Sebastian MünzenmaierAfD - Nationale Tourismusstrategie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die nationale Tourismusstrategie der Bundesregierung – das unbekannte Wesen. Bereits seit Konstituierung dieser nicht mehr ganz so großen Koalition wabert der Begriff durch die Tourismusbranche und über die Flure des Deutschen Bundestags. Bisheriger Inhalt? Vollkommene Fehlanzeige! Dabei wäre eine Strategie, die auf Bundesebene die Rahmenbedingungen für die Branche verbessert, definitiv zu begrüßen. Es gibt unzählige Probleme, die diese Strategie aufgreifen oder – noch besser – lösen sollte.
Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung bedroht Existenzen. Viele Betriebsübergaben oder Neugründungen im gastronomischen Bereich scheitern an bürokratischen Hürden. Unser Arbeitszeitgesetz verhindert Freiräume für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die komplizierte Fördermittelstruktur wird wohl von kaum einem Mittelständler durchschaut, und über noch größere Projekte wie beispielsweise eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur oder eine flächendeckende 5G-Netzabdeckung wage ich überhaupt nicht zu sprechen.
Sie sehen, meine Damen und Herren: Zu tun gäbe es genug. Wir als AfD-Fraktion fordern deshalb eine nationale Tourismusstrategie, die diesen Namen auch verdient hat.
(Beifall bei der AfD)
Hierzu gehört erstens eine klare Schwerpunktsetzung und zweitens eine realistische Lageeinschätzung, was wir auf Bundesebene überhaupt regeln können. Apropos Schwerpunktsetzung: Meine Freunde auf der linken Bank haben in ihrem Antrag zur Tourismusstrategie den Schwerpunkt beispielsweise auf Kindergartenabschlussfahrten gelegt.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ihr habt keine Freunde!)
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich sind Kinder- und Jugendreisen wichtig; aber wenn Sie den Schwerpunkt einer bundesweiten Strategie für eine Branche, die für eine Bruttowertschöpfung von 105 Milliarden Euro verantwortlich ist und in der knapp 3 Millionen Menschen arbeiten, auf Kindergartenabschlussfahrten legen, dann muss ich sagen: Sie haben die Bedeutung dieser Aufgabe nicht erkannt. Ihren Antrag lehnen wir ab.
(Beifall bei der AfD – Zuruf von der LINKEN: Sie haben es nicht verstanden!)
Kommen wir zur realistischen Lageeinschätzung zurück. Da der Tourismus, gemäß Kompetenzverteilung des Grundgesetzes, Ländersache ist, kann eine nationale Tourismusstrategie auf Bundesebene letztendlich nur die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Land prägen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Statt das offen zu sagen, wird die Tourismusbranche von SPD und CDU/CSU regelmäßig enttäuscht. Die Koalition hat mit der Strategie unglaublich hohe Erwartungen geweckt, und alle warten jetzt gespannt auf die kommende Arbeitserleichterung. Aber genau Ihre Koalition kann sich doch schon über einfachste Sachverhalte in diesem Bereich überhaupt nicht einigen; Herr Bareiß hat es eben angesprochen.
Wir müssen die gewerbesteuerliche Hinzurechnung angreifen. Am Mittwoch haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD, Ihrem eigenen Koalitionspartner öffentlich widersprochen und haben gesagt: Nein, wir werden das Thema gewerbesteuerliche Hinzurechnung politisch nicht mehr angreifen und warten stattdessen auf ein Gerichtsurteil.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Blödsinn!)
Das ist ein Armutszeugnis für diese Regierung. Und es ist vor allem ein Armutszeugnis für das Selbstverständnis eines jeden roten Abgeordneten hier im Hohen Haus.
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Du kannst dich wieder setzen! Du hast keine Ahnung!)
– Wissen Sie, was? Ich weiß ja, dass Ihr Selbstbewusstsein äußerst angeknackst ist. Und wenn ich mir Sie und Ihr Führungspersonal anschaue, dann verstehe ich auch, warum.
(Beifall bei der AfD – Ulli Nissen [SPD]: Was ist mit den Spenden?)
Dass es schon so weit ist, dass Sie sich politische Lösungen überhaupt nicht mehr zutrauen und sich hinter Gerichtsurteilen verstecken, ist starker Tobak. Kleiner Tipp: Vielleicht sollten Sie, statt hier rumzusitzen und zu pöbeln, Gerichtsprozessbeobachter für eine Ihrer vom Aussterben bedrohten SPD-Zeitungen werden
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Beim Pöbeln sind Sie der Experte!)
und in Zukunft das Bundestagsmandat denjenigen überlassen, die politisch etwas ändern wollen.
(Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo sind denn die Spenden, Herr Münzenmaier?)
Im Gegensatz zu Ihrer Trümmertruppe versucht die FDP-Fraktion wenigstens noch, politisch zu wirken, und will der nationalen Tourismusstrategie mit immerhin 17 Punkten Kontur verleihen. Schade ist ehrlich gesagt nur, dass diese Themenliste zum größten Teil aus Allgemeinplätzen besteht. Sie wollen zum Beispiel prüfen, ob einfachere Förderinstrumente für mehr Investitionen sorgen.
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Ja, ein ganz wichtiger Punkt!)
Liebe Liberale, das ist eine Binsenweisheit. Das muss nicht geprüft, sondern umgesetzt werden.
(Beifall bei der AfD – Dr. Marcel Klinge [FDP]: Dann legen Sie mal Ihre Vorschläge vor! Da war immer noch nichts zu lesen von Ihnen!)
Herr Klinge, Ihren Antrag werden wir im Ausschuss trotzdem gerne beraten.
(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Das ist großzügig von Ihnen!)
Wir freuen uns auf die Debatte.
Und wie Sie sehen, werden wir als AfD-Fraktion uns in Zukunft kritisch, aber auch konstruktiv mit der Idee der nationalen Tourismusstrategie auseinandersetzen. Wir hätten gerne einige realistische Lösungsvorschläge. Zum Beispiel unterstützen wir die vielen mittelständischen Betriebe, indem Fördermaßnahmen aus den verschiedensten Töpfen gebündelt und mit einem einheitlichen Ansprechpartner versehen werden, beispielsweise beim Kompetenzzentrum Tourismus.
Entlasten wir die Menschen, die ihre Zeit lieber den eigenen Gästen, anstatt der überbordenden Bürokratie widmen wollen! Führen wir den digitalen Meldeschein endlich ein!
(Beifall bei der AfD)
Und sorgen wir im Sinne der Verbraucher und Anbieter für mehr Transparenz auf Hotelbuchungsplattformen! Erleichtern wir die Nutzung von betriebsnahen Unterkunftsmöglichkeiten, und sorgen wir dafür, dass Azubis in Bezug auf den geldwerten Vorteil entlastet werden, wenn sie im Ausbildungsbetrieb essen oder übernachten dürfen!
Schreiben Sie sich diese Ideen hinter Ihre Ohren, Herr Bareiß! Verbessern Sie bitte die Rahmenbedingungen, wo Sie es können! Und geben Sie auch ehrlich zu, was auf Bundesebene nicht machbar ist; denn nur so funktioniert glaubwürdige Politik, und nur so können Sie auch die vielen Menschen mitnehmen, die mit großer Erwartung auf die nationale Tourismusstrategie schauen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin: Gabriele Hiller-Ohm für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7329130 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 84 |
Tagesordnungspunkt | Nationale Tourismusstrategie |