Elisabeth Winkelmeier-BeckerCDU/CSU - Information über Schwangerschaftsabbruch
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Seit gut einem Jahr führen wir in diesem Haus eine sehr kontroverse Debatte über die Abschaffung des Werbeverbots für Abtreibungen. Heute liegt erstmals ein Kompromiss als Grundlage vor, den die Minister der Koalition erarbeitet haben. Erst einmal herzlichen Dank dafür, dass Sie das auf den Weg gebracht haben.
Die Kurzbotschaft dieses Kompromisses lautet: Das Werbeverbot nach § 219a StGB bleibt in der Substanz erhalten. Das war für uns essenziell. Aber wir greifen auch zwei Anliegen auf, die diejenigen, die für eine Abschaffung sind, in den Mittelpunkt gestellt haben, und zwar einmal aus dem Blickwinkel der Frauen und zum anderen aus dem Blickwinkel der Ärzte:
Wir verstehen, dass Frauen bei einer ungewollten Schwangerschaft in einer schwierigen Situation sind und Informationen suchen. Heutzutage schauen sie typischerweise ins Netz und suchen dort nach Informationen, wo sie gegebenenfalls eine Abtreibung durchführen lassen können, nach Informationen über medizinische Fragen usw. Deshalb haben wir uns vorgenommen, valide sicherzustellen, dass die Frauen an diese Informationen kommen. Wir haben die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Blick. Sie soll dafür sorgen, dass medizinisch verlässliche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Ich bin mir sicher, dass dort nicht der Fehler gemacht wird, einen Fötus mit Schwangerschaftsgewebe zu vergleichen.
Wir haben die Bundesärztekammer gebeten, sich darum zu kümmern, dass es immer eine aktuelle Liste über entsprechende Ärztinnen und Ärzte gibt. Da gab es bisher Defizite; das muss man einräumen. Solche Informationslücken werden in Zukunft verlässlich geschlossen.
Für diese beiden Punkte wäre eigentlich keine Gesetzesänderung nötig gewesen. Das hätte man auf dem einfachen Wege über eine Vereinbarung oder eine Anweisung machen können; aber es schadet auch nicht.
Meine These ist übrigens, dass die Frage, wo und wie eine Abtreibung erfolgen kann, in der Phase des Ob, also wenn es darum geht, ob sich die Frau für das Kind entscheidet oder für eine Abtreibung, nicht die entscheidende Rolle spielt. Das kommt zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Entscheidung gefallen ist. Dann möchten die Frauen natürlich alle Details wissen. Da hat es nie eine Beschränkung gegeben, weder nach der heutigen Rechtslage noch zu einem anderen Zeitpunkt.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht, Frau Kollegin!)
Der Arzt ist verpflichtet, dann, wenn es zu einer Abtreibung kommen soll, jede Information zu geben.
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Movassat von der Fraktion Die Linke?
Ja.
Danke, Frau Kollegin, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Sie bringen Ihren Gesetzentwurf heute das erste Mal in den Bundestag ein, und schon am Montag werden wir im Rechtsausschuss eine Expertenanhörung dazu haben. Das ist ein irrsinnig schnelles Tempo.
Sie haben heute viele Aspekte gehört, mit denen verfassungsrechtliche Bedenken zu diesem Gesetzentwurf vorgebracht wurden. Diese werden wir wahrscheinlich auch in der Anhörung mitgeteilt bekommen. Mich würde interessieren: Halten Sie das Verfahren in dieser Form und in diesem Tempo für seriös? Wie sollen sich die Experten in dieser kurzen Zeit zu Ihrem Gesetzentwurf äußern? Können Sie zusagen, dass Sie, je nachdem, was die Experten am Montag sagen, genug Zeit einräumen, damit diese möglicherweise angebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken in Ihren Gesetzentwurf einfließen können? Oder sind diese Anhörung am Montag und das ganze Verfahren eine Farce, und wollen Sie das Ganze hier im Parlament schnell durchpeitschen?
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Thomae [FDP]: Letzteres! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Einmal zu schnell, einmal zu langsam!)
Danke für Ihre Frage. – Ich habe eingangs gesagt, dass wir diese Debatte seit Anfang dieser Legislaturperiode führen. Das ganze Pro und Kontra ist nun wirklich in allen Varianten zigmal abgewägt worden, und alle Argumente sind ausgetauscht worden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das will er nicht wissen!)
Die Eckpunkte zu unserem Gesetzentwurf – bleiben Sie bitte stehen – liegen seit Ende des letzten Jahres vor und sind jetzt nur noch einmal konkretisiert worden. Von daher sehe ich überhaupt keine Einschränkung in der umfassenden Diskussion. Alles liegt auf dem Tisch, und alles ist bekannt. Ich glaube, die Positionen sind halbwegs klar und sicher.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ob ein Verfahren ordnungsgemäß abläuft – ja oder nein? –, das richtet sich nach der Verfassung und der Geschäftsordnung. Da sehe ich überhaupt kein Problem.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist das! Sehr gut!)
Ich möchte auf die Situation zurückkommen, in der die Frau noch über das Ob eines Schwangerschaftsabbruchs entscheidet. Da ist aus unserer Sicht weiterhin entscheidend, dass die Beratung der richtige Ort ist, um die anderen Fragen zu entscheiden: Was sagt der Partner dazu? Welche Hilfen habe ich, wenn ich mich für ein Leben mit dem Kind entscheide? Auch die Grundrechte des Kindes, etwa sein Lebensrecht, werden in der Beratung erörtert.
Deshalb ist dort der wichtigste Platz.
Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Am Ende der Beratung ist die Frau frei in ihrer Entscheidung. Sie braucht niemandem etwas zu erklären. Sie braucht nichts zu rechtfertigen. – Deshalb: Alle, die hier weiter die Freiheit der Frau reklamieren, haben bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass die Frau diese Entscheidung frei treffen kann. Es ist der Ausdruck des höchsten Respektes gegenüber der Frau, dass sie diese Entscheidung alleine trifft und auch alleine verantwortet.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich fände es im Übrigen auch gut, wenn wir zusätzlich eine Liste der Beratungsstellen ins Netz stellen würden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit dem Kompromiss legen wir auch den Streit darüber bei, ob Ärzte auf ihrer Homepage über die Tatsache, dass sie Abtreibungen durchführen, informieren dürfen. Gerade war von den unausgelasteten Mathematikstudenten die Rede. Für sie habe auch ich keine Sympathie. Sie kommen mir ein bisschen vor wie die Deutsche Umwelthilfe der Abtreibungsärzte.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt wirklich unterirdisch!)
Die DUH ist auch nicht unbedingt mit viel Sympathie verbunden.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss.
Was uns hier vereint, ist der Wille, den gesellschaftlichen und politischen Kompromiss, den wir in diesem Land haben, weiterzutragen, ihm ein Update zu geben. Ich glaube, in diesem Sinne werden wir die Beratungen führen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt spricht jetzt der Kollege Alexander Hoffmann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe eine Bitte an die hinteren Reihen der CDU/CSU-Fraktion: Es wäre nett, wenn Sie Ihren eigenen Rednern zuhören und die Unterhaltungen einstellen würden.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7325954 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Information über Schwangerschaftsabbruch |