22.03.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 90 / Tagesordnungspunkt 26

Leni BreymaierSPD - Lohndiskriminierung von Frauen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt hoffe ich, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht denken: Das mit den Frauen machen sie wieder am Schluss der Woche! – Wir haben in der vorletzten Sitzungswoche zur Primetime über Entgeltdiskriminierung von Frauen und Männern gesprochen; insofern passt das jetzt schon. Worüber hatten wir anlässlich des Frauentags und des Equal-Pay-Day gesprochen? Darüber, dass wir eine Entgeltdifferenz zwischen Männern und Frauen von 21 Prozent mittelbar und unmittelbar von 6 Prozent haben. Es gibt natürlich auch Leute – das haben die Diskussionen in den letzten Wochen gezeigt –, die das Problem bestreiten; es existiert für sie gar nicht. Die andere Variante ist: Man stellt sich diesem Problem.

Ich habe mir gedacht, dass ich mich heute nicht wissenschaftlich oder ideologisch nähere, sondern einmal ganz praktisch anfange. Ich habe mir den Tarifvertrag des Einzelhandels in Baden-Württemberg – da komme ich her; den kenne ich am besten – zur Hand genommen. Danach bekommst du als Einzelhandelskauffrau mit Hauptschulabschluss, Realschulabschluss oder vielleicht auch mit Abitur sowie nach einer dreijährigen Ausbildung und sechs Jahren Tätigkeit in etwa 2 600 Euro brutto. Nach dem gleichen Tarifvertrag – ich brauche Hauptschulabschluss, Realschulabschluss oder Abitur – habe ich nach sechs Jahren in einem handwerklichen Beruf schlappe 300 Euro mehr. Das ist die mittelbare Diskriminierung.

(Beifall bei der SPD)

Dann geht es weiter. Als Buchhalterin oder Lohnbuchhalterin bekomme ich nach diesem Tarifvertrag ebenfalls in etwa 2 900 Euro. Arbeite ich aber nicht im Einzelhandel, sondern in der Metallindustrie in Baden-Württemberg, dann bekomme ich als Buchhalterin oder Lohnbuchhalterin zwischen 3 100 und 5 000 Euro. Da haben wir es wieder: Die gleiche Tätigkeit wird in typischen Frauenbranchen schlechter bezahlt als in typischen Männerbranchen. Darum geht es, darüber reden wir.

(Beifall bei der SPD)

Dazu hatten wir am vergangenen Montag eine Anhörung im Ausschuss. Die Anhörung ist natürlich keine Evaluation des Entgeltgleichheitsgesetzes. Es gab auch Fraktionen, die dazu keine Sachverständigen geladen hatten, da sie das Problem ja komplett bestreiten. Ich aber fand die Anhörung insofern interessant, als dass uns von den Sachverständigen viel mit auf den Weg gegeben wurde. Das eine war, dass die Arbeitgeber eine gute Kinderbetreuung eingefordert haben, damit man auch verlässlich erwerbstätig sein kann. Da, glaube ich, sind wir mit dem Gute-Kita-Gesetz schon einen Schritt weiter als noch vor einem halben Jahr.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auch über das Verbandsklagerecht gesprochen. Und natürlich ist es ein Elend! Solange ich das Gefühl habe, dass ich jede Frau, die in Deutschland individuell klagt, persönlich kenne, haben wir einfach ein Problem; denn die meisten Frauen klagen einfach nicht. Viele Frauen denken: Ich bin bei einem Arbeitgeber beschäftigt; da geht es mir gut; da werde ich die Welt nicht „schalu“ machen, indem ich eine Klage einreiche. – Ja, das Verbandsklagerecht brauchen wir!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich erinnere mich an eine Schreinermeisterin, die bei der Uni Stuttgart beschäftigt ist. Sie kriegt 1 200 Euro weniger als ihr Kollege, der exakt das Gleiche arbeitet. Sie hat Klage eingereicht, ist aber durchgereicht worden, weil die Richter beschlossen haben, dass das eine Eingruppierungsklage ist, und diesen Diskriminierungstatbestand überhaupt nicht erkannt haben. Darum braucht man für solche Sachen ein Verbandsklagerecht.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt haben wir einen Koalitionsvertrag, der besagt: Die erste Überprüfung des Entgelttransparenzgesetzes wird die Grundlage der Entscheidungen über weitere Schritte sein. – Die Evaluation läuft; im Sommer 2019 sind wir damit fertig. Dann haben wir eine Grundlage dafür, und deshalb werden wir die Anträge heute ablehnen. Aber wir können uns nach dem Sommer gern unterhalten. Die SPD ist jedenfalls bei Verbandsklagerecht, Betriebsgröße, Ehegattensplitting und allem, worüber am letzten Montag diskutiert wurde, ziemlich klar in ihrer Haltung. Ich hoffe, dass wir den Koalitionspartner dann auch noch überzeugen können.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner hat der Kollege Thomas Ehrhorn, AfD-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7337910
Wahlperiode 19
Sitzung 90
Tagesordnungspunkt Lohndiskriminierung von Frauen
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