Pascal KoberFDP - Erstattungsforderungen an Flüchtlingsbürgen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2015 sind viele Menschen aus Kriegsgebieten nach Deutschland gekommen, um hier um Asyl nachzufragen. Viele konnten sich in Sicherheit bringen und sind nach Deutschland gekommen. Aber das war nicht jeder und jedem möglich. Manche Familienangehörige, auch Einzelpersonen haben den Weg nicht geschafft. In dieser Situation sind einige Menschen in Deutschland persönlich und ganz privat in die Verantwortung getreten und haben es ermöglicht, dass diese Menschen nach Deutschland kommen, um hier auf ganz legalem Weg um Asyl nachzufragen.
Das haben sie gemacht, indem sie eine sogenannte Verpflichtungserklärung unterzeichnet haben, in der sie sich verpflichtet haben, für den Lebensunterhalt und für die Kosten der Krankenversicherung während des gesamten laufenden Asylverfahrens zu bürgen. Und sie haben das auch bezahlt. Damit haben sie unserem Staat zunächst einmal Geld und Aufwand erspart. So weit, so unproblematisch.
Den Menschen war durchaus klar, dass sie für den Unterhalt der Geflüchteten aufkommen müssen. Allerdings kam es in vielen Fällen auch dazu, dass sie über die Dauer ihrer Bürgschaft nicht korrekt und nicht umfassend beraten worden sind. Hierzu kam es zum Beispiel auch unter anderem deshalb, weil Bund und Länder teilweise unterschiedlicher Rechtsauffassung waren, wie lange zum Beispiel eine Bürgschaft Gültigkeit behält.
Manche Länder waren der Überzeugung, dass eine Bürgschaft für einen Menschen mit der Anerkennung als Flüchtling endet, und haben die Bürgerinnen und Bürger entsprechend beraten. Der Bund wiederum war der Auffassung, dass die Bürgschaft auch nach der Anerkennung als Flüchtling weiterhin bestehen bleibt, was auch, wie sich später herausstellte, die korrekte Rechtsauslegung war. Aus diesem Grund haben – das ist auch erst mal ganz normal – die Jobcenter den Bürgen Rückforderungsbescheide zugeschickt, in denen sie Erstattungen der geleisteten Grundsicherungsleistungen verlangt haben.
Nun sind wir als Freie Demokraten eine Rechtsstaatspartei. Wir sagen: Selbstverständlich müssen auch Bürgen im Rahmen der eingegangenen Bürgschaften tatsächlich bürgen – einerseits.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Andererseits gehört es aber eben auch zur Rechtsstaatlichkeit, dass der Bürger darauf vertrauen können muss, dass die Behörden ihn korrekt informieren. Kein Bürger in diesem Land muss damit rechnen, dass eine staatliche Behörde ihn möglicherweise unzureichend oder falsch und unzutreffend aufklärt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Wenn ein Bürger beispielsweise aufgrund solcher Nachlässigkeiten oder unterschiedlicher Rechtsauffassungen von Behörden zur Kasse gebeten wird, dann müssen wir als Rechtsstaatspartei ihn davor eben auch schützen.
Unter Beteiligung des nordrhein-westfälischen Integrationsministers Joachim Stamp ist zwischen Bund und Ländern in einer zähen Verhandlung eine Kompromisslösung auf den Weg gebracht worden, die besagt, dass Rückforderungsbescheide gegen Bürger aufgehoben werden, sofern sie falsch oder unzureichend beraten worden sind. Laut Kompromisslösung tragen die Kosten dann die Bundesländer und der Bund. Das ist eine Lösung, die fair ist.
Dort, wo Bürgen falsch informiert worden sind, fordern wir, dass wir mit Augenmaß und Großzügigkeit bzw. im Sinne eines Rechtsstaats unserer Verantwortung nachkommen und niemanden zur Kasse bitten, der falsch beraten worden ist.
(Beifall bei der FDP)
Wo hingegen richtig beraten worden ist und wo die Entscheidung zur Bürgschaft auf einer richtigen Beratung beruht hat, fordern wir allerdings auch, dass die Bürgschaft erbracht wird.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Für die SPD-Fraktion hat nun Gabriele Hiller-Ohm das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7329009 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Erstattungsforderungen an Flüchtlingsbürgen |