15.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 87 / Zusatzpunkt 15

Svenja Schulze - Aktuelle Stunde zu den Klimastreiks der Fridays for Future Bewegung

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Als ich Schülerin war, habe ich gegen Atomkraft demonstriert. Ich habe damals miterlebt, wie viele, auch wie viele junge engagierte Menschen von Teilen der Politik an den Rand gedrängt wurden. Damals hat man uns vorgeworfen, wir wären Fortschrittsfeinde. Dabei ging es uns darum, eine Alternative zu finden zu diesem zerstörerischen Fortschrittsmodell.

Deshalb finde ich es gut, wenn heute wieder angeblich so unpolitische junge Leute den Mund aufmachen, wenn sie auf die Straße gehen, wenn sie demonstrieren. Das ist Demokratie.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU] – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Nein, das ist Aufhetzung durch die Lehrer! – Jürgen Braun [AfD]: Das ist Missbrauch Minderjähriger! Nichts anderes ist das!)

Wir erleben eine Jugendbewegung, die sich mit hohem Tempo dynamisiert, die sich mobilisiert, die international vernetzt ist. Das ist gut für unsere Demokratie.

(Beifall bei der SPD)

Ja, die jüngere Generation unternimmt hier einen Weckruf.

(Lachen bei der AfD)

Er richtet sich hauptsächlich an uns Ältere, an uns Entscheiderinnen und Entscheider der älteren Generation.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie läuft mit dem Zeitgeist mit! – Jürgen Braun [AfD]: Sie demonstriert gegen die Bundesregierung!)

Ich bin dankbar dafür; denn ihr Anliegen ist der Klimaschutz, und das ist ein wichtiges Anliegen. Es ist eine Generationenfrage. Es geht vor allen Dingen um die Zukunft, gerade der jüngeren Generation.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Schülerinnen und Schüler reihen sich damit genauso wie die Petition der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in eine sehr breite gesellschaftliche Bewegung ein, die von der Politik, vom Deutschen Bundestag einfordert, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen. Die Profis haben sich längst an die Seite von Fridays for Future gestellt.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Es gibt ganz andere Profis, die das anders sehen!)

Und sie haben recht: Wir können nicht auf Kosten anderer oder auf Kosten der nachkommenden Generationen leben, die dann ungleich teurere Anpassungsmaßnahmen ergreifen müssen oder womöglich gar nichts mehr retten können.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Im Gegenteil: Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag, der den Klimaschutz über die nächsten Jahrzehnte auch wirklich garantiert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Noch haben wir die Möglichkeit, den Schalter umzulegen. Mit dem Kohleausstieg und dem Klimaschutzgesetz gibt es auch schon zwei ganz wichtige Bausteine. Damit will ich darauf hinweisen: Es stimmt nicht, dass gar nichts passiert. Wir haben das Abkommen von Paris. Dieses hatte natürlich einen langen Vorlauf. Weltweit haben sich die Staaten aber auf einen Weg für eine bessere Zukunft gemacht. Und das ist gut, auch wenn vieles natürlich noch schneller gehen müsste.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Und wie ist der Stand der Umsetzung? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles!)

Hier in Deutschland haben wir gerade einen sehr erfolgreichen Prozess mit der Kohlekommission beschlossen. Wir haben beschlossen, in weniger als 20 Jahren aus der Kohleverstromung auszusteigen und das parallel zum Ausstieg aus der Atomkraft zu tun.

(Dr. Harald Weyel [AfD]: Aus der Erdumlaufbahn aussteigen müssen wir!)

Das ist für manchen vielleicht zu spät. Aber das ist genau der richtige Weg. Wenn es uns gelingt, die Nutzung der erneuerbaren Energien und die Netze schneller auszubauen, dann können wir auch früher aus der Kohle aussteigen. Deswegen müssen wir alles daransetzen, dass es uns gelingt, die Erneuerbaren schneller nach vorne zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU] – Zuruf des Abg. Fabian Jacobi [AfD])

Der Kohleausstieg ist Teil der Klimaschutzgesetzgebung, wie wir sie derzeit diskutieren. Mit meinem Entwurf für ein Klimaschutzgesetz will ich, dass es klare Verantwortlichkeiten gibt. Alle Bereiche brauchen klare Einsparziele, damit wir das gemeinsame Ziel bis 2030 auch wirklich erreichen können. Jahresemissionsmengen soll es auch deshalb geben, weil die europäische Klimaschutzverordnung jährliche Emissionsbudgets für die Mitgliedstaaten vorsieht. Deshalb macht es Sinn, das auf Deutschland herunterzubrechen.

Es dürfte doch wirklich jedem einleuchten, dass es sinnvoller ist, aktiv in die ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft zu investieren, statt abzuwarten oder anderen Ländern Emissionsrechte abkaufen zu müssen oder das Geld für die Folgen aufzuwenden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, kein Klimaschutz – das wird auf Dauer sehr, sehr teuer, und das können und sollten wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin deshalb sehr froh, dass der Koalitionsausschuss gestern beschlossen hat, ein Klimakabinett einzusetzen. Das zeigt: Die ganze Bundesregierung nimmt die Klimaschutzziele sehr ernst.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann bräuchten Sie ja kein Klimakabinett, wenn das so wäre!)

Das ist das, was ich immer wieder eingefordert habe: Für den Klimaschutz ist nicht alleine die Umweltministerin zuständig. Klimaschutz ist eine gemeinsame Aufgabe für uns alle.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Der Beschluss von gestern Abend unterstreicht doch noch einmal, dass wir in diesem Jahr die gesetzlichen Maßnahmen zur verbindlichen Erreichung unserer Klimaschutzziele beschließen werden. Andrea Nahles hat gesagt: Die Bundesregierung wird 2019 zum Klimajahr machen.

(Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon merkt man aber nichts!)

Ich finde, besser kann man es nicht ausdrücken.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns den Protest der Schülerinnen und Schüler als einen weiteren Ansporn nehmen, hier eine gute Gesetzgebung mit ambitionierten Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Dass wir diese Aufgabe erfolgreich anpacken können, hat die Kohlekommission schon gezeigt. Es ist gelungen, Klimaschutz, Arbeit und Strukturwandel zusammenzudenken. Es ist uns gelungen, zu zeigen, dass das eine nur in der Kombination mit dem anderen nach vorne gebracht werden kann. Ich finde, die Kohlekommission ist ein gutes Beispiel für einen gesellschaftlichen Kompromiss. Solch einen Kompromiss brauchen wir eben auch in den anderen Bereichen.

Meine Überzeugung ist: Wir sollten uns gemeinsam Mut machen, uns nicht auf zu vielen Nebenkriegsschauplätzen verkämpfen. Wir müssen viel stärker als bisher auch über die Chancen diskutieren, viel mehr über die Möglichkeiten sprechen, die mit dieser Transformation verbunden sind – und zwar mit den Schülerinnen und Schülern, mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und natürlich auch hier im Deutschen Bundestag.

Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht der Kollege Dr. Lukas Köhler für die Fraktion der FDP.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7335742
Wahlperiode 19
Sitzung 87
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Klimastreiks der Fridays for Future Bewegung
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