Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Altersarmut
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Bürger! Heute besprechen wir den Grund, warum Die Linke im Ausschuss für Arbeit und Soziales eine zügige Bearbeitung unseres sinnvollen Antrages zur Armutsbekämpfung bei Rentnern behindert hat. Wir haben uns neulich schon gewundert, warum der Anhörungstermin so stark nach hinten verschoben wurde. Nun wissen wir, warum: Der Linksfraktion ist eingefallen, dass sie gar keinen eignen Antrag zu diesem Thema hat, und es kommt für die Linksfraktion natürlich nicht infrage, sich mit einem sinnvollen Antrag der AfD auseinanderzusetzen. Dann also lieber unseren Antrag auf die lange Bank schieben und in der Zwischenzeit schnell einen eigenen Antrag zusammenschreiben, damit man auch mitspielen darf.
(Beifall bei der AfD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir haben überhaupt nichts auf die lange Bank geschoben!)
– Nun ja.
Kollege Birkwald hat in seinem Antrag die Istsituation in der Rentenversicherung richtig beschrieben: Die Altersarmut weitet sich immer mehr aus. Spätestens seit der Schröder-Riester-Reform 2001 hat sich die Lage der Rentner in Deutschland dramatisch verschlechtert. Wurde bis dahin auf das Leistungsniveau der Rente geachtet, musste sich nun die Rentenhöhe an die gewollt niedrigen Beiträge anpassen. Die Versicherten sollten die zwei anderen Säulen der Altersvorsorge nutzen, die Riester-Rente und die betriebliche Altersvorsorge, um überhaupt auf eine angemessene Rente zu kommen. Von dieser Reform profitierten vor allem die Arbeitgeber, weil die Lohnnebenkosten gesenkt wurden, und die Versicherungswirtschaft. Die Lebensversicherer nahmen übrigens 2016 18,3 Milliarden Euro mit Betriebsrenten ein. Schon über 20 Prozent ihrer Einnahmen kommen aus diesem Bereich.
Es sind schon verheerende Auswirkungen dieser Reform zu spüren: Das Rentenniveau ist dramatisch abgesackt. Immer weniger gesellschaftlicher Reichtum landet bei den Rentnern. Obwohl die Zahl der Rentner Jahr für Jahr steigt, bekommen sie prozentual immer weniger vom Sozialprodukt ab. Von 2003 bis 2015 sank der Anteil der Rentenzahlungen am Bruttoinlandsprodukt um über 10 Prozent. Bereits heute sind laut Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes die Rentner stärker von Armut betroffen als der Durchschnitt der Bevölkerung.
Man muss es immer wieder betonen: Das waren Reformen der ehemaligen Volkspartei SPD, die sich auf die Fahne geschrieben hatte, sich um die einfachen, fleißigen Menschen zu kümmern.
(Beifall bei der AfD)
Die SPD hat inzwischen erkannt, welch verheerende Auswirkungen ihr damaliges Regierungshandeln auf die Bevölkerung hat, und versucht nun, im Wahljahr 2019 dagegenzusteuern – leider sehr unkoordiniert und ungerecht und auf Kosten der Versichertengemeinschaft. Die neuen Maßnahmen des Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungs- und ‑Stabilisierungsgesetzes kosten jährlich über 4 Milliarden Euro, die nicht vom Ministerium ausgeglichen werden, sondern als versicherungsfremde Leistungen innerhalb der Versichertengemeinschaft finanziert werden müssen.
Mit der neuen Idee der Einführung einer Respektrente will man Geld über einen Teil der Rentner ausschütten – ohne Bedarfsprüfung, ohne Prüfung, ob in Vollzeit oder Teilzeit gearbeitet wurde. Es wäre dem Arbeitsminister wirklich zu raten, erst einmal die Ergebnisse der Rentenkommission abzuwarten und diese dann umzusetzen, statt vorher das gesamte System der Rentenversicherung heillos durcheinanderzubringen. Lassen Sie hier lieber Experten ihre Arbeit machen und nicht das Wahlkampfbüro der SPD.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Die Linken versuchen mit ihrem Antrag, an einigen kleinen und einigen größeren Schrauben zu drehen, sind sich aber selbst nicht so richtig sicher, ob diese Maßnahmen dann wirklich nutzen werden. Am Ende soll es dann die solidarische Mindestrente richten, um dann doch alle Rentner gleichzumachen. Egal ob gearbeitet oder nicht, egal wie viel verdient, egal wie viel in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wurde: eine Mindestrente für alle.
(Zuruf von der LINKEN: Ja! Mindestens!)
Unser Ziel muss doch aber sein, Menschen einen Anreiz zu geben, zu arbeiten, statt die hart arbeitenden Menschen mit denjenigen gleichzusetzen, die im Leben weniger oder im schlimmsten Fall nie gearbeitet haben.
(Beifall bei der AfD)
Damit schaffen Sie, ähnlich wie Ihre Schwesterpartei SPD, weitere Ungerechtigkeiten.
Es geht aber auch anders. Unser Antrag zur Armutsbekämpfung bei Rentnern, der kürzlich hier in erster Lesung behandelt wurde, richtet sich gezielt an die Rentner mit geringem Einkommen, die eine Grundsicherung beantragen müssen, um ihren Bedarf zum Leben überhaupt decken zu können. Genau diesen über 600 000 Alters- und Erwerbsminderungsrentnern möchten wir mit einer Anrechnungsfreistellung ihrer Rente bei der Grundsicherung helfen, sodass sie mindestens 15 Prozent ihrer anrechenbaren Rente behalten können.
Anrechnungsfreistellungen gibt es bereits für die Riester-Rente. Auch Hartz‑IV-Bezieher dürfen in bestimmten engen Grenzen dazuverdienen. Einen Teil der Rente anrechnungsfrei zu stellen, wäre bedeutend gerechter, als alle Rentner mit verschiedenen Erwerbsbiografien auf eine Stufe zu hieven.
(Beifall bei der AfD)
Spätestens mit der Einführung eines Freibetrages für Betriebsrenten im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes hätte es eine modifizierte Regelung auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung geben müssen.
Ferner betrachtet unser Ansatz den Rentenzahlbetrag der Menschen, die die Grundsicherung beantragen müssen. Von diesem Rentenzahlbetrag sind die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bereits abgezogen. Die Miete wird ebenfalls von der Grundsicherung abgedeckt. Dann kommen unsere 15 Prozent der individuellen gesetzlichen Rente obendrauf, die jeder Rentner zur Verfügung hat und die nicht, wie im Heil’schen Modell, in Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verpuffen.
In einer Diskussionsrunde bei „Maybrit lllner“ im Februar zum Thema „Die fetten Jahre sind vorbei – wofür ist noch Geld da?“ bestätigte der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, unseren Ansatz der Anrechnungsfreistellung. Das Werkzeug der Anrechnungsfreistellung bekämpft die Altersarmut zielgenau und kommt den wirklich Bedürftigen zugute.
(Pascal Kober [FDP]: Das haben Sie von uns abgeschrieben!)
Mit dem von uns eingebrachten Antrag verletzen wir auch nicht das Leistungsprinzip. Rentner mit einer höheren gesetzlichen Rente profitieren auch in höherem Ausmaß von der Anrechnungsfreistellung bei der Grundsicherung.
Wir hätten das Problem der Altersarmut bereits angehen können, würde Die Linke nicht mit ihrer Blockadehaltung unseren Antrag im Ausschuss behindern. Den Rentnern von heute können wir mit unserem Vorschlag sofort helfen und dann eine umfassende Reform unseres Rentensystems in Angriff nehmen.
Wir benötigen ein zukunftsfestes Rentensystem, in dem jegliche Privilegien von Politikern und Beamten aufgehoben werden. Es müssen endlich alle in das Rentensystem einzahlen. Denn erst dann hätten wir die Möglichkeit, zum Beispiel das Rentenniveau zu erhöhen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Kerstin Tack das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7337264 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Altersarmut |