14.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 86 / Tagesordnungspunkt 8

Sarah RyglewskiSPD - Schutz vor unverhältnismäßigen Inkassoforderungen

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Entwurf der AfD-Fraktion ist schon mehr als nötig gesagt worden. Einen Hinweis möchte ich mir aber doch gönnen. Leider ist der Abgeordnete Pohl schon weg. Ich finde, Sie können sich wirklich einfach mal diese chauvinistischen Sprüche sparen, die kommen, wenn hier vorne eine Frau spricht, die es besser weiß als Sie.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe auch nicht alles inhaltlich geteilt, was die Kollegin Willkomm gesagt hat. Aber ich finde, es gehört zum gegenseitigen Respekt, dass man sich zuhört und dass man Kritik dezidiert äußert, anstatt hier so daherzureden: „Sie haben keine Praxiserfahrung!“ Das finde ich unverschämt.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die Debatte hier heute gezeigt hat, ist, dass wir in diesem Raum zumindest ein gemeinsames Problembewusstsein haben. Das finde ich grundsätzlich erst mal sehr gut. Es haben ja verschiedene Redner der Koalition darauf hingewiesen, dass das Thema Inkassowesen auch im Koalitionsvertrag steht, und zwar zu Recht. Wir müssen aber in der Tat sehr sorgfältig differenzieren, worum es konkret geht.

Es gibt mit Sicherheit auch beim Thema „berechtigte Inkassoforderungen“ Nachsteuerungsbedarf. Das Thema Gebühren ist schon mehrfach genannt worden. In der Tat führt die Regelung, die wir jetzt haben, oft dazu, dass die Höchstsätze ausgeschöpft werden. Das ist ein Problem.

Wir haben des Weiteren immer noch ein Problem mit der Aufsicht. Vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist schlichtweg nicht klar, an wen sie sich wenden sollen, wenn sie irgendwo Probleme sehen.

Hinzu kommt, dass es auch bei berechtigter Forderung immer mal wieder den Fall gibt, dass Inkassoschreiben so formuliert sind, dass der Schuldner eingeschüchtert wird. Dazu muss ich sagen: Es ist in unserem Rechtssystem nicht vorgesehen, dass man Leute, die einem etwas schulden, durch Einschüchterung und Bedrohung dazu bringt, schneller zu zahlen. Das ist inakzeptabel. Ich glaube, wir müssen Klarheit darüber schaffen, was erlaubt ist und was nicht. Dieser Vorschlag wird auch im Evaluierungsbericht gemacht. Ich glaube, wir sollten dieses Thema genau betrachten.

Herr Hirte und Herr Steineke haben schon darauf hingewiesen: Wir nehmen die Debatte zum Anlass, uns mit dem Thema genau zu beschäftigen. Sie ist vielleicht auch ein guter Anlass, bei dem Thema Tempo zu machen.

Karl-Heinz Brunner hat schon deutlich gesagt: Vieles von dem, was die Grünen vorgeschlagen haben, teilen wir grundsätzlich. – Was die Frage der Deckelung angeht, müssen wir genau hinschauen. Auch die Frage, wie wir die Aufsicht praxistauglich regeln können, müssen wir uns genau angucken.

Ich möchte gerne einen Aspekt aufgreifen, den der Kollege Steineke eingebracht hat: die ganze Frage des Identitätsdiebstahls. Hier haben wir in der Tat zwei Problemlagen: Zum einen kann man hier schon davon reden, dass der Sorgfaltspflicht häufig nicht nachgekommen wird. Wir haben das Problem, dass Inkassounternehmen, wenn Forderungen an sie weitergereicht wurden, einen Auszug aus dem Melderegister einholen und dann die Forderung gegenüber dem Verbraucher geltend machen. Ich habe es selbst erlebt. Wenn ich statt „Ryglewski“ „Müller“ hieße, hätte mich dieses Schicksal nie ereilt; aber so war es sehr bequem. Als ich nach langem Hin und Her nachgefragt habe, wurde relativ schnell klar, dass es sich um einen Betrugsversuch handelte.

Ich finde, Inkassounternehmen sind gefordert, bevor sie eine Forderung zustellen, genau nachzufassen: Ist derjenige, dem ich diese Forderung zustelle, auch wirklich derjenige, der etwas gekauft hat und den Betrag schuldet?

Ein weiterer Punkt, den ich wichtig finde, ist das Thema „Verschuldung und Überschuldung“. Wir müssen gucken, ob es an der Schnittstelle zwischen Inkassounternehmen und Schuldnerberatung so läuft, wie wir uns das wünschen, das heißt, ob an dieser Stelle ein vernünftiger Zugang zur Schuldnerberatung besteht. Da gibt es auch bei seriösen Inkassounternehmen noch Nachsteuerungsbedarf. Ich fände – das kann man sicherlich sagen – ein Zugehen auf den Schuldner, der möglicherweise gerne zahlen würde, aber nicht zahlen kann, gut. Auch da gibt es noch ein bisschen Luft nach oben.

Das sind Sachen, die wir uns im Laufe des Gesetzgebungsprozesses noch mal angucken. Vielen Dank für die Debatte. Ich freue mich auf die weiteren Diskussionen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7335084
Wahlperiode 19
Sitzung 86
Tagesordnungspunkt Schutz vor unverhältnismäßigen Inkassoforderungen
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