Frank Müller-RosentrittFDP - Deutsche und europäische Israelpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das von Deutschland ausgegangene schlimmste Menschheitsverbrechen, die Shoah, brachte über 6 Millionen Jüdinnen und Juden den Tod. Sie machte Millionen zu Flüchtlingen ohne Heimat.
Bei der Gründung des Staates Israel 1948 entstand ein jüdischer demokratischer Staat, eine neue Heimat für Millionen Juden. Deutschlands beispiellose historische Verantwortung für Israel erklärte die Bundeskanzlerin 2008 vor der Knesset zum Teil der deutschen Staatsräson. Dafür hat sie die vollste Unterstützung der Fraktion der Freien Demokraten hier im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD])
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas wird gern mit dem Satz zitiert, er sei wegen Auschwitz in die Politik gegangen. Er bezieht regelmäßig Position gegen Antisemitismus. Auch dafür erhält er die vollste Unterstützung der Fraktion der Freien Demokraten hier in diesem Hohen Haus.
(Beifall bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie dazu ein, heute in diesem Parlament über Parteigrenzen hinweg ein klares Zeichen in die Welt zu setzen, indem wir alle zusammen die Bundesregierung zur praktischen Umsetzung unserer besonderen Verantwortung für Israel auffordern.
(Beifall bei der FDP)
Seit Jahrzehnten instrumentalisieren zahlreiche Mitgliedstaaten die UN, um Israel zu delegitimieren, und sie sind damit seit Jahrzehnten auch erfolgreich, nicht zuletzt aufgrund der deutschen und europäischen Unterstützung. Wir reden hier von der Delegitimierung des einzigen demokratischen Staates im gesamten Nahen Osten, der von zahlreichen Feinden umgeben ist, die ihm das Existenzrecht absprechen. Doch Israels Existenzrecht darf für keinen von uns in diesem Hohen Hause jemals zur Debatte stehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im vergangenen Jahr verabschiedete die UN-Generalversammlung insgesamt 26 Resolutionen, in denen sie Staaten verurteilt, weil sie vermeintlich gegen Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen. Doch nicht etwa Diktaturen oder Bürgerkriegsländer, in denen Menschenrechte Tag für Tag auf schlimmste Art und Weise verletzt werden, sind häufigster Gegenstand dieser Resolutionen. Nein, in sage und schreibe 21 von 26 Resolutionen des vergangenen Jahres wird einzig und allein Israel verurteilt. Und Deutschland? Deutschland stimmte in 16 Fällen zu. Länder wie Syrien, Nordkorea oder Iran waren der Generalversammlung lediglich je eine Verurteilung wert.
Meine Damen und Herren, jedes Jahr verabschieden die Vereinten Nationen mehr Resolutionen gegen Israel als gegen alle anderen Staaten dieser Welt zusammen. Leute, das ist absurd!
(Beifall bei der FDP)
Legte man die Beschlüsse der UNO zugrunde, wäre Israel der schlimmste Menschen- und Völkerrechtsverletzer dieser Welt, weit vor allen diktatorischen Regimen. Während die Bundesregierung derzeit regelmäßig das Regime im Iran hofiert, lässt sie bei den Vereinten Nationen jede Unterstützung für Israel vermissen. Durch die überwiegende Zustimmung der Bundesregierung zu einseitig antiisraelischen Resolutionen verkommt für mich die deutsche Staatsräson international gegenüber Israel zur Floskel. So kann es nicht weitergehen.
Lassen Sie uns also heute Abend gemeinsam ein Zeichen setzen und zeigen, wie stark dieses Parlament hier ist. Es ist Zeit, dass Deutschland bei der UNO sein Abstimmungsverhalten ändert. Geben Sie heute Abend der Bundesregierung dafür einen ganz klaren Handlungsauftrag.
(Beifall bei der FDP)
Andere Demokratien zeigen, dass es anders geht, allen voran unsere kanadischen Freunde mit dem liberalen Premierminister Trudeau. Kanada hat sich nämlich der Verurteilungswelle gegen Israel im letzten Jahr nicht mehr angeschlossen. Auch Deutschland und die EU müssen diesen Weg gehen. Geben Sie der Bundesregierung für diesen Weg heute ein klares Mandat! Israel darf bei aller berechtigten Kritik an der aktuellen Regierung in Israel nicht länger mit anderen Standards gemessen werden als alle anderen Länder.
Ich weiß, dass auch zahlreiche Kollegen anderer Fraktionen, insbesondere der CDU/CSU – lieber Roderich Kiesewetter, lieber Norbert Röttgen –, mit diesem Abstimmungsverhalten überhaupt nicht glücklich sind. Deshalb lade ich heute euch dazu ein, die Chance zu nutzen, daran etwas zu ändern.
(Beifall bei der FDP)
Lassen Sie uns heute Abend der Bundesregierung einen klaren Handlungsauftrag geben, das Abstimmungsverhalten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Israel bei der UNO zu ändern und die deutsche Staatsräson gegenüber Israel endlich mit faktischem Handeln zu unterlegen. Damit kann die Regierung gleich nächsten Montag beginnen, wenn im UN-Menschenrechtsrat acht Resolutionen abgestimmt werden, von denen sich schon wieder fünf allein gegen Israel richten.
(Dr. Andreas Nick [CDU/CSU]: Da sind wir gar nicht drin!)
Es liegt in Ihrer Hand, das heute Abend zu ändern. Geben Sie dieser Bundesregierung ein ganz klares Mandat!
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Frank Müller-Rosentritt. – Nächster Redner: Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7335365 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Deutsche und europäische Israelpolitik |