Paul ZiemiakCDU/CSU - Regierungserklärung zum Europäischen Rat
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alex Dobrindt hat gerade genau richtig gesagt: Es geht in Europa in Zukunft nicht nur um die Frage des Ob, sondern auch um die des Wie. Die übergroße Mehrheit in diesem Haus sagt Ja zu Europa. Wir sollten daher diskutieren, wie wir in Zukunft dieses Europa gestalten. Wie wir es nicht gestalten wollen, sehen wir am Beispiel Großbritanniens und am Chaos, das dort durch Menschen, die vor dem letzten Referendum falsche Versprechen machten, hinterlassen wurde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann bei allen Fraktionen die Aufregung über die Vorschläge von Annegret Kramp-Karrenbauer verstehen. Es ist für jeden Generalsekretär einer anderen Partei ärgerlich, dass die Union schon wieder die erste Partei ist, die mit inhaltlichen Vorschlägen für die Zukunft der Europäischen Union kommt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und der FDP – Christian Petry [SPD]: Das ist doch gar nicht wahr!)
– Ja, das ist doch so. Es ist doch selbstverständlich. Was haben Sie denn gemacht? Was war denn die Debatte der letzten Tage nach diesen Vorschlägen? Das geht nicht, das passt uns nicht, das könnte noch besser sein. Aber von Ihnen – von der SPD, von den Linken, von den Grünen, auch von der FDP; von der AfD brauche ich gar nicht zu sprechen – habe ich keinen einzigen Vorschlag gehört.
(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Doch!)
Meine Damen und Herren, wir erleben die ganze Zeit eine Debatte, in der gesagt wird: Frau Bundeskanzlerin, machen Sie dieses oder jenes. Ich gebe Ihnen recht, dass Europa auch nach Berlin, nach Deutschland schaut, weil wir ein Hort von Stabilität in der Europäischen Union sind. Das hat mit der Arbeit dieser und auch der letzten Bundesregierung zu tun, und vor allem ist es das Verdienst – das will ich ganz deutlich sagen – von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in manchen Stunden diese Europäische Union mit kluger, weiser und weitsichtiger Politik zusammengehalten hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage zu den Vorschlägen von Annegret Kramp-Karrenbauer: Lassen Sie uns, wenn wir über Klimaschutz sprechen, darüber nachdenken, einen europäischen Klimapakt zu machen und nicht ideologische Politik.
Ich habe übrigens einmal geguckt, was Sie von der AfD für Vorschläge haben. Im Grundsatzprogramm der AfD steht auf Seite 156:
Kohlendioxid (CO 2 ) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens …
Je mehr es davon … gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus.
So viel zu Ihrer Einstellung zum Thema Klimaschutz und CO 2 .
Ich bin kein Freund von Schulschwänzen und Demonstrationen. Trotzdem hätte es Ihnen vor dem Schreiben des Grundsatzprogramms nicht geschadet, dort mitzugehen und ein bisschen frische Luft zu schnappen. Bevor Sie so einen Quatsch in Ihr Grundsatzprogramm schreiben, müssen Sie die Dinge auch mal im größeren Zusammenhang sehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Ziemiak, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Liebich?
Herr Präsident, ich muss fortfahren, damit auch die Abgeordneten der Linken die Möglichkeit haben, das alles in einen geordneten Zusammenhang zu bringen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Damit sie das verstehen können!)
Sonst werden sie von den einzelnen Zwischenfragen abgelenkt, die uns bei der Europapolitik aus dem Konzept bringen. Es ist so!
Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt, zum Freihandel. Wir haben eine klare Position zum Thema Freihandel. Herr Hofreiter, Sie bedauern jetzt die Politik von Donald Trump. Sie sind, als wir mit Barack Obama ein Freihandelsabkommen schließen wollten, bei den Demonstrationen gegen TTIP mitgelaufen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Und jetzt bedauern Sie das, was Sie selbst mit Ihrer Politik, mit dem Schüren von Vorurteilen und der Drohung, dass Chlorhühnchen nach Deutschland einwandern und alles bevölkern, verhindert haben.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Ziemiak ist inzwischen Büttenredner geworden!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns auch über Sicherheitspolitik sprechen. Wir sagen: Ja, wir brauchen einen europäischen Sicherheitsrat, mehr gemeinsame Sicherheitspolitik,
(Zuruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Schutz der EU-Außengrenzen und natürlich auch gemeinsame Rüstungsexporte. Die SPD begeht einen schweren Fehler, indem sie das Sicherheitsbedürfnis der Menschen in Europa gegen die Frage der sozialen Sicherheit ausspielt.
(Ulli Nissen [SPD]: Das ist doch Unsinn, was Sie da reden!)
Das ist nicht redlich, das wird nicht helfen; denn die Menschen wollen beides: Sicherheit im Sozialen, aber auch Sicherheit in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden bei der Bekämpfung von Terror und organisierter Kriminalität in Europa.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
– Ja, das wissen Sie. Ich habe den wunden Punkt getroffen. Danke für die Bestätigung!
(Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Jetzt komme ich natürlich auch noch zu Christian Lindner. Christian Lindner sagt: Die Konjunktur trübt sich ein, wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken, die Wirtschaft – ich glaube, so haben Sie es gesagt – wetterfest machen. – Sie haben jetzt ganz tolle Forderungen nach – unterm Strich – mehr sozialer Marktwirtschaft aufgestellt. Das unterstütze ich. Aber Sie treten mit Ihrer Partei mit den Vorschlägen von Macron bei der Wahl zum Europäischen Parlament an, Sie machen mit ihm gemeinsame Sache.
(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht!)
Sie wollen einen einheitlichen europäischen Mindestlohn,
(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht! – Christian Dürr [FDP]: So einen Quatsch erzählt er!)
die Aufweichung des europäischen Wettbewerbsrechts,
(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht!)
eine einheitliche europäische Grundsicherung,
(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht!)
ein milliardenschweres, von einigen Ländern nicht zu finanzierendes Euro-Zonenbudget
(Christian Lindner [FDP]: Stimmt gar nicht! – Christian Dürr [FDP]: Das Euro-Zonenbudget haben Sie mit ihm vereinbart! Das ist ja lächerlich!)
und die Aufweichung der Maastricht-Kriterien, um die Gelbwesten in Schach zu halten. Lieber Christian Lindner, wenn Sie das wollen, was Sie heute hier gesagt haben – das können Sie machen –, dann müssen Sie bei der Europawahl nicht FDP wählen, sondern die Union; denn sie steht für Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Petry [SPD]: Das ist ja Kreisparteitag der CDU! – Christian Lindner [FDP]: Absurder Quatsch! – Christian Dürr [FDP], an die CDU/CSU gewandt: Ihr Generalsekretär ist wirr!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Werte sind hier angesprochen worden. Werte sind das, was uns in der Europäischen Union zusammenhält, auch mit Blick auf den Populismus und die Leute, die nicht für Europa sind. Ich hätte mir aber gewünscht, dass Katarina Barley – leider ist sie nicht mehr da – als Spitzenkandidatin der SPD bei der Europawahl die Debatte über den nächsten Europäischen Rat verfolgt.
(Katja Mast [SPD]: Unverschämtheit! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das müssen gerade Sie erwähnen! Das ist ja peinlich! Wo ist denn die Kanzlerin?)
– Sie ist ja beim Europäischen Rat, und sie ist nicht die Spitzenkandidatin.
Herr Ziemiak, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.
Ist Frau Barley wieder auf einer Demo gegen die Bundesregierung, oder was?
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Ich sage Ihnen eines: Ich hätte mir gewünscht, dass die Spitzenkandidatin der SPD etwas zu den Vorkommnissen in Rumänien sagt,
(Beifall des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])
zu der Regierung dort, zur Korruption, zur Aufweichung des Rechtsstaats.
Sie müssen jetzt Ihren Schlusssatz sagen, Herr Ziemiak. Sie haben schon eine Minute überzogen.
Ja, Herr Präsident. – Ich hätte mir gewünscht, dass sich die SPD mal von den Leuten distanziert, mit denen sie gemeinsam Europawahlkampf macht und im Europäischen Parlament zusammenarbeiten will, die korrupt sind und den Rechtsstaat aufweichen.
Vielen Dank, Herr Präsident.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Stefan Liebich hat eine Kurzintervention angemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7337021 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung zum Europäischen Rat |