Bettina WiesmannCDU/CSU - Bildung und Teilhabe für Kinder
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Lehmann, Kinder sind Gott sei Dank immer Teil von Familien.
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Hartz IV wird das zum Nachteil!)
Deshalb haben wir als Union einen Ansatz in der Familienpolitik, bei dem alles zusammen betrachtet wird. Insofern richtet sich unser Gesetz heute gezielt an eine Gruppe von Familien, die uns besonders wichtig ist, und zwar an die, die zur arbeitenden Bevölkerung gehört, aber so bescheidene Einkommen erwirtschaftet, dass es für die Versorgung von Kindern kaum reichen würde, wenn es dabei bliebe. Es ist deshalb eine wichtige Zielgruppe, weil – das ist schon angeklungen – Berufstätigkeit und eigenes Einkommen die wirtschaftliche Basis einer Familie stärken, aber eben auch das Selbstwertgefühl von Kindern und Eltern. Das zusammen ist tatsächlich die beste Grundlage für ein gutes Aufwachsen von Kindern; und darum geht es uns genauso wie Ihnen. Diese Familien zu stärken, ist nämlich der Grundgedanke des Kindeszuschlags und auch des Bildungs- und Teilhabepakets. Kinder aus diesen Familien sollen vergleichbare Bildungs- und Teilhabechancen haben wie Kinder aus bessergestellten Familien. Zugleich sollen ihre Eltern ermutigt und bestärkt werden, die Familie weiter aus eigener Kraft durchzubringen – ich formuliere es genau so.
Das Instrument ist aus unserer Sicht gut und wird durch den vorliegenden Gesetzentwurf, der zumal überarbeitet wurde, noch einmal deutlich besser. Meine Vorredner haben es bereits beschrieben. Ich will zwei Aspekte hervorheben, die noch nicht ganz so ausführlich angesprochen worden sind:
Erstens: der höhere Kinderzuschlag – nur Brosamen? Im Ausschuss wurde der Gesetzentwurf in geänderter Form gestern als lächerlich – von den Grünen –
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, nein, nein!)
und als eine Ansammlung von Brosamen – von der AfD – beschrieben.
(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So habe ich es nicht gesagt!)
– Entschuldigung, dann müssen Sie es richtigstellen. Es ist bei mir eindeutig so angekommen. – Immer wieder fällt das Wort vom kleinen Schritt, auf den die eigentlichen, umfassenden Maßnahmen folgen müssten – so auch eben bei Ihnen, Herr Lehmann.
Meine Damen und Herren, die Berechnungen des Ministeriums selbst sagen etwas anderes: Eine Familie mit zwei Kindern, die 1 200 Euro brutto verdient, hat am Ende, nach Abzügen und mit den Transferleistungen, das Doppelte im Portemonnaie: 2 400 Euro verfügbares Einkommen durch Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld sowie Bildungs- und Teilhabepaket. Bei einem Brutto von 3 000 Euro sorgen Transfers von über 500 Euro, darunter immer noch 100 Euro Kinderzuschlag, für 2 700 Euro im Portemonnaie.
Bis in den oberen Bereich der unteren Mittelschicht hinein – Definition „untere Mittelschicht“: 60 bis 80 Prozent des mittleren Familieneinkommens – werden Familien vom Kinderzuschlag künftig noch profitieren, weil wir jetzt die Abbruchkante beseitigen. Bis zu einem Einkommen von 3 400 Euro erhält unsere Beispielfamilie durch den Kinderzuschlag immer noch eine Unterstützung. Ihr bleiben dann über 2 850 Euro verfügbares Einkommen. Liebe Linke, Grüne und auch AfD, wir machen hier nicht einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Nein, hier wird ein starkes Sozialsystem im Hinblick auf den Umfang der Leistungen noch erheblich verbessert.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht für alle Kinder!)
Die an diesem Pult oft thematisierten Kinder dieser Familien wachsen nicht im materiellen Elend auf. Bei 100 Euro mehr verfügbarem Einkommen – das ist die Definition – beginnt die mittlere Mittelschicht. Ich meine, mit diesem Gesetz wird ein Punkt erreicht, an dem es gut ist. Deshalb können wir zufrieden sein und das Gesetz heute alle miteinander verabschieden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens: Bildungs- und Teilhabepaket – leichterer Zugang für Eltern, bessere Leistungen für Kinder. Eltern, die arbeiten wollen, profitieren enorm davon, dass sie nicht wegen jeder Einzelleistung des Bildungs- und Teilhabepakets zum Jobcenter, zur Schule oder zu anderen Stellen laufen und dort oft auch noch warten müssen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, im Anschluss. Ich möchte das erst zu Ende ausführen. – Deshalb ist es auch aus Sicht der Union gut, dass Leistungen künftig einfacher, pauschal und sogar digital beantragt werden können. Auch die Kinder profitieren. Vieles ist dazu gesagt worden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass mit dem erleichterten Zugang und den verbesserten Leistungen weit mehr Familien als bisher erreicht werden.
Bleiben muss es allerdings – das ist mir wichtig – bei der Antragsleistung und auch bei der Bedürftigkeitsprüfung. Denn Transferleistungen sind zweckbestimmt und müssen und sollen von anderen erwirtschaftet werden und werden auch gerne von anderen erwirtschaftet. In der sozialen Marktwirtschaft ist Solidarität selbstverständlich. Hilfe muss begründet sein, dann kann sie auch selbstbewusst angenommen werden. Sie ist weder ein Freifahrtschein noch ein Almosen. Das ist uns als Union wichtig. Deshalb lehnen wir die Anträge der Grünen, die in eine komplett andere Richtung gehen, aus Überzeugung ab.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich fasse zusammen – zwei Sätze –: Dieser optimierte Gesetzentwurf entlastet und ermutigt geringverdienende Familien, und er verbessert Teilhabe und Bildungschancen für ihre Kinder. Menschen, die sich anstrengen und Verantwortung übernehmen, die in diesem doppelten Sinne also zur breiten Mitte der Gesellschaft zählen, werden unterstützt, aber nicht blind, sondern so, dass sie besser leben können, und zugleich so, dass sich ein Mehr an Leistung für sie weiterhin lohnt.
Ein Letztes. Materielle Knappheit ist das eine, Anregungsarmut das andere. Auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes besteht die Aufgabe, Kindern und Jugendlichen jenseits der materiellen Voraussetzungen das emotionale und das geistige Umfeld zu bieten, in dem sie sich entfalten können. Das obliegt als Hauptverantwortlichen den Eltern und einer Familienpolitik, die sie dabei ernst nimmt, anerkennt und unterstützt.
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.
Das ist eine Politik, die wir als Union auf allen Ebenen vertreten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sönke Rix [SPD])
Ich erteile zu einer Kurzintervention das Wort der Kollegin Katja Dörner.
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 89 |
Agenda Item | Bildung und Teilhabe für Kinder |