15.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 87 / Tagesordnungspunkt 23

Frank JungeSPD - Ost-Quote in Bundesbehörden

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße diesen Tagesordnungspunkt ausdrücklich, weil er wieder einmal Themen, die den Osten betreffen, aufs Tableau bringt und wir die Gelegenheit haben, über die Dinge zu reden, die den Osten wirklich voranbringen. Herr Wendt, da ist es mir völlig egal, wer den Antrag stellt; denn am Ende geht es darum, für den Osten zu streiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Dennoch halte ich eine Ostquote in den Bundesbehörden, wie sie die Linken fordert, für nicht realisierbar und auch für nicht gut. Ich finde Ihren Antrag oberflächlich und viel zu unkonkret; denn obwohl Sie, Herr Dr. Gysi, sich auf den Wissenschaftlichen Dienst bezogen haben, ist bei weitem völlig unklar, wie eine solcher Ossi definiert werden soll, der zu dieser Quote passt.

(Abg. Matthias Höhn [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Ist es ein Ossi, der im Osten geboren ist? Ist es ein Ossi, der im Osten lebt? Muss der Ossi eine bestimmte Stichtagsregelung erfüllen, wie lange er im Osten gelebt hat?

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Da sind wir ganz offen!)

Wie bewerten Sie Berlin? Ist Berlin wieder nach Ost und West eingeteilt? Ist Berlin also eine geteilte Stadt? – Vor dem Hintergrund ist es völlig unklar, wie Sie rechtlich sicher eine solche Regelung umsetzen wollen.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wie ist das denn mit der Rente?)

Das ist aber nicht mein Hauptargument. Mein Hauptargument, weswegen ich gegen diese Quote bin, ist, dass niemand, der wirklich ein Interesse daran hat, dass Ost und West weiter zusammenwachsen, will, dass sich dort Unterschiede manifestieren. Eine Quote manifestiert allerdings Unterschiede und schafft bei den Bürgern im Osten und im Westen keine Offenheit dafür, sich dieser Herausforderung, nämlich die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West voranzubringen, zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke?

Ich bringe meine Rede zu Ende. Vielen Dank.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

– Ich habe nur vier Minuten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stattdessen sollten wir uns noch einmal vor Augen führen, was die neuen Bundesländer wirklich voranbringt. Wir bringen die neuen Bundesländer voran – ich meine jetzt insbesondere die Anpassung der Lebensverhältnisse –, wenn wir mit unverminderter Kraftanstrengung dafür sorgen, dass wir die strukturschwachen Bereiche entwickeln und keine neuen Unterschiede zulassen. Wir müssen uns darauf konzentrieren, bei der wirtschaftlichen Infrastrukturförderung nicht nachzulassen. Hier sind die GRW-Mittel zu nennen. Seitdem diese im Osten wirken, investieren wir 80 Prozent der jetzt jährlich 600 Millionen Euro in die neuen Bundesländer. Außerdem muss auf das Auslaufen des Solidarpakts II ein gesamtdeutsches Fördersystem folgen. Dabei müssen die ostspezifischen Bedarfe abgebildet und auch umgesetzt werden. Des Weiteren reden wir darüber, dass wir bei der Breitbandversorgung endlich 100 Prozent Flächendeckung absichern und dafür sorgen müssen, dass wir bei der 5G-Mobilfunkabdeckung den Osten nicht vergessen. – Das sind Dinge, die am Ende dazu führen, dass sich Investoren auch im Osten ansiedeln, weil sie dort die gleichen Produktions- und Arbeitsbedingungen vorfinden wie im Westen. Diese Maßnahmen schaffen Arbeitsplätze vor Ort, die gut bezahlt werden und die kommunale Steuerkraft erhöhen. Dadurch wird wiederum die Handlungsfähigkeit der Kommunen im Osten verbessert, was letztlich die Lebensqualität vor Ort steigert.

(Beifall bei der SPD)

Vor dem Hintergrund lassen Sie mich zum Schluss nur noch wenige Worte zu Ihrem Antrag verlieren, liebe AfD. Sie unterschlagen in Ihrem Antrag etwas; einer meiner Vorredner hat das schon zur Sprache gebracht. Sie fordern, die bestehenden Bundesbehörden förmlich abzuwickeln und in den Osten zu schieben.

(Enrico Komning [AfD]: Das ist Quatsch! Das stimmt nicht!)

– Das steht wörtlich so in Ihrem Antrag. – Sie vernachlässigen dabei völlig, dass durch Bundesbehörden auch in strukturschwachen Regionen im Westen Arbeitsplätze gesichert werden, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dort für sich und ihre Familien den Lebensunterhalt verdienen. So erreichen Sie eines: Sie spielen den Ossi gegen den Wessi aus. Das zeigt, dass Sie für politische Lösungsinkompetenz stehen und erneut nur das tun, was Sie am besten können: die Spaltung in unserer Gesellschaft vorantreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Junge. – Ein Hinweis an Sie, Herr Kollege Junge, und alle anderen Kolleginnen und Kollegen: Wenn Sie eine Zwischenfrage zulassen, dann wird die Zeit für die Frage und Ihre Antwort nicht angerechnet.

(Frank Junge [SPD]: Hätte ich das gewusst!)

– Jetzt wissen Sie es. Beim nächsten Mal können Sie die Zwischenfrage zulassen. Dann haben Sie mehr Redezeit.

Als Nächster redet zu uns der Kollege Philipp Amthor, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7335516
Wahlperiode 19
Sitzung 87
Tagesordnungspunkt Ost-Quote in Bundesbehörden
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