21.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 89 / Tagesordnungspunkt 10

Roland HartwigAfD - Digitalisierung in der Diplomatie

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das Ganze wieder etwas zu erden: Ja, es ist richtig, dass Deutschland in vielen Bereichen dabei ist, den Anschluss an die Weltspitze zu verlieren, und zwar ganz besonders auf dem Gebiet der Digitalisierung.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Quatsch!)

Die Arbeitsplätze der Zukunft entstehen in den USA und in China und kaum noch in Deutschland. Aber daran wird die von der FDP geforderte Entsendung von Innovationsbotschaftern nun wirklich gar nichts ändern. Wir brauchen vielmehr einen grundsätzlichen Kurswechsel.

(Beifall bei der AfD)

Gerade bei der aktuellen Diskussion um 5G wird es wieder besonders deutlich: Die deutsche Industrie, noch vor wenigen Jahren führend im Bereich der Netzwerkinfrastruktur, hat diese Kapazität heute verloren. Falsche politische Rahmenbedingungen hatten hieran einen ganz entscheidenden Anteil. Günstige Preise waren die vorrangige Zielsetzung. In der Folge haben wir technologische Komponenten zunehmend aus Asien bezogen und eigene Kapazitäten und Fertigkeiten abgebaut.

Dies ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Seit Ende des Kalten Krieges geht die deutsche Politik ganz offensichtlich davon aus, dass der Liberalismus den Wettbewerb um das beste Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell dauerhaft und endgültig für sich entschieden hat. Das ist schlichtweg naiv. Eine kluge Wirtschaftspolitik sieht anders aus.

(Beifall bei der AfD)

Wir haben unsere soziale Marktwirtschaft entkernt und zunehmend angelsächsischen Finanzkapitalismus bei uns eingeführt. Die Finanzkrise 2008 war hierfür ein Zeugnis. Landesbanken, die Ersparnisse in die regionale Wirtschaft hätten leiten sollen, haben diese an den Finanzmärkten verzockt. Banken aber sollen die Realwirtschaft finanzieren und nicht umgekehrt.

Wir haben politisch, gesellschaftlich und auch privatwirtschaftlich vieles kurzfristigem Denken untergeordnet. Langfristig wichtige Technologien wurden geopfert, um kurzfristig Erfolge zu erzielen. Technologische Abhängigkeiten von anderen Ländern wie den USA und jetzt auch China sind der Preis dafür.

Wir haben ganz offensichtlich den Blick dafür verloren, dass es auch nach Ende des Kalten Krieges Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle gibt, die in Konkurrenz zu unserem stehen und die sich in einigen Bereichen als deutlich erfolgreicher darstellen. China ist dafür ein klares Beispiel.

(Beifall bei der AfD)

China ist auch eines der Länder, in das die FDP Innovationsbotschafter entsenden möchte. Die anderen Länder sind die USA, Israel, Singapur und Südkorea. Ja, sie sind alle technologisch führend. Aber was fällt noch auf? Sie sind alle starke Nationalstaaten.

(Beifall des Abg. Frank Magnitz [AfD])

Sie haben im Gegensatz zu uns noch Regierungen, die sich in erster Linie ihrem eigenen Volk verpflichtet fühlen.

(Beifall bei der AfD)

Denjenigen, die hier voreilig das Ende der Nationalstaaten bejubeln, rate ich dringend zu einem Blick auf die sozialen und wirtschaftlichen Realitäten. Wer sorgt denn dafür, dass die berechnende Kälte internationaler Geldströme abgemildert wird, die seit den 90er-Jahren zunehmend zu spüren ist? Wer zahlt denn die Steuern, aus denen Deutschland seine gigantischen Sozialausgaben finanziert? Die internationalen Technologieunternehmen? Nein! Das ist in erster Linie der deutsche Mittelstand.

(Beifall bei der AfD)

Was sind die Kennzeichen des deutschen Wirtschaftssystems, die unsere Wirtschaft zur leistungsfähigsten der Welt gemacht haben, die uns nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs das Wirtschaftswunder ermöglicht haben? Ein starkes Handwerk, eine dezentrale Wirtschaft, ein industrieller Mittelstand, wettbewerbsfähige Großunternehmen, Banken, die Ersparnisse in die regionale Wirtschaft leiten, sowie ein vorbildliches Bildungs- und Wissenschaftssystem. Wir brauchen daher nicht Botschafter, sondern eine Renaissance unserer Wirtschaftskultur, um im internationalen Wettbewerb des 21. Jahrhunderts bestehen zu können.

(Beifall bei der AfD)

Bei einem sich intensivierenden Wettstreit, gerade zwischen den USA und China, und geringem Vertrauen in die Sicherheit technologischer Lösungen aus diesen beiden Ländern könnten vertrauenswürdige Innovationen „made in Germany“ ein Exportschlager werden. Wenn wir diese Herausforderungen bewältigt haben, meine Damen und Herren von der FDP, dann können wir auch über Ihre Innovationsbotschafter nachdenken, quasi als Tüpfelchen auf dem i. Aber erst einmal brauchen wir eine mit klarer Schrift geschriebene andere Wirtschaftspolitik in Deutschland. Dann kann die FDP gerne noch ihr kleines Pünktchen dazugeben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Dr. Hartwig. – Nächster Redner für die Bundesregierung: Staatsminister Niels Annen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7337529
Wahlperiode 19
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Digitalisierung in der Diplomatie
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