Heribert HirteCDU/CSU - Managergehälter
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben, lieber Herr Ulrich, jetzt gerade gehört, wer schuld ist. Nur eines haben Sie nicht gesagt: Die meisten Fälle, um die es hier geht, sind Fälle von Aktiengesellschaften, in denen die Mitbestimmung gilt und in denen es Aufsichtsräte gibt, die all das hätten durchsetzen können, was Sie jetzt hier fordern, aber nicht getan haben.
(Kay Gottschalk [AfD]: Sitzt bei VW nicht Herr Weil im Aufsichtsrat?)
Das muss man als Erstes ganz deutlich sagen. Das wollte ich vorwegschicken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Schauen wir uns die beiden Anträge an, die sich mit der Frage der Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit beschäftigen. Ja, wir haben es jetzt zum x-ten Mal gehört: Der Betriebsausgabenabzug für Vorstandsvergütungen soll ab einer bestimmten Höhe eingeschränkt werden. Dazu kann ich nur Ihre Kollegin Wagenknecht, die ja immer noch präsent ist, jedenfalls im Geiste, zitieren. Sie hat gesagt, die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit führe nicht zu einer Verkürzung, zu einer Verringerung der Vorstandsvergütung. – Ich kann nur sagen: Frau Wagenknecht – das hat sie vor zwei Jahren hier im Plenum gesagt – hat damit recht. Dass Sie diese Forderung gegen Ihre eigene Fraktionsvorsitzende aufstellen, ist doch sehr erstaunlich.
Der einzige Effekt steuerlicher Begrenzungen ist: Es wird mehr gezahlt, damit am Ende dasselbe Ergebnis herauskommt. Das ist der Effekt der Anträge, die Sie hier einbringen. Um es kurz zu sagen: Die Anträge führen zu einem Mehr für den Staat, aber zu einem Weniger für die Unternehmen, die Arbeitnehmer und auch die Kleinaktionäre. Das ist das, was wir ganz bestimmt nicht wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Übrigen: Wenn Sie über diese Frage weiter nachdenken – das haben Sie ja wahrscheinlich getan –, werden Sie sehen: Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit führt dazu, dass das, was als Betriebsausgabe nicht mehr angerechnet werden kann, als Gewinn, etwa an Vorstandsmitglieder, ausgeschüttet werden kann. Dazu kann ich nur sagen: Solche Überlegungen stehen im Raum.
(Zuruf der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Ja, Sie können mit Genussscheinen und anderen Optionen solche Gewinnausschüttungen machen. Diese Überlegungen stehen im Raum und führen dazu, dass all das, was Sie hier vorschlagen, unterlaufen wird. Das führt also nicht zum gewünschten Ergebnis. Deshalb müssen wir über andere Fragen nachdenken.
Vielleicht noch eine weitere Bemerkung zur Steuersystematik, da wir hier über diese steuerlichen Fragen sprechen. Die Aufsichtsratsbezüge sind jetzt schon in der Abzugsfähigkeit beschränkt. Wenn wir darüber nachdenken, hier eine andere Beschränkung vorzunehmen, dann kann es sein, dass die Aufsichtsratsvergütungen in einem höheren Umfang gewährt werden müssen. Da fragt man sich natürlich, ob das mit Artikel 3 GG in Einklang zu bringen ist. Ich glaube, die Anträge sind hinsichtlich der steuerlichen Seite nicht wirklich zu Ende gedacht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Beim Thema Steuer gibt es einen Punkt, der mich in der Tat umtreibt.
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Die Beschränkung!)
– Zur Beschränkung komme ich noch. – Wir wissen, dass es eine Reihe von Vorstandsmitgliedern gibt, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben und in Ländern ihre Steuern bezahlen – auch das Vereinigte Königreich, das leider voraussichtlich die Europäische Union verlassen wird, gehört dazu –, die mit besonders attraktiven Steuersätzen bei Vorstandsmitgliedern dafür werben, dort ihren Wohnsitz zu nehmen. Über dieses steuerliche Problem, das ich wirklich für ein Gerechtigkeitsdefizit halte, können wir gemeinsam nachdenken. Ich glaube, da gibt es auch Möglichkeiten, die Abzugsfähigkeit nur in den Fällen zu beschränken, bei denen in Deutschland keine Steuern gezahlt werden.
Damit komme ich zum entscheidenden Punkt. Sie fordern eine Beschränkung der Vorstandsvergütungen, und Ihre Überlegung ist, sich an den Tariflöhnen zu orientieren. Das 20-Fache, das 5-Fache, das 3-Fache – mein Gott noch mal! Das sind doch keine Tarifangestellten. Wir bewegen uns hier an einem freien, internationalen Markt,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: In Japan gab es das mal!)
an dem Sie mit einem solchen Schema nicht vorgehen können. Das ist doch kein Ansatz, der mit der freien Marktwirtschaft in Einklang zu bringen ist. Das ist purer Sozialismus.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Gab es in Japan schon, Herr Kollege! Da haben wir nun keinen Sozialismus! – Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE] und Alexander Ulrich [DIE LINKE] melden sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?
Die haben doch jetzt gerade schon geredet und einen Antrag gestellt.
Sie können Nein sagen. Das ist kein Problem.
Ich habe damit Nein gesagt. Das war doch deutlich.
Okay.
Wenn wir uns das genau ansehen, dann müssen wir uns die Frage stellen: Warum sind Aufsichtsräte börsennotierter Gesellschaften nicht in der Lage, die Begrenzung vorzunehmen, die sie eigentlich haben wollen? Es gibt da wirklich Exzesse – das möchte ich deutlich sagen – und Probleme bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Das liegt aber an der Eigentümerstruktur börsennotierter Unternehmen. Es liegt daran, dass in börsennotierten Unternehmen über Vertreter agiert wird, dass es Intermediäre gibt und nicht diejenigen, die wirklich die Eigentümer sind, ihre Rechte geltend machen.
Genau diesen Punkt – Herr Kollege Ulrich hört jetzt nicht zu – wollen wir angehen, wenn wir in den nächsten Wochen über das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie beraten. Da wird es um die Frage gehen: Wie redet die Hauptversammlung bei der Festlegung der Vorstandsvergütung mit? Ich meine, sie muss an diesem Punkt das letzte Wort haben. Das ist das entscheidende Instrument, um Vorstandsvergütungen auf das richtige Maß zurückzuführen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Warum haben sie das nie?)
Wenn wir überlegen, was das richtige Maß ist, dann stellt sich natürlich die Frage, woran man sich orientiert. Ich bin schon beunruhigt, wenn Vertreter von Familienunternehmen auf mich zukommen und sagen, wir müssten angesichts der Exzesse – da bin ich ja bei Ihnen – an manchen Stellen etwas tun. Das richtige Maß, die richtige Bezugsgröße wäre die Höhe der Vorstandsvergütungen, die in nicht börsennotierten Familienunternehmen gezahlt werden. Darauf sollten wir schauen, anstatt hier nach Schema F und nach Tabelle eine Beschränkung vorzunehmen.
Damit komme ich – das ist der dritte Antrag, der hier gestellt wurde – zum Antrag der AfD. Es ist, ehrlich gesagt, ein rechtshistorischer Antrag.
(Jürgen Braun [AfD]: So wichtig! Daran sieht man es! „Historisch“!)
Sie schreiben, es müsste etwas bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen passieren. Man merkt daran, dass Sie die Entwicklung der letzten Jahre im Gesellschaftsrecht nicht verfolgt haben. Denn es gibt eine erhebliche Erweiterung der Geltendmachung von Ersatzansprüchen, jedoch zu einem großen Teil außerhalb der Öffentlichkeit, nämlich durch Versicherungen. Wir haben in der vorletzten Legislaturperiode für solche Fälle den Selbstbehalt eingeführt, der entsprechend geltend gemacht wird. Ihr Antrag ist aus der Zeit gefallen. Wir haben schon solche Instrumente. Natürlich können wir über Erweiterungen nachdenken, wenn es wirklich Defizite gibt. Ein Punkt wäre, die Übernahme des Instruments der Directors Disqualification in das bundesdeutsche Recht zu erwägen. Darüber werden wir diskutieren, wenn wir den Antrag im Ausschuss beraten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hirte. – Bevor ich dem Kollegen Jacobi das Wort erteile, möchte ich feststellen, dass die Fraktion Die Linke um eine Kurzintervention gebeten hat, die ich hiermit erlaube. Der Kollege Straetmanns hat das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7335303 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Managergehälter |