders gehören wohl kaum zu einer hinnehmbaren Praxis im Parteienrecht.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: CDU und Spenden! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: CDU-Spendenaffäre! – Weitere Zurufe von der AfD)
Dass sich jemand wie Sie dann über derartige Praktiken echauffiert, ist einfach falsch. Sorry.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Kuffer, der Kollege Hampel möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.
Nein, danke.
(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ich würde auch keine zulassen bei Spenden!)
Zweitens. Den Zugang zu Gerichten wollen Sie Umweltverbänden künftig nur noch gewähren, wenn diese „mindestens eins vom Tausend der wahlberechtigten Einwohner in ihrem Tätigkeitsbereich“ als Mitgliederzahl aufweisen können. In Deutschland könnten demnach Umweltverbände nur noch dann klagen, wenn sie rund 62 000 Mitglieder oder mehr haben.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Ja!)
– Ja, genau. Das zeigt wieder: Sie haben es nicht gelesen. – Gucken Sie sich das EuGH-Urteil vom 15. Oktober 2009 an. Darin werden Sie finden, dass bereits die Vorgabe einer Mindestanzahl von 2 000 Mitgliedern unionsrechtlich problematisch bewertet worden ist. Lesen Sie es halt mal, Himmel noch mal, bevor Sie uns hier dauernd mit solchen Schaufensterdebatten aufhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Klaus Mindrup [SPD]: Und verstehen!)
Wenn Sie diese pauschale Ausgrenzung – es geht nämlich genau darum, die solide arbeitenden Verbände nicht zu treffen – zum Bestandteil Ihrer Gesetzgebung machen wollen, dann führen Sie damit die Öffentlichkeitsbeteiligung als elementares Gut unseres Rechtsstaats ad absurdum.
Deshalb sage ich Ihnen zum Schluss: Es bleibt dabei: Wir lehnen Ihren Entwurf ab. Wir halten uns an Europa und an Völkerrecht.
(Karsten Hilse [AfD]: Sie halten lieber Sonntagsreden!)
Wir machen sozialverträgliche, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Klimaschutzpolitik, bei der sich die Bürger weiterhin beteiligen sollen.
(Karsten Hilse [AfD]: Weiter verarscht fühlen! Ganz genau!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7325937 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Rechtsbehelfe in Umweltangelegenheiten |