Carsten SchneiderSPD - Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der erste Antrag, den wir als SPD-Fraktion in der neuen Legislaturperiode in den Bundestag eingebracht haben, beschäftigte sich mit der Reform der Geschäftsordnung des Bundestages, insbesondere mit der Form der Regierungsbefragung und der Befragung der Kanzlerin. Wir als SPD haben es in der Situation, als wir alle noch nicht wussten, was für eine Regierung sich bildet, Ihnen als Fraktionen möglich gemacht, dem zuzustimmen. Damals deutete sich eine Jamaika-Koalition an.
Sie als FDP und Grüne haben das damals – ich bringe das jetzt, weil die Kritik in der Öffentlichkeit, die ich dazu vernommen habe, so harsch war – in die Ausschüsse verwiesen; „versenkt“ könnte man auch sagen. Das hat in Ihren Verhandlungen auch keine Rolle gespielt. Uns Sozialdemokraten war die Reform des Bundestages – die Debatten attraktiver zu machen, die Fragestunde aufzuwerten, dem Parlament mehr Rechte zu geben und die Kanzlerin hier verpflichtend dreimal im Jahr befragen zu können – so wichtig, dass wir das zu einer Bedingung und zu einem Grundpfeiler der Koalition gemacht haben. Und heute liefern wir.
(Beifall bei der SPD)
Herr Buschmann, wenn Sie die Anträge, die wir zur Änderung der Geschäftsordnung eingebracht haben, vergleichen, stellen Sie fest: Ein einziger Punkt ist anders, und zwar die Häufigkeit, wie oft die Bundeskanzlerin sich hier zu äußern hat. Damals haben wir in der Tat vier Mal gefordert, heute sind es drei. Das ist dem Kompromiss mit der Union geschuldet. Wir hätten gerne die vier Mal beibehalten, aber sind froh, dass es überhaupt eine Möglichkeit gab, das festzuschreiben. Ich finde auch, die Kanzlerin hat das sehr gut gemacht. Ich hätte nichts dagegen, wenn sie freiwillig öfter käme.
(Beifall bei der SPD)
Zum Zweiten ist von uns, nicht geregelt in der GO, aber generell vereinbart – das halte ich für einen Fortschritt, um das verbindend zu sagen –, dass wir in diesem Parlament nicht nur Debatten zu Anträgen, sondern auch Orientierungsdebatten führen. Das haben wir bei der Debatte zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gemacht. Ich könnte mir vorstellen und wünsche mir das auch, das in Zukunft öfter zu machen, bei ungeklärten Fragen, wenn die parteipolitischen Farben noch nicht so klar erkennbar sind und wir uns eventuell noch im offenen Meinungsbildungsprozess befinden; denn auch das hilft.
Zudem wird die Regierungsbefragung selbst von 30 auf 60 Minuten verlängert.
Ich glaube, dass diese Punkte samt Orientierungsdebatte dieses Parlament stärken, es der Regierung aber auch nicht unmöglich machen, zu regieren, was ihr Hauptjob ist. Warum sage ich das? Ich sage das, weil es Stimmen gibt, die zum Beispiel bei der Regierungsbefragung die komplette Ministerriege hier haben wollen. Ich halte das für groben Unsinn.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Erstens gibt es für uns nicht nur am Mittwoch in der Plenarsitzung die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Vielmehr haben Sie in jeder Ausschusssitzung – sei es im Haushaltsausschuss, im Finanzausschuss, im Innenausschuss etc. – die vollen Rechte und Fragemöglichkeiten dieses Parlaments, um die Regierung zu kontrollieren.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Minister? Jede Woche? In welchem Ausschuss sitzen Sie denn?)
– Im Haushaltsausschuss haben wir jede Woche einen Minister gehabt, Frau Haßelmann.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Wahrscheinlich in der Haushaltswoche!)
Im Übrigen entscheidet der Bundestag selbst mit Mehrheit, ob er das will oder nicht. Auch dies ist uns unbenommen. Wir als Parlament sollten das – wir als SPD-Fraktion sind so selbstbewusst – auch einfordern.
Ich glaube, wenn Sie es sich genau angucken, können Sie guten Gewissens und mit Überzeugung – wir Sozialdemokraten jedenfalls können das – diesen Änderungen der Geschäftsordnung des Bundestages, die zumindest bis zum Ende der Legislatur gelten werden, zustimmen. Sie stärken die Rechte des Parlaments und der Abgeordneten, aber führen nicht zu einer Vorführung. Warum sage ich das? Es bringt nichts, wenn wir eine Frage an eine Ministerin oder einen Minister haben, alle anderen Spalier stehen zu lassen; die sollen ihre Arbeit machen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es richtig ist, jeden Minister mindestens einmal im Jahr hier zu haben. Das hindert die Regierung aber nicht, uns mehr zu schicken. Das hindert auch nicht daran, uns selbst zu ermächtigen – das können wir hier beschließen –, dass es mehr sind. Daher bitte ich Sie um Zustimmung. Es ist ein Fortschritt für die Demokratie und auch für unseren Bundestag.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die FDP-Fraktion hat nun Dr. Marco Buschmann das Wort.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7329026 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 83 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages |