04.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 92 / Zusatzpunkt 5

Mark HelfrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu steigenden Strompreisen

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 war der gesellschaftliche Konsens in Deutschland für die Energiewende groß.

(Karsten Hilse [AfD]: Wie viele Strahlentote? Kein einziger!)

Es gab dafür eine breite Mehrheit in Politik und Gesellschaft. Deshalb haben wir dann auch den Atomausstieg bis Ende 2022 beschlossen und die Energiewende noch intensiver vorangetrieben.

Seitdem sind acht Jahre vergangen. Aktuelle Umfragen zeigen uns zweierlei: Erstens. Eine große Mehrheit der Bevölkerung, nämlich 90 Prozent, steht weiterhin hinter der Energiewende, und zwar quer durch alle Bildungs-, Alters- und Einkommensgruppen. Zweitens. Eine große Mehrheit der Verbraucher, nämlich 73 Prozent, ist sogar bereit, höhere Strompreise zu zahlen, wenn der Strom aus erneuerbarer Energie stammt.

(Karsten Hilse [AfD]: Ja super, klasse!)

Damit sind wir beim Thema dieser Aktuellen Stunde, nämlich dem Anstieg der Strompreise. Zunächst einmal muss gesagt werden, dass der Strompreis in den vergangenen Jahren vergleichsweise stabil geblieben ist.

(Lachen des Abg. Karsten Hilse [AfD])

2013 betrug der amtlich ermittelte durchschnittliche Strompreis für private Haushalte 29,24 Cent je Kilowattstunde. Fünf Jahre später, also 2018, lag er dann bei 29,88 Cent. Das ist ein Anstieg von durchschnittlich 0,43 Prozent pro Jahr; er liegt damit deutlich unter der Inflationsrate.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Das ist die Ausgangslage der Diskussion, die wir gerade führen.

Nichtsdestotrotz sind die Schlagzeilen der letzten Tage nicht gänzlich falsch. Wenn wir uns anschauen, wo wir herkommen, dann sehen wir, dass sich die Stromkosten privater Haushalte im Vergleich zum Jahr 2000 mehr als verdoppelt haben. Aber – und das ist ein sehr großes Aber – Deutschland hat es in dieser Zeit geschafft, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf über 38 Prozent zu erhöhen und damit zu versechsfachen. Allerdings liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns, um das Ziel eines Anteils von 65 Prozent bis 2030 zu erreichen.

Wo liegen nun aber die Gründe für diese Preissteigerung? Ein Grund sind die gestiegenen Einkaufspreise der Energieversorger. Man könnte auch sagen, liebe Freunde von der FDP, der Markt war’s.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, Kohle und Gas sind teurer geworden! Das war’s!)

Die Beschaffungskosten befinden sich nicht nur auf einem Rekordniveau, sondern haben nach Angaben der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr um knapp ein Drittel zugelegt. Das hat vor allem zwei Ursachen: Zum einen ist der Marktpreis für den Rohstoff Kohle gestiegen, zum anderen hat sich der Preis für CO 2 -Zertifikate im Jahr 2018 verdreifacht;

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Das hat keine Auswirkungen!)

denn die EU-Kommission hatte beschlossen, die Zahl der Zertifikate zu verknappen. Damit stieg dann auch deren Preis.

Wenn ich mich richtig entsinne, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, dann steht in Ihrem Wahlprogramm, dass Sie den Emissionshandel stärken wollen.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Sie haben ja auch, Kollege Dürr, diese Forderung hier heute als einen von zwei legendären Vorschlägen, die Sie uns präsentiert haben, wiederholt.

Natürlich sorgt nicht nur der Einkaufspreis für den aktuell hohen Strompreis; ein großer Brocken sind in der Tat auch Abgaben und Umlagen, die rund 30 Prozent des Strompreises ausmachen.

(Dr. Martin Neumann [FDP]: In Summe 70 Prozent!)

Die EEG-Umlage, über die der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird, ist dabei der größte Posten. Zu den harten Fakten der Energiewende gehört, dass die EEG-Umlage über viele Jahre stark gestiegen ist.

(Christian Dürr [FDP]: Ja, während Ihrer Regierungszeit!)

Beginnend mit dem Jahr 2014 bzw. dem EEG 2014 haben wir dem entgegengewirkt und von der Festvergütung für erneuerbaren Strom auf ein marktorientiertes Ausschreibungsmodell umgestellt. Die Wirkung dieser Umstellung lässt sich direkt beobachten: Die Vergütungssätze sinken, und auch die EEG-Umlage ist mittlerweile rückläufig. Diesen Erfolg wollen wir mit einer stärkeren Marktorientierung der erneuerbaren Energien fortsetzen, um die System- und EEG-Kosten so gering wie möglich zu halten.

Meine Damen und Herren, die Investitionen in die Energiewende, die von Bürgern und Betrieben über die EEG-Umlage getragen werden, sind sehr hoch. Wir sind uns dessen und unserer Verantwortung für bezahlbare Energiepreise sehr bewusst. Deshalb werden Sie auch von der Union keine so dümmlichen Eiskugelpreisvergleiche hören, die man von einigen in der Vergangenheit gehört hat.

(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber die Frage ist doch ehrlicherweise: Gibt es denn günstigere Alternativen? Dass von Ihnen von der FDP in dieser Debatte die Forderung nach Steuersenkungen kommt, war jetzt nicht ganz überraschend.

(Christian Dürr [FDP]: Dass Sie keine Steuersenkungen wollen, wissen wir!)

Die Kosten, die auf uns zukämen, wenn wir nicht in Maßnahmen gegen den Klimawandel investieren würden, wären mit Sicherheit höher. Damit meine ich nicht nur Klimafolgekosten, sondern vor allem auch drohende milliardenschwere Strafen, wenn wir unsere Klimaziele verfehlen.

(Karsten Hilse [AfD]: Wer soll denn die einfordern?)

Sehr verehrte Damen und Herren, die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wir müssen sie so effizient und marktwirtschaftlich wie möglich umsetzen. Es ist allemal besser, jetzt in Klimaschutz zu investieren, als später zu reparieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort der Kollege Dr. Bruno Hollnagel.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7341654
Wahlperiode 19
Sitzung 92
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu steigenden Strompreisen
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