22.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 90 / Zusatzpunkt 8

Uwe WittAfD - Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste des Hohen Hauses! In Deutschland leben 7,8 Millionen Schwerbehinderte; das sind 9,4 Prozent der Gesamtbevölkerung. Mehr als 40 Prozent der schwerbehinderten Menschen in Deutschland sind im erwerbsfähigen Alter.

Um schwerbehinderten Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, wurde den Arbeitgebern mit den Regelungen des zweiten Kapitels des SGB IX die Pflicht zur Schaffung von Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Arbeitnehmer auferlegt. Dennoch haben schwerbehinderte Erwerbsfähige nach wie vor eine deutlich niedrigere Erwerbsbeteiligung als nicht schwerbehinderte Erwerbsfähige. Die Arbeitslosenquote Schwerbehinderter liegt bei 11,7 Prozent; sie liegt damit deutlich über der Arbeitslosenquote Nichtschwerbehinderter. Daher ist klar erkennbar, dass die Maßnahmen zur Beschäftigungsförderung bei schwerbehinderten Arbeitslosen nicht ausreichend greifen.

Damit kann man nicht zufrieden sein, und es ist auch nicht zu verstehen, warum die Hemmschwelle, schwerbehinderte Arbeitnehmer einzustellen, bei manchen Arbeitgebern offenbar immer noch so hoch liegt. Schwerbehinderte arbeitslose Menschen sind häufig besonders gut qualifiziert. Anteilig finden sich unter den schwerbehinderten Arbeitslosen sogar mehr Fachkräfte als unter den nicht schwerbehinderten Arbeitslosen. Trotzdem gelingt es ihnen seltener als nicht schwerbehinderten, eine Beschäftigung aufzunehmen, und sie müssen auch deutlich mehr Wartezeit in Kauf nehmen, damit es überhaupt gelingt. Im Durchschnitt sucht ein schwerbehinderter Arbeitsloser 366 Tage nach einem Job; das sind 104 Tage mehr als bei Menschen ohne Handicap. Auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist mit 44,4 Prozent bei Schwerbehinderten deutlich höher als bei Menschen ohne Behinderung; dort liegt er bei 35,6 Prozent.

Deutschland hat sich bereits 2009 verpflichtet, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, die Behinderten das Recht auf eine frei gewählte Arbeit garantiert. Doch obwohl die Ziele der Konvention nicht annähernd erreicht wurden, fehlt es bisher an funktionierenden Maßnahmen, um die Quote arbeitsloser Schwerbehinderter endlich signifikant und nachhaltig zu senken. Die AfD hat sich dazu Gedanken gemacht; denn die derzeitigen Regelungen im zweiten Kapitel SGB IX sind offenbar nicht ausreichend.

Die Einstellungspflicht für schwerbehinderte Arbeitnehmer entsteht bereits ab einer Zahl von 20 Beschäftigten. Dennoch wählen viele Firmen statt der Einstellung eines neuen Mitarbeiters mit Behinderung häufig die Möglichkeit, eine jährliche Ausgleichsabgabe an das Integrationsamt zu zahlen. Darunter sind insbesondere Firmen, die in der Vergangenheit gar keine Erfahrungen mit der Beschäftigung Schwerbehinderter hatten. Hier ist natürlich Aufklärungsarbeit notwendig. Viele Arbeitgeber wissen vielleicht auch nicht, welche zahlreichen Förderungen bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten möglich sind.

Wir meinen, dass die durch die Regelungen des SGB IX geschaffene Einstellungsverpflichtung mit Sanktionsdrohung, also einer Bestrafung, unzureichend ist, um Arbeitgeber von den Vorteilen der Einstellung behinderter Menschen zu überzeugen. Wir glauben auch, dass die derzeitigen Regelungen die Schaffung behindertengerechter Arbeitsplätze einseitig fördern, nämlich vornehmlich in Unternehmen einer bestimmten Größe und in bestimmten Regionen, in denen diese Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber besonders häufig zu finden sind.

Wir wollen die freiwillige Schaffung zusätzlicher Arbeits- und Ausbildungsplätze für Schwerbehinderte fördern, auch in kleineren Betrieben, indem wir auf ein zusätzliches Bonussystem setzen. Darum fordern wir die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Änderung des zweiten Kapitels SGB IX vorzulegen, der die Unternehmen für die Schaffung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte dann belohnt, wenn sie mehr Schwerbehinderte einstellen, als sie per Gesetz verpflichtet sind. Das Gleiche gilt natürlich auch für Ausbildungsplätze. Das soll ausdrücklich – ausdrücklich – auch für privatrechtliche Betriebe und für Arbeitgeber gelten, die gar nicht zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Behinderte verpflichtet werden. Wir schlagen hier einen steuerfreien Bonus für jede Vollzeitstelle und jeden Ausbildungsplatz in Höhe von monatlich 250 Euro vor. Das kann zunächst aus einem Topf finanziert werden, in den die Ausgleichs­abgaben derjenigen Arbeitgeber fließen, die trotz Verpflichtung keine Arbeitsplätze für Schwerbehinderte schaffen. Bei Mehrbedarf muss der Topf natürlich aus Steuermitteln aufgestockt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, helfen Sie uns dabei, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen! Springen Sie über Ihren Schatten, und unterstützen im Sinne der schwerbehinderten Erwerbsfähigen in Deutschland diesen Antrag, auch wenn er bei Ihnen auf der schwarzen Liste steht, weil er von der AfD kommt!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Leni Breymaier [SPD]: Jammer, Jammer, Jammer!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster Redner hat das Wort der Kollege Wilfried Oellers für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7337894
Wahlperiode 19
Sitzung 90
Tagesordnungspunkt Arbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen
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