Patrick SensburgCDU/CSU - Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Regierungsbefragung stellt eine besondere Möglichkeit dar, Fragen an die Bundesregierung zu richten und miteinander in einen Dialog zu treten und aufeinander einzugehen. Es ist nicht die einzige Möglichkeit, die Bundesregierung zu befragen. Das sieht man allein an der in dieser Legislaturperiode gestiegenen Anzahl an Kleinen Anfragen. Darüber müssen wir sicherlich gesondert reden; denn die Bundestagsverwaltung muss es schaffen, die Vielzahl an Kleinen Anfragen zu händeln, aber auch die Bundesregierung muss es schaffen, die vielen Kleinen Anfragen vernünftig zu beantworten.
Es könnte eine sehr lebendige und sehr anschauliche Art der Befragung sein. Doch wenn man sich die Regierungsbefragung anschaut, merkt man: Es ist nicht besonders lebendig und nicht besonders anschaulich. Leider muss man sagen: Die eine oder andere Talkshow im Fernsehen, an der Regierungsvertreter teilnehmen, ist deutlich spannender, als es die Regierungsbefragung oftmals gewesen ist.
(Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Das liegt nicht an der Regierung!)
Darum gab es hinsichtlich der Regierungsbefragung auch eine Vielzahl von Änderungswünschen vonseiten der Parlamentarier. Dazu gehörten zum Beispiel die Kenntnis der Kabinettstagesordnung, eine spezielle Befragung der Bundeskanzlerin bzw. des Bundeskanzlers und mehr Zeit für die Regierungsbefragung, für die bisher 30 Minuten angesetzt waren.
Der nun vorliegende Vorschlag der Koalition geht auf viele dieser Punkte ein und geht sogar darüber hinaus. Erstmals muss sich die Bundeskanzlerin bzw. der Bundeskanzler einer turnusmäßigen Befragung stellen; das ist dreimal im Jahr vorgesehen. Der Bundestag erhält zukünftig die Tagesordnung der Kabinettssitzung, die mittwochs vor der Regierungsbefragung stattfindet, sodass man weiß, was im Kabinett diskutiert worden ist, und sich detailliert auf die Fragen an die Bundesregierung vorbereiten kann. Es wird kein Thema als Gegenstand der Regierungsbefragung vorgegeben, sondern die Abgeordneten, die die Fragen stellen, entscheiden selber, zu welchen Themen sie die Bundesregierung befragen. Für die Regierungsbefragung werden regulär 60 Minuten angesetzt. Das ist doppelt so viel wie bisher; da waren es 30 Minuten. Eine Verlängerung um weitere 15 Minuten ist bei Bedarf durch den Präsidenten des Deutschen Bundestages möglich. Und es wird festgeschrieben, dass mindestens ein Bundesminister bei jeder Regierungsbefragung anwesend ist. Bislang war dies gar nicht ausdrücklich geregelt.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Das ist keine Regierungsbefragung gewesen, wenn kein Regierungsminister da ist!)
Das sind viele Punkte. Ich halte diese Punkte, die in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages geregelt werden sollen, insbesondere vor dem Hintergrund der schon bestehenden Regelungen in der Geschäftsordnung für richtig und sehr pragmatisch. Sie geben die Chance, eine lebendige und anschauliche Regierungsbefragung durchzuführen.
(Beifall des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU])
Trotzdem äußerte die Opposition in Form von FDP, der Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gegenüber den Neuregelungsvorschlägen erhebliche Kritik. Sie äußerte, dass das Fragerecht durch die Reform bedroht sei. Die Regierungsbefragung würde starrer, unflexibler und behördenmäßiger. So habe ich die Äußerung verstanden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Michael Frieser [CDU/CSU]: Applaus von der falschen Seite!)
– Frau Kollegin Haßelmann und die Parlamentarischen Geschäftsführer der genannten Fraktionen klatschen. Aber jetzt müssen Sie sich von mir auch vorhalten lassen, was Ihre Vorschläge waren und worin sich die Vorschläge unterscheiden.
Was die Kanzlerbefragung anbetrifft, hat die Koalition vorgeschlagen, diese dreimal im Jahr zu machen.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir schon!)
Die FDP hat in ihrem Entwurf vorgeschlagen, die Kanzlerin viermal im Jahr zu befragen,
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Plus Minderheitenrecht, Patrick! Wenn, dann richtig zitieren!)
und die Fraktion Die Linke hat vorgeschlagen, die Kanzlerin jedes Quartal zu befragen. Das ist auch viermal im Jahr.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir sind die Guten!)
Wir unterscheiden uns in der Anzahl der Befragungen. Es geht um drei oder vier Befragungen. Ob ich so harte Worte ins Feld führen würde, wenn der Unterschied so marginal ist, weiß ich nicht.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Richtig lesen und richtig zitieren!)
Übrigens hat die Bundeskanzlerin bei den bereits durchgeführten Kanzlerinnenbefragungen doch in beeindruckender Weise gezeigt, wie gut sie auf Fragen antwortet, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Übermittlung der jeweiligen Kabinettstagesordnung ist allen Vorschlägen gemeinsam. Da gibt es keinen Dissens, wenn ich das richtig sehe. Dass kein Thema vorgegeben wird, ist auch allen Anträgen gemeinsam. Auch da gibt es keinen Dissens. Eine Verlängerung der Befragung der Bundesregierung auf 60 Minuten wünschen sich auch alle. Da gibt es auch keinen Dissens.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir schon! Wer schon mal da war, weiß das!)
Der zweite Dissens, den ich feststelle, liegt darin, wie viele Minister zur Befragung zur Verfügung stehen sollen. Im Vorschlag der Koalition ist vorgesehen, dass mindestens ein Mitglied der Regierung anwesend sein soll.
(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wäre es denn mit allen?)
– „Wie wäre es denn mit allen?“, wird da eingeworfen. Sie waren nicht bei der Anhörung. Sie können es nicht wissen, wenn Sie es nicht nachgelesen haben. Darauf komme ich gleich noch zurück.
Jetzt kommt die große Kritik – ich hätte mir gewünscht, dass man auch mal in die eigenen Gesetzentwürfe schaut –, und die Kritik ist schon relativ harsch formuliert.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Gesetzentwürfe? Ich dachte, es geht um die Geschäftsordnung!)
– Manche wünschen sich ja eine gesetzliche Änderung und keine Änderung der Geschäftsordnung, Herr Kollege. Das hat ja die entsprechende Anhörung ergeben.
Im Vorschlag der Linken steht dazu:
Es wird der Erwartung Ausdruck verliehen, dass zugleich stets auch mehr als ein Regierungsmitglied an der Regierungsbefragung teilnimmt.
Das ist ein feiner semantischer Unterschied – das ist richtig –; es ist aber nur eine kleine Nuance. Man sollte einmal schauen, wie die Bundesregierung das leben wird. Ich könnte mir vorstellen, dass die Bundesregierung schon aus eigenem Interesse mit mehr als einem Minister vertreten sein wird;
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Kein einziges Mitglied der Bundesregierung ist da! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind wir ja mal gespannt!)
denn dann können Fragen zu den einzelnen Fachressorts entsprechend beantwortet werden.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Herr Sensburg, dann loben wir Sie!)
Jetzt zur FDP. Die FDP schlägt vor, dass die Fragen durch einen Minister oder einen Staatssekretär unter Wahrung von Artikel 43 beantwortet werden.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Nein! Durch einen Minister!)
– Doch, ich habe es dabei. Wenn Sie eine Frage stellen, zitiere ich aus Ihrem Vorschlag. Dann verlängert sich meine Redezeit.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das wollen wir nicht! Dazu haben wir keine Lust!)
Meine Damen und Herren von der Opposition, warum solche harschen Worte? Die FDP spricht von „irrelevanter Quatschbude“. Das ist ganz nah an einer Äußerung von Kaiser Wilhelm II., den man hier eigentlich nicht zitieren sollte.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Nein, das ist Carl Schmitt, Mensch! Das war ein Zitat, Patrick!)
Richtig ist: In der Geschäftsordnung können wir das Zitieren einzelner Minister oder gar des ganzen Kabinetts nicht regeln. Ich würde Ihnen jetzt gerne alle Zitate der Sachverständigen vortragen; dazu fehlt aber die Zeit. Ich zitiere nur Professor Morlok: Ich habe Zweifel daran, ob es sinnvoll ist, immer alle Mitglieder der Bundesregierung in die Regierungsbefragung zu zitieren, da meistens aus aktuellem Anlass doch nur ein oder zwei Minister in die Mangel genommen werden. Soll der Rest des Kabinetts als Kulisse dahinterstehen? Dies erscheint mir doch nicht sehr sinnvoll. – Von der Kritik bleibt also nicht viel übrig.
Ich wünsche mir, meine Damen und Herren von der Opposition, dass Sie sich die Vorschläge einmal genau anschauen. Sie werden sehen, wie viel sich von Ihren Ideen dort wiederfindet. Ich wünsche mir, dass wir dann gemeinsam zu einer Regelung kommen, die die Regierungsbefragung dann doch interessanter macht. Der Bundestagspräsident hat angekündigt, dass er sehr stark darauf achten wird, dass ein Fragekomplex in Gänze beantwortet wird. Ich glaube, es ist ein guter Ansatz, dass wir nicht von Thema zu Thema springen.
Kollege Sensburg, ich bin gehalten, auf die Einhaltung der Redezeit zu achten.
Das mache ich jetzt. – Ich wünsche mir, dass wir dies gemeinsam beschließen und einen Schritt weiterkommen. Wenn es noch weitere Verbesserungsvorschläge geben sollte, werden wir uns diese ansehen. Auseinanderdividieren lassen sollten wir uns nicht. Ich hoffe heute auf eine gute Beratung und eine gute Abstimmung.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Seitz das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7329024 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages |