Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir erhöhen den Kinderzuschlag – übrigens eine Forderung der Opposition in vergangenen Debatten.
(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] – Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Ja!)
Wir verlängern den Bezug – übrigens auch eine Forderung der Opposition in den vergangenen Debatten.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Schön, dass ihr auf die Opposition mal hört!)
Wir schaffen die Abbruchkante ab. Wir erweitern den Bewilligungszeitraum beim Kinderzuschlag auf sechs Monate. Alles Forderungen aus der Opposition. Dann wird gesagt: „Mensch, das ist zu wenig“, und sogar eine Ablehnung des Gesetzentwurfes in Aussicht gestellt.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben begründet, warum das so ist!)
Ich finde, man kann durchaus mal sagen: Fehler erkannt, Fehler bearbeitet. Heute beschließen wir, diese Fehler zurückzunehmen. Das ist eine richtig gute Maßnahme dieses Parlaments auf Grundlage der Vorlage der Regierung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])
Wir erhöhen die Leistungen im Schulstarterpaket. Wir schaffen die Bürokratie und den Eigenanteil von 1 Euro beim Mittagessen und bei der Schülerbeförderung ab. Wir erleichtern den Zugang zu Nachhilfe für Bezieher von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, damit für die Nachhilfe nicht nur bei einer Gefährdung der Versetzung gezahlt wird. Wir erhöhen die Leistungen für die soziale Teilhabe beim Bildungs- und Teilhabepaket. All das sind Forderungen der Opposition und der Sozialverbände, die wir hier aufnehmen und zu denen wir sagen: Das ist richtig. Diese Einschätzung haben auch wir. – Das sind gute Maßnahmen. Wir verbessern dieses Gesetz wirklich zum Vorteil von Familien und Kindern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])
Aber was machen wir hier in der Debatte? Wir versuchen, künstliche Differenzen aufzuzeigen, und wir reden uns ein, was wir alles noch besser machen könnten. Natürlich stimmt es: Es würde noch viel mehr gehen, hätten wir andere Mehrheiten im Parlament. Das wissen wir alle; dafür sind wir alle lange genug im Parlament.
(Zuruf des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE])
Wenn es um das Thema Kindergrundsicherung geht, gibt es eine gemeinsame Auffassung einiger Fraktionen hier im Haus. Das könnten wir mit eigenen Mehrheiten auch umsetzen. Das hätten aber auch die Grünen in einem Jamaika-Bündnis nicht durchsetzen können.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)
Das nur mal so als Hinweis. Ich glaube, die meinen eine andere Kindergrundsicherung.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Eine automatische Auszahlung wäre noch keine Kindergrundsicherung. Wenn das bei den Grünen tatsächlich als Kindergrundsicherung zählen würde, dann wäre das viel zu wenig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Apropos „zu wenig“: Es wird immer die Summe genannt, die wir im Koalitionsvertrag für dieses eine Gesetz festgeschrieben haben.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Von wem?
Vom Kollegen Müller von den Linken.
Ja, gestatte ich.
Sehr gut. – Herr Müller.
Ich wollte nur sichergehen, dass es auch zur Debatte beiträgt.
Das nehme ich als Kompliment. Herzlichen Dank.
Das weiß man erst hinterher.
Ich hatte ja in meiner Rede durchaus darauf hingewiesen, was wir an der Reform des Kinderzuschlages gut finden. Aber ich habe auch in der Regierungsbefragung letzten Mittwoch die Ministerin sowohl zum Kinderzuschlag als auch zum BuT gefragt: Was sind eigentlich die Maßnahmen der Bundesregierung, um die Inanspruchnahme auszuweiten? Die Antwort war: Wir werden vielfältige Maßnahmen ergreifen. – Da habe ich mich ein bisschen veräppelt gefühlt.
Jetzt hat die Kollegin Mast in ihrer Rede gesagt, die Abgeordneten des Bundestages sollen sozusagen als Boten der Bundesregierung durch die Republik reisen und sagen, was für schöne Gesetze beschlossen worden sind und dass die Menschen jetzt die entsprechenden Anträge stellen sollen. Das ist eigentlich nicht unser Job, sondern Aufgabe der Bundesregierung.
(Katja Mast [SPD]: Macht sie doch!)
Jetzt würde ich gerne von Ihnen, Kollege Rix, wissen: Welche Maßnahmen würden Sie als sozialdemokratische Bundestagsfraktion vorschlagen, um die teilweise katastrophale Quote der Inanspruchnahme, die beim BuT zur Unterdeckung des garantierten Existenzminimums – Herr Lehmann hat darauf hingewiesen – führt, zu erhöhen, damit Kinder nicht mehr unter dem Existenzminimum leben, weil die Eltern möglicherweise überfordert sind mit der Antragsflut?
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es entsteht zum Beispiel weniger Aufwand dadurch, dass wir einen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten einführen; das ist ein Beitrag zum Bürokratieabbau. Es entsteht zum Beispiel weniger Aufwand dadurch, dass wir die Abbruchkanten abschaffen. Auch das bedeutet weniger Bürokratie. Ein längerer Bezug bedeutet auch weniger Bürokratie. Die ganz konkreten gesetzlichen Maßnahmen bedeuten weniger Bürokratie. Die Leistungen werden leichter zugänglich, es gibt mehr Leute, die sie in Anspruch nehmen, und sie werden höher; das ist auch ein Beitrag zum Abbau von Bürokratie.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Andreas Rimkus [SPD]: Genauso ist das!)
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Abschaffung des Eigenanteils beim Mittagessen und bei der Schülerbeförderung. Das ist auch ein Abbau von Bürokratie; das bedeutet auch weniger Antragsaufwand. Also: So zu tun, als ob hier gar kein Abbau stattfindet, ist nicht fair.
Ich war dabei stehen geblieben, darüber zu sprechen, was stattdessen für Debatten aufgemacht werden. Einmal wird gesagt, dass die Maßnahmen nicht ausreichend seien. Gut, darüber kann man streiten; mehr geht immer. Aber ich stelle mindestens an die Adresse der FDP die Frage: Wo kommt das BuT eigentlich her? Es ist ja nicht irgendwie unter einer bösen Großen Koalition entstanden, sondern es ist entstanden unter Schwarz-Gelb.
(Pascal Kober [FDP]: Ja, Sie haben es im Vermittlungsausschuss zerschossen!)
– Ja, im Vermittlungsausschuss; aber es ist ja nicht so, dass die FDP daran nicht beteiligt war. Das sollte man zumindest auch erwähnen.
(Pascal Kober [FDP]: Aber Sie haben es kaputtgemacht!)
Man sollte in Bezug auf dieses Gesetz nicht so tun, als ob das Ganze kompletter Blödsinn wäre, sondern auch Verantwortung tragen und sagen: Ja, das ist auch unsere Maßnahme gewesen. – Auch das wäre fair, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Maik Beermann [CDU/CSU] – Pascal Kober [FDP]: Sie haben es kaputtgemacht!)
Stattdessen wird gesagt: Na ja, es gibt hier Milliarden an Geldern, die für Rente ausgegeben werden; aber viel zu wenig Geld wird gegen Kinderarmut ausgegeben. – Ich will mal darauf hinweisen, wie viele Milliarden durch den Verlust entstehen würden, wenn Sie alle Ihre Steuersenkungsprogramme durchsetzen würden. Das Geld wäre sinnvoller angebracht als Investition für Familien anstatt als Steuersenkung für Besserverdienende, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Pascal Kober [FDP]: Nachhaltiger!)
Eine letzte Bemerkung will ich noch machen. Wenn ich in Kiel zum Tanken gefahren bin,
(Grigorios Aggelidis [FDP]: Fahren Sie etwa Auto? Geht ja gar nicht, Autofahren!)
habe ich immer den Aufruf bekommen, ich solle bitte bei der Aktion „Mach MITTAG“ mitmachen, einer wohltätigen Aktion von einem Verband unter der Schirmherrschaft des derzeitigen Bürgermeisters und der ehemaligen Bürgermeisterin von Kiel, die gesagt haben: Wir sammeln den 1 Euro, damit die 1-Euro-Zuzahlung fürs Mittagessen für denjenigen, die im Bezug von Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sind, nicht mehr notwendig ist. – Heute wurde verkündet, dass sich der Verein auflöst, weil diese Maßnahme jetzt Gesetz ist. Das ist mal eine gute Auflösung eines wohltätigen Vereins, auch wenn es noch viel zu tun gibt. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Aktiven in diesem Verein und herzlichen Dank an alle Aktiven, die sich gegen Kinderarmut engagieren.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Kollege Stephan Stracke ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7337076 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Teilhabe für Kinder |