Thomas de MaizièreCDU/CSU - Illegale Beschäftigung u. Sozialleistungsmissbrauch
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist Opposition wirklich schwer.
(Kay Gottschalk [AfD]: Bei Ihnen ist sie aber leicht, Herr de Maizière!)
Die Regierung legt einen guten Gesetzentwurf vor, alle sind irgendwie dafür. Die einen finden ein Haar in der Suppe, wie die FDP und die Grünen; darüber kann man reden. AfD und Linke reden über etwas ganz anderes und sagen: Das steht aber gar nicht im Gesetzentwurf.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da geht es um Rechtsstaatlichkeit!)
Es ist keine Schande, dass auch die Opposition mal einem guten Gesetzentwurf zustimmt. Das ist ganz einfach.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Dürr [FDP]: Das ist genau umgekehrt! Das dürft ihr auch bei uns machen!)
Trotzdem beginne ich mit einer Kritik. Manche Arbeitgeber kritisieren den Zoll und sagen, dass es zu viele verdachtsunabhängige Stichproben gibt und man die Großen laufen lässt. Der Zoll wiederum kritisiert die Bundesagentur für Arbeit und sagt, dass er nicht weiß, welche Erkenntnisse dort über Fälle von Schwarzarbeit und Leistungsmissbrauch vorliegen. Die kommunalen Jobcenter kritisieren die Agentur für Arbeit und sagen, dass deren Datenbestand für sie zu sehr abgeschottet ist. Der Zoll weiß zu wenig über Verdachtsfälle bei der Familienkasse und umgekehrt. Der Zoll und die Deutsche Rentenversicherung wissen zu wenig voneinander im Hinblick auf das Problem der Scheinselbstständigkeit. Natürlich bedeutet das nicht, dass nicht oder nicht gut zusammengearbeitet wird – wir haben das gehört in Gesprächen mit Kommunen –; aber das läuft über Papier oder Telefon und ohne Vernetzung der Datenbanken. All das wird mit diesem Gesetzentwurf geändert. Jetzt ist ein Datenaustausch vorgesehen, der eine effektive Zusammenarbeit aller ermöglichen soll. Das ist gut.
Zur FDP will ich sagen: Sie sagen, der Finanzminister solle die Chancen der Digitalisierung stärker nutzen. Einverstanden. Das geht aber nur durch Datenaustausch von Behörden, und da sind Sie meistens dagegen.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)
Ich bin gespannt, wie Sie dann damit umgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Kay Gottschalk [AfD]: Das habe ich doch gesagt! – Zurufe von der FDP)
Wozu brauchen wir diesen Datenaustausch? Jetzt sind wir beim Kern der Sache; darüber ist schon geredet worden. Wir wollen nicht, dass Menschen, insbesondere auch EU-Bürger, in Deutschland ausgebeutet werden.
(Andrea Nahles [SPD]: Richtig!)
Wir wollen nicht, dass sie auf einen Arbeiterstrich geschickt werden. Wir wollen nicht, dass sie nach Deutschland gelockt werden, um hier Sozialleistungen zu bekommen, von denen sie das Meiste wieder abgeben müssen. Wir wollen nicht, dass sie in Wohnungen zusammengepfercht werden und Wuchermieten zahlen. All das ist kriminell, schädigt die Finanzkassen und ist unseres Landes nicht würdig.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ihr regiert doch!)
Es ist schon davon geredet worden, dass wir die Eingriffsschwelle – so nennen wir das – auf die Verdachtsfälle vorverlegen wollen. Das ist gut und richtig. Ich bin gespannt, wie sich alle dazu verhalten. Eine kleine Nebenbemerkung: In anderen Fällen der inneren Sicherheit werden hinsichtlich der Vorverlegung auf Verdachtsfälle viele Bedenken geäußert. Hier wird es zustimmend zur Kenntnis genommen. Das ist gut so, das sollte man sich bei anderen Fällen vielleicht auch einmal überlegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, für uns ist wichtig, dass wir festhalten, dass der Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der EU, auch aus Bulgarien und Rumänien, hier korrekt lebt und arbeitet und Steuern zahlt, und wenn sie Sozialleistungen bekommen, dann auch Gründe dafür bestehen. Bei einer Minderheit ist das aber anders. Und diese Minderheit diskreditiert die Akzeptanz gerade der Bulgaren und Rumänen in unserem Land. Mit diesem Gesetz wollen wir das beenden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nun will ich auch noch ein Wort zur AfD sagen. Sie haben gesagt: Vor Ort sieht das alles anders aus. – Wir haben mit den Kommunen gesprochen. Sie haben alle gesagt: Wir warten auf dieses Gesetz.
(Andrea Nahles [SPD]: Ja!)
Das kommt eher zu spät, aber es ist auf jeden Fall richtig. – Und sie sagen übrigens auch: Wir brauchen noch ein paar Änderungen. – Herr Scholz, darüber wird auch noch einmal zu reden sein. Herr Kollege Steiniger wird gleich noch über das Kindergeld reden. Wir wollen auch noch einmal darüber reden, ob die Definition des Beschäftigungsbegriffes präzise genug ist oder ob nicht auch mit diesem Gesetz immer noch der Begriff der Beschäftigung so missbraucht werden kann, dass es in Wahrheit eine Scheinbeschäftigung ist, die dann wiederum zum Bezug von Sozialleistungen berechtigt. Das ist ein EU-Problem – ich weiß das wohl –; aber wir wollen sehen, ob wir da noch etwas schärfer rangehen können. Wir wollen das, was das EU-Recht uns ermöglicht, soweit es irgend geht, ausschöpfen. Ich hoffe, dass wir dazu noch gute Beratungen führen werden.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wie lange brauchen Sie denn noch?)
Wir stehen an der Seite der Kommunen, die diesen Kampf führen. Wir stehen an der Seite derer, die ehrlich Steuern zahlen. Und wir sagen den Chefs und Organisatoren derjenigen den Kampf an, die ausgebeutet werden und dafür nichts können.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und deshalb auch nicht bestraft werden dürfen! Das muss unbedingt geändert werden!)
Dieses Gesetz leistet dazu einen guten und wichtigen Beitrag.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Pascal Kober, FDP, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7341538 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 92 |
Tagesordnungspunkt | Illegale Beschäftigung u. Sozialleistungsmissbrauch |